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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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Ein Mensch solle einfach nicht so viel Empörung und Bitterkeit in sich einsaugen. Wenn man einmal auf den Geschmack des Lebens gekommen ist, soll man mit Zähnen und Klauen daran festhalten. Man soll sich nicht von den Gedanken an den unvermeidlichen Untergang begraben lassen, sondern mit beiden Armen den herrlichen, brennend heißen Sommertag umfangen.
    Wieder hustet Seelia laut und spuckt über die Reling ins Meer. Und schon befällt Saida das Schuldgefühl derjenigen, der es gut geht, weil sie selbst so voller Leben und voller klarer Gewissheit von dessen Dauer ist. Sie hat nicht vor, jetzt oder irgendwann zu sterben. Beschämt von ihren Gedanken lässt Saida das traurige Ehepaar zurück und eilt den anderen hinterher. Die Treppe zum Anleger hinunter nimmt sie bereits in vollem Lauf.

Vartsala, 20. Mai 2009
    Ich fuhr gerade mit der Schubkarre die Ziegelsteine, die beim Abbau des Ofens kaputt gegangen waren, in den hinteren Teil des Grundstücks, um dort die Löcher zu füllen, als der Toyota vor dem Tor anhielt und meine Frau Aila heraussprang. Außer sich vor Wut schwenkte sie ein Stück Papier.
    »Das hier bezahlst du!«
    Sie hielt mir den Zettel hin. Es war ein Bußgeldbescheid wegen überhöhter Geschwindigkeit.
    »Den hab ich wegen dir bekommen.«
    »Ach ja?«
    »Warum meldest du dich nicht am Telefon?«
    »Warum sollte ich?«
    »Rate mal, ob es Spaß gemacht hat hierherzufahren. Als hätte ich nichts Besseres zu tun. Du verstockter Scheißkerl! Hast du dir schon mal überlegt, wozu du mich zwingst?«
    Ich leerte die Karre.
    »Anscheinend nicht. Aber das ist auch nicht mehr nötig.«
    Nein, ich hatte sie nie verstanden, aber das hatte mich als junger Mann nicht daran gehindert, auf das wilde, impulsive Hippiemädchen wie ein Wahnsinniger abzufahren. Als wir einige Monate zusammen waren und ich mich auf dem Gipfel meines Glücks befand, verließ sie mich überraschend ohne jede Erklärung. Ich begriff, dass ich einen Riesenbock geschossen haben musste, hatte aber keine Ahnung, welchen. Damals war ich Abiturient, 18 Jahre alt, und wohnte noch zu Hause.
    »Junge Mädchen – verletzlichere Wesen gibt es nicht«, sagte Mamu. Sie vermutete, es sei zu einem Missverständnis gekommen, das einfach ausgeräumt werden müsse. Ihrer Erfahrung nach konnte ein Mann durchaus in seliger Unwissenheit darüber leben, dass er eine Frau bis aufs Blut beleidigt hatte, ohne ihr absichtlich etwas Böses angetan zu haben.
    Als es mir endlich gelang, Kontakt zu Aila herzustellen, stellte sich heraus, dass Mamu recht hatte. Ich selbst war der Meinung gewesen, mein Mädchen abgöttisch geliebt zu haben, doch Aila fand, ich hätte ihr keinerlei Zärtlichkeit und Respekt entgegengebracht. Ich sei ein gefühlloser, egoistischer Klotz gewesen, ohne jegliches Interesse, etwas für das Erreichen ihres großen Traums zu tun. Dabei handelte es sich um eine Karriere als Sängerin. Anstatt ihre Arbeit als Künstlerin zu unterstützen, hätte ich mich bloß auf meine öden Hobbys mit meinen Freunden konzentriert.
    Auf Knien hielt ich vor Aila ein Plädoyer voller Selbstanklagen und Liebesbekenntnissen, in dem ich beteuerte, sie anzubeten und ihr bis ans Ende aller Tage zu dienen, wenn sie nur bereit wäre, mit mir zusammenzubleiben.
    Zu spät, du Memme, erklärte Aila.
    Sie hatte einen Jungen kennengelernt, einen Bassisten aus einer Rockband. Einer, der Aila in musikalischer Hinsicht äußerst vielversprechend fand. Sie hatte angefangen Gesangsstunden zu nehmen und wollte sich von nun an Ayla schreiben, weil das ihr Künstlername werden sollte.
    Ich lebte in lichtloser Verzweiflung, bis Aila einige Wochen später überraschend den Bassisten verließ. Oder er sie, was sie allerdings nie zugab. Sie kam zu mir zurück, zog sogar bei uns ein, weil sie kein Dach mehr über dem Kopf hatte und es bei uns genügend Platz gab.
    Von da an versuchte ich nach Kräften all ihre Wünsche zu erfüllen. Ein Jahr später war sie schwanger, und wir heirateten. Weitere zwei Jahre später zogen wir nach Tampere, weil es ihr gelungen war, bei einer dortigen Plattenfirma eine Praktikumsstelle zu ergattern, und weil es in der Stadt auch Arbeit für mich gab. Mit den historischen Forschungen hatte ich inzwischen aufgehört und Maurer gelernt.
    »So eine Bruchbude ist das also?«
    »Ja.«
    »Immerhin hat das Grundstück einen Wert. Meerblick und alles. Gehört da nicht auch ein Streifen Strand dazu?«
    Aila setzte die Sonnenbrille ab und blinzelte in Richtung Meer. Der

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