Eine ewige Liebe
R eihe winziger Häuschen direkt am Ufer.
DieAhnen. Ich war am Ziel.
Als ich weiterging, hörte ich Stimmen.Auf der nächstgelegenenVeranda hatten sich drei Frauen mit einem Kartenspiel um einenTisch versammelt. Sie schnatterten und schubsten einander wie die Schwestern beim Scrabbeln.
Aus der Ferne erkannte ichTwyla. Ich hatte immer vermutet, dass sie nach ihremTod in der Nacht des Siebzehnten Mondes zu denAhnen gegangen war.Trotzdem war es merkwürdig, sie hier zu sehen, wie sie entspannt auf derVeranda saß und Karten spielte.
»Du kannst diese Karte nicht ablegen,Twyla, und du weißt das auch. Meinst du, ich sehe nicht, wie du mogelst?« Eine Frau mit einem bunten Schultertuch schob die Karte zuTwyla zurück. Es war Sulla, die Prophetin, die berühmteste unterAmmasAhnen.
»Sulla, du bist vielleicht eine Seherin, chère .Aber hier gibt es nichts zu sehen«, erwiderteTwyla ungerührt.
»Also ich glaube, ihr betrügt beide.« Die dritte Frau warf ihre Karten auf denTisch und rückte ihre runde Brille zurecht. Ihr Schultertuch war knallgelb. Es war Delilah. »Und ich möchte mit keiner von euch beiden weiterspielen.« Ich musste ein Lachen unterdrücken, denn das alles kam mir nur allzu bekannt vor. Es war genau wie zu Hause.
»Sei keine Spielverderberin, Delilah.« Sulla wackelte mit dem Kopf.
Eine vierte Frau saß etwas abseits in einem Schaukelstuhl, in der einen Hand einen Stickring, in der anderen eine Nadel. » Warum gehst du nicht nach drinnen und holst deiner altenTante ein Stück Kuchen? Ich kann gerade nicht, weil ich sticke.« Es war Ivy.
»Kuchen? Ha!«, lachte ein alter Mann in seinem Schaukelstuhl. Er hatte eine FlascheWildTurkey in der einen und eine Pfeife in der anderen Hand.
OnkelAbner.
Eine riesige Krähe kam geflogen und setzte sich auf seine Schulter. »Da drinnen wirst du keinen Kuchen finden, Delilah. UnsereVorräte werden langsam knapp.«
Delilah blieb stehen, eine Hand an das Fliegengitter gestützt. » Weshalb sollte es bei uns knapp werden,Abner?«
Er nickte in meine Richtung. »Ich schätze,Amarie hat jetzt alle Händevoll zu tun, um für ihn zu backen.« Er klopfte seine Pfeife aus und kippte den altenTabak über dasVerandageländer.
»Für wen? Mich?« Ich konnte kaum glauben, dass OnkelAbner tatsächlich mit mir sprach. Ich ging einen Schritt auf ihn zu. »Ich wollte sagen, gutenTag, Sir.«
Er beachtete mich nicht. »Ich schätze, ich werde erst dann wieder Zi tronenbaiser kriegen, wenn es die Lieblingsspeise dieses Burschen ist.«
» Willst du weiter herumstehen und Löcher in die Luft starren oder endlich herkommen?« Sulla saß mit dem R ücken zu mir, aber sie wusste trotzdem, dass ich da war.
Twyla blinzelte in die Sonne. »Ethan? Bist du das, cher ?«
Langsam ging ich auf das Haus zu, obwohl ich mich am liebsten keinen Zentimeter von der Stelle gerührt hätte. KeineAhnung, warum ich so nervös war. Irgendwie hatte ich nicht damit gerechnet, dass dieAhnen so normal waren. Sie waren einfach alte Leute, die sich an einem sonnigenTag auf derVeranda die Zeit vertrieben. Mit dem Unterschied, dass sie tot waren.
»Ja. Ich meine, ja, Ma’am. Ich bin’s, Ethan.«
OnkelAbner stand auf, trat an das Geländer und spähte zu mir herunter. Die Krähe blieb auf seiner Schulter sitzen.Als sie mit den Flügeln schlug, zuckte er mit keinerWimper. »Es ist so, wie ich es gesagt habe. Seit der Junge bei uns ist, kriegen wir weder einen Kuchen noch sonst was.«
Twyla winkte mich zu sich. »Vielleicht gibt er dir ein bisschen was von seiner Portion ab.« Ich stieg die zerkratzten Holzstufen hinauf; die sanften Klänge einesWindspiels ertönten, obwohl nicht der leisesteWindhauch wehte.
»Er ist jetzt ein Geist«, sagte Sulla. Ein kleiner braunerVogel hüpfte neben ihr über denTisch. Ein Sperling.
»Natürlich ist er das.« Ivy rümpfte die Nase. »Sonst wäre er ja wohl kaum hier.«
Ich schlug einen weiten Bogen um OnkelAbner und seinen aasfressendenVogel und ging an denTisch.
Twyla sprang auf und schlang ihreArme um mich. »Ich kann zwar nicht behaupten, dass ich froh bin, dass du hier bist – aber ich freue mich trotzdem, dich zu sehen.«
Ich erwiderte die Umarmung. »Ja, ich bin auch nicht sehr glücklich darüber, hier zu sein.«
OnkelAbner nahm einen großen SchluckWhiskey. » Warum bist du dann von diesem dämlichenWasserturm gesprungen?«
Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Sulla nahm mir dieAntwort ab. »Das weißt du ganz genau,Abner, also was
Weitere Kostenlose Bücher