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Eine ehrbare Familie

Titel: Eine ehrbare Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gardener
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auf den Kern der Sache zu sprechen. «Es handelt sich um Marie», begann er, und Giles blickte ihn ausdruckslos mit kalten Augen an.
    Als Charles, nachdem er seine Informationen weitergegeben hatte, die mit einem kurzen «Danke sehr» zur Kenntnis genommen worden waren, das Ministerium verließ, starrte Giles eine lange Zeit die Wände seines Büros an. Er wußte, er mußte eine Entscheidung treffen - und zwar schnell. Der alte Fuchs vermutete, daß sein Neffe in ein gefährliches und verschlagenes Spiel verwickelt war. Denn warum sonst hatte er sich nicht direkt an Vernon Kell gewandt, der die Information an Smith-Cumming weiterleitet hätte? Charles’ Ausrede, es sei schließlich in erster Linie eine Familienangelegenheit, war zu durchsichtig. Sein Neffe verbarg etwas. Seine Informationsquelle vielleicht? Charles hatte sich strikt geweigert, seine Informationsquelle anzugeben, er hatte nur versichert, daß sie sehr zuverlässig sei. Giles hatte nicht nachgebohrt. Vielleicht war es eine Frau. Giles kannte viele Fälle, wo Geheimdienstler in eine von Frauen gelegte Falle gestolpert waren.
    Nach einer Stunde des Nachdenkens schrieb Giles Railton einen einzigen Namen auf seinen Notizblock, starrte eine Weile darauf, dann riß er den Zettel ab, nahm ihn und warf ihn ins flackernde Kaminfeuer. Er beobachtete, wie der Name James Railton schnell vom Feuer zerstört wurde. Giles beschloß, mit Smith-Cumming zu sprechen.
    Giles’ Geist war daher voll in Anspruch genommen, als er das kleine Privatzimmer betrat, in dem Caspar lag.
    Sein Enkel sah erschreckend jung und blaß aus, unter seinen Augen waren tiefe Schatten von den vielen Medikamenten, Schmerzen hatten sein Gesicht gezeichnet.
    «Hallo, Großvater, ich hab verdammtes Pech gehabt, was?» Aber sein Lächeln war so ungezwungen, daß dem skrupellosen alten Mann fast die Tränen kamen.
    «Ja, Caspar, du hast, weiß Gott, Pech gehabt.» Er holte tief Luft. «Und was hast du nun vor, Junge?»
    «Mir ein Holzbein zu beschaffen. Mit dem Arm können sie nichts machen. Kricket werd ich wohl nicht mehr spielen können.»
    «Warum nicht?»
    «Nun... mit einem Holzbein und einem Arm...»
    «Nur weil niemand mit einem Arm und einem Bein Kricket gespielt hat, bedeutet das noch lange nicht, daß es unmöglich ist. Du wirst eben der erste sein.»
    Caspar blinzelte. Sein Großvater war ein barscher alter Pirat, aber er hatte nicht ganz unrecht.
    «Ich spreche ganz im Ernst. Also, was sind deine Pläne?»
    «Ich habe nicht den geringsten Schimmer.» Caspar schüttelte den Kopf und bat um eine Zigarette, die sein Großvater für ihn anzündete. «Was immer du sagst, sehr aktiv wird mein Leben von nun an nicht mehr sein.»
    «Da stimme ich dir nicht zu. Du weißt, womit ich mein Geld verdiene, nicht wahr?»
    Caspar hatte eine sehr bestimmte Vorstellung, aber in der Familie bestand eine unausgesprochene Vereinbarung, nie darüber zu sprechen. Er schüttelte daher den Kopf. «Irgendwas Wichtiges im Foreign Office.»
    Giles lachte stillvergnügt, was bei ihm selten war. «Nichts besonders Wichtiges. Ich bringe gewisse Dinge in Einklang, bin so eine Art Wachhund für alle jene, die mit Spionage zu tun haben.»
    «Der Geheimdienst?» Caspar senkte seine bereits müde Stimme.
    «So ist es. Und dort kann man dich gut gebrauchen. Der Geheimdienst hat schon viele seltsame Vögel beschäftigt. Sobald du dich erholt hast, komm und besuche mich. Ich bin sicher, wir finden etwas für dich, das dich auf Trab hält. Ein einarmiger und einbeiniger Mann kann immer noch von großem Nutzen sein. Halte dich bitte nicht für einen Krüppel. Wirst du mich aufsuchen, wenn sie dich aus dem Krankenhaus entlassen?»
    «Natürlich, Großvater.» Caspars Augen bekamen einen neuen Glanz.
    Als Giles ging, stieß er zufällig mit Andrew auf dem Korridor zusammen. «Charlotte trifft mich hier. Es ist ungefähr die einzige Zeit, wo wir uns sehen.»
    «Hält sich tapfer, der Caspar», sagte Giles. «Aus dem wird noch mal was.»
    «Ja, läßt sich nicht unterkriegen, der Junge.»
    «Und wie sieht’s sonst aus in der Admiralität? Hält dich Zimmer 40 auf Trab?«
    «Du hörst nicht auf, mich zu erstaunen, Vater.» Andrew zwang sich ein Lächeln ab. «Woher weißt du von der Existenz von Zimmer 40?»
    Giles Railton legte den Finger an die Nase. «Sie sind ein wenig eifersüchtig im Kriegsministerium.» Er verzog spöttisch den Mund. «Sie bilden sich ein, alles über Codes und Chiffren zu wissen.»
    Andrew Railton, der

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