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Eine ehrbare Familie

Titel: Eine ehrbare Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gardener
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Das Prunkstück der Ankläger war eine ausgesandte Botschaft, die den Tod eines anderen Agenten, M6, ankündigte. Der Spezialist sagte, M6 sei zweifellos Hanna Haas.
    Dann gab es mehrere hereinkommende Nachrichten, anscheinend Listen mit Fragen. Eine dieser Nachrichten enthielt den Codenamen Brenner.
    «Wir vermuten, daß Sie, Charles Railton, Brenner sind.» Charles lächelte nicht einmal.
    Die Nachrichten waren bruchstückhaft und fragwürdig, aber sie ließen darauf schließen, daß der «Angler» gewisse Befehle erhalten hatte, einschließlich einer Liste von Fragen, die sein Vertrauensmann Brenner zu beantworten hatte. Aufgrund des bruchstückhaften Charakters lag es nahe, anzunehmen, daß der «Angler» - nach einiger Zeit gingen sie dazu über, ihn den «Fischer» zu nennen -Instruktionen durch Boten erhalten hatte und seine Antworten durch einen befreundeten, neutralen Postdienst hinausgeschickt hatte.
    Als nächstes kamen sie auf Hans-Helmut Ulhurt zu sprechen, dessen Leiche in den frühen Morgenstunden jenes Tages im Juli in der Nähe von Manchester auf der Strecke Glasgow-London gefunden worden war, an dem Charles aus Schottland zurückgekehrt war.
    Sie hatten eine genaue Beschreibung des Mannes und eine beglaubigte Aussage, daß er den Nachmittagszug bestiegen hatte, und eine weitere Aussage, daß ein Mann mit Schnauzbart und Brille, der einen Anzug mit Fischgrätenmuster trug - derselbe, in dem Wood und Partridge Charles gesehen hatten -, ebenfalls den Nachmittagszug genommen hatte. Der Mann war so groß und schlank wie Charles.
    Die Beweiskette wurde fortgesetzt, sie war schier endlos. Hans-Helmut Ulhurt war zweifellos der «Fischer», und er war erschossen worden. Vermutlich von Charles Railton, der jedoch alles dazu getan hatte, diese Tatsache zu verheimlichen. Es sei seltsam für einen Jäger, sagten sie, einen Meisterschuß zu verleugnen.
    Dann übergaben sie Wood das Wort. Er berichtete, daß er die Leiche untersucht und im Jackenfutter ein wasserdicht verpacktes Päckchen gefunden habe.
    Das Päckchen und die Papiere, die es enthielt, wurden auf dem Tisch ausgebreitet: Landkarten mit Kreuzchen versehen, vermutlich Treffpunkte mit U-Booten, Codes und ein kleines, dünnes Notizbuch mit verschiedenen hingekritzelten Bemerkungen in deutscher Sprache. Eine davon war besonders aufschlußreich: Brenner - M6 Liebhaber. Sie sagten, was sie beträfe, sei der Fall sonnenklar. M6 sei offensichtlich Hanna Haas, und Charles hätte schon einmal wegen seiner Beziehung zu Fräulein Haas unter Anklage gestanden.
    Aber sie waren gewissenhaft. Eines Abends waren Beamte der Geheimpolizei in Redhill erschienen. Unter den Gartenabfällen hatten sie einen halbverbrannten Anzug mit einem Fischgrätenmuster gefunden. Sie sagten Charles, dies allein genüge, um ihn zu verurteilen. Doch überdies wären mehrere Beamte bereit, auszusagen, daß Charles mehrfach versucht hätte, sie auszuhorchen.
    Zum Schluß - und das mußte Charles einen Schock versetzt haben - legten sie ihm finanziell belastendes Material vor: Auf der Royal Bank of Scotland in Glasgow existierte ein Konto auf den Namen Georg Brenner. Vier Summen von je tausend Pfund waren ausgezahlt worden. Sie alle waren mit der Post direkt auf Charles’ Konto auf der Coutts Bank überwiesen worden.
    Charles sagte nichts. Er schien wenig beeindruckt von der dicken Akte, die zu seiner Erschießung führen konnte.
    «Laßt ihn eine Woche in Warminster schmoren», schlugen sie vor. «Kells und C’s Untersuchungsspezialisten werden ihn wie eine Zitrone auspressen.»
    Das weiträumige Haus, das zu jener Zeit von MI5 und dem Geheimdienst benutzt wurde : war eine Neuerwerbung. Es lag auch nicht in Warminster, sondern sieben Meilen entfernt in der Nähe eines Dorfs.
    Sie überführten Charles in das alte Gebäude und begannen ihn zu bearbeiten.
    Er schwieg weiterhin, war ruhig, aß normal, tat, was man ihm befahl, aber sagte kein Wort. Es schien so, als hätte er, nachdem er seinen stummen, sterbenden Onkel gesehen hatte, das Trappistengelübde abgelegt. Sie versuchten alles, außer Gewalttätigkeit, aber ohne jeglichen Erfolg. Dann griff das Schicksal ein.
    Im Frühling des letzten Kriegsjahrs wurde aus dem Nahen Osten die «Spanische Grippe» eingeschleppt. Die Krankheit verbreitete sich rapide; zwischen Mitte Juli und Ende November starben über hundertfünfzigtausend Menschen daran, zumeist Zivilisten.
    Jedes einzelne Mitglied der Railton-Familie, außer Giles, steckte sich

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