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Eine ehrbare Familie

Titel: Eine ehrbare Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gardener
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lieber Freund, Sie wollen doch keinen Prozeß am Hals haben.»
    «Dann werden Sie mich also erschießen?»
    «Wie kommen Sie auf die Idee? Kein Mensch will Sie erschießen. Man hat viel interessantere Dinge mit Ihnen vor. Also, James Railton, was ist mit Ihrem Onkel Charles?»
    Wieder ein Achselzucken. Sie versuchten es mit einer neuen Methode. Der «Professor» kam jeden Tag und stellte ihm endlose Fragen. Nachts ließen sie ihn nicht schlafen. Der bullige Unteroffizier trampelte jede halbe Stunde mit zwei Soldaten in die Zelle, fluchte, polterte und ging wieder. Niemand machte das Licht aus.
    James zitierte laut Shakespeare, wenn der Unteroffizier hereinkam. Manchmal flog er in Gedanken die Farman. Nach einer Woche gelang es ihm, zwischen den Störungen kurz zu schlafen.
    Zuweilen versuchte er, der Sache logisch beizukommen: Sie hatten ihn erwischt. Nun, sein Pech. Sie konnten nicht daran zweifeln, daß er zu Kriegszeiten Spionage betrieben hatte. Dafür gab es nur eine Strafe - den Tod. Aber sie schienen es mit seiner Hinrichtung nicht eilig zu haben, was hieß: sie brauchten ihn.
    Er dachte lange Zeit darüber nach, was sie wohl von ihm wollten.
    Charles benutzte einen der sichersten internen Briefkästen der Abteilung, um Kell eine Nachricht zukommen zu lassen. Ob sie am Sonntag zusammen zu Abend essen könnten? Kell sagte zu. Am nächsten Tag jedoch nahm man ihm den Fall Casement wieder aus der Hand.
    «Ab heute kümmern Sie sich wieder um den »Fischer», zusammen mit Chefinspektor Wood», sagte Thomson ihm. «Finden Sie mir mehr über den heraus, besonders im Zusammenhang mit dem Mord an Hanna Haas.»
    Am Morgen las er die amtlichen Befunde, die ihm alle bekannt waren, außer den letzten Zeugenaussagen im Mordfall Mrs. Gregor. Die Beschreibung des möglichen Täters stimmte mit der von Douthwaites Assistentin überein: ein großer, schwerer Seemann, der hinkte.
    «Klingt, als hätte er ein Holzbein», sagte Wood.
    «Ich bin überzeugt davon.» Charles war jetzt ganz sicher, daß es sich um denselben Mann handelte, dem er Vorjahren begegnet war.
    Aber das waren auch alle Informationen, die sie hatten. Dann, kurz vorm Mittagessen, rief Thomson sie zu sich. «Hall hat mir etwas geschickt, was Sie interessieren könnte. Es lag unter «Verschiedenes» ein paar Tage in seinem Büro herum. Ein drahtloses Signal, jede Stunde einen ganzen Tag lang wiederholt, am vergangenen Mittwoch. Ein Code, den die Deutschen schon öfters benutzt haben.» Er reichte ihnen den Klartext über den Tisch.
    «Achtung Angler, Achtung Angler, fahren Sie sofort nach Dublin. Nehmen Sie Verbindung auf mit D2, der Arbeit für Sie hat. St.»
    «St.?» Charles zog die Augenbrauen hoch. «Kennen wir den nicht?»
    «Freund Steinhauer», half Wood seinem Gedächtnis nach.
    «Und wer ist D2?»
    «Codename für einen der irischen Rebellen. Ein Allzweck-Verbindungsmann. Hall sagt, die Krauts stünden laufend in Verbindung mit ihm.»
    «Unser Mann ist also in Irland?»
    «Gut möglich. Warten wir’s ab, wir haben schon eine Menge Beobachter dort. In der Zwischenzeit werden wir die Hafenbehörden alarmieren. Sie sollen nach einem hinkenden blonden Riesen Ausschau halten.»
    Beim Mittagessen sagte Charles zu Wood: «Können Sie mir herausfinden, ob irgend etwas gegen einen Mann namens Fisher, Arzt mit Praxis und Privatklinik, vorliegt?»
    Die Antwort kam am Spätnachmittag. Henry Fisher, dreiundvierzig Jahre alt. «Ein ehrenwerter Mann. Sehr beliebt, besonders bei eleganten Damen, die an Nervosität leiden und beruhigt werden müssen. Verschreibt Laudanum, Morphium, Kokain, diese Art Mittel, wohlhabend, untadeliger Ruf. Sollten wir mehr über ihn in Erfahrung bringen, Sir?»
    «Nicht nötig.» Wood mißfiel die Schärfe in Charles’ Stimme. Später sagte er zu Basil Thomson, daß Mr. Railton «außerordentlich beunruhigt» geklungen hätte.
    Sie hatten Padraig O’Connell gesagt, er soll pünktlich um halb neun in der Bar in Kingstown in der Nähe des Piers sein. Er kam um acht Uhr achtundzwanzig Minuten. Der riesige Mann saß in einer Ecke, das eine Bein von sich gestreckt, als gehöre es nicht zu ihm.
    Padraig holte sich einen Whisky an der Bar, blickte um sich, um zu sehen, ob niemand ihm verdächtig vorkam. Dann ging er auf den Riesen zu, der Stiefel, dunkle Hosen, eine kurze Jacke und einen schwarzen Rollkragenpullover trug.
    «Landurlaub?»
    «Kommt drauf an.»
    «Suchen Sie Arbeit?»
    «Hängt von der Bezahlung ab.»
    Beide Männer

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