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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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sie mich vor ihren eigenen Geistern schützen wollte.
    Nachdem ich von Turku weggezogen war, beschränkte sich der Kontakt zu Mamu hauptsächlich auf Telefongespräche. Ich war 22 und Vater eines kleinen Mädchens. Da ich die Verantwortung für ein Kind trug, gab ich mein Geschichtsstudium an der Universität Turku auf und wurde Maurer. Ich zog dahin, wo es Arbeit gab.
    Hätte meine Frau nicht verlangt, dass wir den Kontakt zu Mamu abbrechen, hätte ich als Erwachsener sicherlich die Antworten erhalten, vor denen man mich als Kind beschützen wollte. Der Konflikt zwischen Aila und Mamu entzündete sich nach der Geburt unserer Tochter, als Mamu die Art, wie Aila mit dem Kind umging, kritisierte. Aila war in ihrer Wut unversöhnlich. Ihrer Meinung nach durften wir nichts mehr mit Mamu zu tun haben. Ich beugte mich weitgehend ihrem Willen. Einige Male besuchte ich Mamu aber doch, hinter dem Rücken meiner Frau.
    Ich wollte den vorletzten Halt meiner Fahrradtour verewigen und holte die Kamera hervor. Ich machte mehrere Aufnahmen von dem Mahnmal zum Gedenken an jene, die für ihre Überzeugung gestorben waren und von seiner Inschrift:
    Denkmal. Das teuerste Opfer dem Ideal.
    Seinerzeit hatte die Krankenhausleitung die Erlaubnis erteilt, das Areal, auf dem die Hinrichtungen und das Massenbegräbnis stattgefunden hatten, einzuzäunen und an der Stelle einen Gedenkstein zu errichten. Die Bedingung lautete, dass »nichts Fanatisches« in den Stein gehauen würde. Auf der anderen Seite des Steins befand sich denn auch eine äußerst knappe und irgendwie rührende Inschrift, die mitteilte, auf welche Initiative das Mahnmal an dieser Stelle zurückging:
    Arbeiterverein v. Salo u. Umg.
    Auf zwei weiteren Seiten stand lediglich die Jahreszahl 1918 .
    Meine Fotos wollte ich den anderen Dokumenten, die ich über den Bürgerkrieg gesammelt hatte, hinzufügen. Die Abenddämmerung hatte bereits eingesetzt, und ich fror. Also schwang ich mich wieder in den Sattel und fuhr schnell zum nahegelegenen Dorfladen. Dort kaufte ich Toilettenpapier, Shampoo und so viel Lebensmittel und Getränke, wie in die Satteltaschen passten. Anschließend warf ich einen Blick aufs Handy. Es waren drei neue Anrufe und sieben SMS von Aila eingegangen. Dem Laden war ein Lokal angeschlossen, in dem ich zwei Bier trank und Aila mit einer kurzen Nachricht antwortete. Dann machte ich mich auf die letzte, knapp zehn Kilometer lange Etappe zu meinem neuen Zuhause.
    Arvis Häuschen befindet sich für meine Begriffe so ziemlich in dem Zustand, in dem es bei seinem Tod war.
    Nichts deutet auf den ersten Blick darauf hin, dass der langjährige Bewohner nicht mehr ganz richtig im Kopf gewesen ist. Aus den Ecken quillt kein überflüssiges Gerümpel, die schlichten Möbel sind so gut in Schuss, wie es in einem Haus, das 20 Jahre lang kalt dagestanden hat, möglich ist. Schränke und Küchenschubladen sind sauber mit Papier ausgekleidet.
    Nicht einmal in den Schuppen liegen Bretter oder rostige Schaufeln kreuz und quer durcheinander, sondern Holz und Werkzeug sind zweckmäßig verstaut.
    Auf Baustellen legte auch ich stets Wert auf Ordnung. Von meinem Gehilfen verlangte ich, dass der Backstein in der Hand des Maurers liegen und die Kelle voller Mörtel sein muss, wenn eine Mauer oder Ofenwand im Akkord hochgezogen wird. Wenn der Arbeitstag beginnt, müssen die Gestelle stehen und die Schlagschnüre gespannt sein. Mörtelsäcke und Backsteinpaletten haben sich in griffbereiter Nähe zu befinden.
    Daheim hingegen habe ich meine widerwillige Haltung zum täglichen Saubermachen gelegentlich mit der Behauptung verteidigt, das Bedürfnis nach pedantischer Ordnung sei das Symptom einer Zwangsneurose. Oft stimmt das ja auch. In meiner neuen Heimat versuche ich jedoch mich an die Sitten des Hauses zu gewöhnen.
    Im Gebrauchtwarenhaus kaufte ich mir einen Heizstrahler, eine alte Waschmaschine und einen Kühlschrank. Im Supermarkt fand ich einen Satellitenempfänger für 40 Euro und im Sperrmüll einen funktionierenden Fernseher. Laptop und Handy hatte ich schon. Weitere Gerätschaften brauchte ich vorerst nicht. Ich hätte sie mir auch gar nicht leisten können.
    Ich hoffe, die Steinaufträge werden im Lauf des Sommers zunehmen, denn ich habe beschlossen, das Zimmer im ersten Stock durch Dämmung winterfest zu machen für den Fall, dass meine Kinder mich besuchen wollen. Auch habe ich angefangen, den Backofen im Erdgeschoss abzubauen. Ich habe vor, ihn vollkommen neu aufzumauern,

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