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Eine ehrbare Familie

Titel: Eine ehrbare Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gardener
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auf seinen Arm. «Ich weiß, James. Ich habe mir schon längst so etwas gedacht. Ihr Railtons seid alle solche Geheimniskrämer.» Sie schwieg einen Augenblick lang. «Danke, daß du aufrichtig zu mir warst. Ich mache mir natürlich Sorgen. Ich liebe dich so sehr. Und wenn es zum Krieg kommt, werde ich mir noch mehr Sorgen machen. Aber ich verspreche dir, ich werde dir nie wieder Fragen stellen.»
    Und nun, als sie mit Sara über die Felder ging, holte sie sich das Gespräch noch mal ins Gedächtnis zurück. Aber ein Ausruf Saras riß sie aus ihren Gedanken. «Oh, Gott, was will er?» Billy Crook kam auf einem Grauschimmel auf sie zugesprengt und hielt das Pferd vor den zwei Frauen an. Billy war jetzt fast siebzehn, ein großer, gutaussehender Bursche. Er hob die Hand zum Gruß und wandte sich direkt an Sara: «Mr. James hat mich geschickt. Er bittet Sie, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen.»
    Sara dankte ihm und bemerkte zum ersten Mal, daß er unverwechselbar die Nase und die Augen der Railtons geerbt hatte. Sie nahm sich vor, etwas für ihn zu tun.
    «Was kann James bloß wollen...» fing Sara an, dann sah sie Margarets Gesichtsausdruck. «O nein! Meinst du wirklich Krieg? Das kann doch nicht sein!»
    «Ich muß sofort nach London zurück», sagte James ruhig, als sie ins Haus kamen. Margaret fragte, ob das Schlimmste zu befürchten sei.
    «Ich fürchte ja. Die Österreicher haben Belgrad beschossen. Halb Europa scheint zu mobilisieren, und die deutsche Armee bereitet sich offensichtlich darauf vor, durch Belgien zu marschieren. Ultimaten und Depeschen fliegen wie Konfetti herum.»
    Eine Stunde später gingen sie zum Auto.
    Sara beobachtete sie. James war in letzter Zeit sehr viel reifer geworden. Sie vermutete, daß seine Ehe ihm dabei geholfen hatte. Aber es gab noch etwas anderes an ihm - eine innere Reserve, die fast mönchisch wirkte. Es gab einen Bereich in ihm, den Sara nicht erreichen konnte, und sie fragte sich, ob Margaret dorthin Vordringen konnte.
    In Berlin arbeitete Steinhauer Tag und Nacht. Eine der wichtigsten Aufgaben war, eine Reihe von Nachrichten an sechs Spione in England zu schicken.
    Bevor der «Fischer» Deutschland verließ, hatte Steinhauer in weiser Voraussicht hinter dem Rücken des offiziellen Geheimdienstes drei neue «Postämter» eingerichtet. Eins in Schottland, eins in den Midlands und ein drittes an der Südküste Englands. Der «Fischer» hatte den Auftrag, alle drei einmal im Monat aufzusuchen.
    Steinhauer schickte sechs Briefe an sechs verschiedene Namen ab. Verborgen in alltäglicher Korrespondenz befanden sich darin ein Befehlswort und spezielle Codes für jeden der sechs Agenten. Er nannte sie Angler, Staub, D12, D14, Brauer und Sankt. Aber nur Angler und Sankt waren echt, das heißt, die gleiche Person, nämlich Ulhurt. Die anderen waren erfunden, um Steinhauers Vorgesetzte zu verwirren. Das Befehlswort für Angler und Sankt lautete «Haken». Dieses einzige Wort bedeutete, daß der «Fischer» mit seinen Sabotageakten beginnen sollte.
    In London wußten alle Railtons, daß der Kriegsausbruch nur noch eine Frage von Stunden war. Caspar rief seine Mutter Charlotte an, um zu sagen, daß er seinen Marschbefehl jede Minute erwarte und sie sich nicht aufregen möge, wenn er eine Zeitlang nichts von sich hören ließe.
    Mary Anne, die ihren Willen durchgesetzt hatte und im St.-Thomas-Krankenhaus eine Krankenpflegeausbildung begonnen hatte, kam mit dem Gerücht nach Hause, daß die Lernschwestern sofort nach der Abschlußprüfung an der Front eingesetzt werden sollten.
    Andrew schlief in der Admiralität, und auch Charles verbrachte den größten Teil seiner Zeit in den nunmehr beträchtlich vergrößerten Büros von MO5.
    Giles, der seinen Enkel Roy fast ständig bei sich hatte, verließ nur » selten seine Räume im Foreign Office. Und es war dort, kurz nachdem James aus Redhill eintraf, wo die erste Railton-Familientragödie passierte.
    Das Telegramm kam auf normalem Weg. Roy erkannte sogar den Codenamen, nur der Inhalt war ihm unverständlich. Es kam von einer der vielen Deckadressen, die Roy alle kannte. Er legte es sofort seinem Großvater vor.
    Als Giles das Telegramm las, bemerkte Roy, wie sich Giles’ Gesicht veränderte. Er sah plötzlich alt aus. In seinen Augen spiegelte sich Schrecken und Unverständnis, und seine Hände fingen an zu zittern.
    «Ist Ihnen nicht wohl, Sir...?»
    «Laß mich allein, Roy», sagte Giles mit der müden Stimme eines alten

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