Eine ewige Liebe
Stattdessen hing nun ein dichter, undurchdringlicher Nebel im ganzen Haus und die Luft war immer noch kalt.
Lena schien davon nichts zu bemerken, obwohl ihrAtem in kleinenWölkchen in die Luft stieg.Vielleicht war es ihr auch egal, was um sie herum vorging. Ich bemerkte die dunklen Ringe unter ihrenAugen; sie wirkte genauso zart und zerbrechlich wie nach MaconsTod.Aber sie war nicht mehr dieselbe wie damals, sie war jetzt viel stärker.
Damals hatte sie annehmen müssen, dass Macon für alle Zeiten tot war – und trotzdem hatten wir eine Möglichkeit gefunden, ihn zurückzuholen.Tief in meinem Inneren wusste ich, dass sie für mich das Gleiche hoffte.
Lena wusste vielleicht nicht, dass ich da war, aber sie war überzeugt, dass ich nicht tot war. Sie gab mich nicht auf. Sie konnte es nicht.
Ich wusste das, denn an ihrer Stelle hätte ich es auch nicht gekonnt.
Lena ging in ihr Zimmer, vorbei an den gepackten Koffern, und legte sich ins Bett, ohne sich die Mühe zu machen, ihre Kleider auszuziehen. Sie schnippte mit den Fingern und dieTür fiel zu. Ich kuschelte mich neben sie, mein Gesicht nur Zentimeter von ihrem entfernt.
Tränen liefen über ihreWangen, bei ihremAnblick zersprang mir fast das Herz.
Ich liebe dich, L. Ich werde dich immer lieben .
Ich schloss dieAugen und streckte meine Gedanken nach ihr aus.Verzweifelt wünschte ich mir, dass ich etwas für sie tun könnte. Ich musste einenWeg finden, ihr zu zeigen, dass ich noch da war.
Ich liebe dich, Ethan. Ich werde dich nie vergessen. Ich werde dich nie, nie vergessen, und ich werde nie aufhören, dich zu lieben .
Ich hörte, wie sich ihre Stimme in meinem Kopf entfaltete.Als ich dieAugen aufmachte, sah sie direkt durch mich hindurch.
»Niemals«, flüsterte sie.
»Niemals«, wiederholte ich.
Ich vergrub meine Finger in ihren schwarzen Locken und wartete, bis sie eingeschlafen war.
Ich musste dafür sorgen, dass sie die Zeitung fand.
Als ich am nächsten Morgen hinter Lena die Treppe hinunterging, kam ich mir vor wie ein Stalker und hatte gleichzeitig das Gefühl, allmählich den Verstand zu verlieren. Ravenwoods Küche servierte ein opulentes Frühstück wie eh und je, und seit die Ordnung der Dinge nicht mehr gestört war und die Welt nicht mehr kurz vor dem Untergang stand, war das Essen zum Glück auch nicht mehr so roh, dass einem schon vom bloßen Anblick schlecht wurde.
Macon saß amTisch und griff bereits kräftig zu. Ich hatte mich immer noch nicht daran gewöhnt, dass er wie jeder normale Mensch aß. Heute Morgen gab es Brötchen, die mit so viel Butter gebacken waren, dass sie zu den Luftblasen imTeig herausquoll. Dicke Speckscheiben türmten sich vor einem Berg R ührei, derAmma alle Ehre gemacht hätte. Und die großen, mit Beeren gefüllten Blätterteigtaschen hätte Link, bevor er ein Linkubus wurde, in wenigen Bissen verschlungen.
Dann sah ich sie: die Stars and Stripes , zusammengefaltet unter einem großen Stapel von Zeitungen aus allerWelt.
Ich griff im selben Moment nach der Zeitung, als Macon nach der Kaffeekanne griff und mir dabei direkt durch die Brust fuhr. Es fühlte sich an, als hätte ich einen Brocken Eis verschluckt. Kalt und seltsam fremd. Ein bisschen wie das Stechen im Kopf, wenn man eine eiskalte Limonade trinkt, nur dass es diesmal in meinem Herzen schmerzte und nicht in meinem Kopf.
Ich packte die Zeitung mit beiden Händen und zog, so fest ich konnte. Langsam rutschte eine Ecke unter dem Stapel hervor.
Das reichte noch nicht.
Ich sah Macon und Lena an. Macon hatte sich hinter einer französischen Zeitung namens L’Express vergraben, Lena hatte den Blick auf ihrenTeller geheftet, als würden die Eier ihr eine wichtigeWeisheit enthüllen.
Komm schon, L. Mach die Augen auf. Ich bin hier, direkt vor dir .
Ich zerrte noch fester an dem Papier. Die Zeitung rutschte unter dem Stapel hervor und flatterte auf den Fußboden.
Keiner von beiden schaute auf.
Lena rührte die Milch in ihremTee um. Ich griff nach ihrer Hand und drückte sie, bis sie den Löffel fallen ließ undTee auf demTischtuch verspritzte.
Lena starrte auf ihreTeetasse und spreizte die Finger. Sie wollte gerade mit ihrer Serviette über dasTischtuch fahren, als ihr Blick auf die Zeitung fiel, die direkt vor ihren Füßen gelandet war.
» Was ist das denn?« Sie hob die Stars and Stripes auf. »Ich wusste gar nicht, dass du die Zeitung abonniert hast, Onkel M.«
»Das habe ich in derTat.Auf dieseWeise erfahre ich, was in der Stadt so alles
Weitere Kostenlose Bücher