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Eine ewige Liebe

Eine ewige Liebe

Titel: Eine ewige Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kami Garcia
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langweilte, aber er schien es nicht allzu eilig zu haben, mich wieder loszuwerden. »Ich muss wirklich über den Fluss, Si-« Ich biss mir auf die Zunge, bevor ich das »Sir« aussprechen konnte. »Charlie, meine ich. Es geht nämlich um ein Mädchen, das ich –«
    Charlie fiel mir insWort. »Es geht immer um ein Mädchen.« Im Radio setzten die R o lling Stones wieder ein – die ersten Klänge von »2000 Light Years from Home«. Sehr witzig.
    »Ich muss zu ihr zurück …«
    »Ich hatte auch mal ein Mädchen. Sie hieß Penelope. Penny.« Er lehnte sich zurück und strich über seinen Bart. »Irgendwann hatte sie keine Lust mehr, hier abzuhängen – und weg war sie.«
    » Warum bist du nicht mitgegangen?« Kaum hatte ich die Frage gestellt, bereute ich sie auch schon.Wahrscheinlich war sie zu persönlich.Aber er antwortete trotzdem.
    »Ich kann hier nicht weg«, sagte er schlicht, während er unsere Karten aufdeckte. »Ich bin der Flussmeister. Das ist mein Part in der Show – ich kann den Laden hier nicht einfach sich selbst überlassen.«
    »Du könntest den Job hinschmeißen.«
    »Das ist kein Job, Kleiner. Es ist eine Strafe.« Er lachte, aber seine Stimme klang bitter. Plötzlich hatte ich Mitleid mit ihm.
    Dann verklangen die letzten Akkorde von »2000 Light Years from Home« und gingen in den Anfang von »Plundered My Soul« über.
    Ich wollte gar nicht wissen, wer oder was mächtig genug war, um einenTypen wie Charlie dazu zu verdonnern, einsam am Ufer eines Flusses zu sitzen, der ziemlich öde durch die Landschaft plätscherte. Die Strömung war ruhig und dasWasser seicht. Ohne Charlie wäre ich wahrscheinlich längst rübergeschwommen.
    »Tut mir leid.«Was hätte ich sonst sagen sollen?
    »Schon okay. Ich hab mich vor langer Zeit damit abgefunden.« Er trommelte mit den Fingern auf meine Karten. EinAss und eine Sieben. »Noch eine?«
    Schon wieder achtzehn.
    Auch Charlie setzte auf eine weitere Karte und auch er zog einAss.
    »Noch eine.« Mit angehaltenemAtem sah ich zu, wie er die Karte zwischen den Fingern drehte.
    Eine Pik-Drei.
    Er nahm die Sonnenbrille ab und starrte mich aus eisblauenAugen an. Seine Pupillen waren so hell, dass sie beinahe durchsichtig waren. »Und? Sagst du heute noch was?«
    »Black Jack.«
    Charlie schob seinen Stuhl zurück und nickte Richtung Fluss.Am Ufer wartete eine ziemlich heruntergekommene Fähre auf uns. Eigentlich waren es nur ein paar schlampig bearbeitete Baumstämme, die von dicken Seilen zusammengehalten wurden. Die Fähre erinnerte mich an die Flöße, die am Rand des Sumpfs vonWaders Creek imWasser dümpelten. Drag streckte sich und trottete uns hinterher.
    »Lass uns losfahren, bevor ich es mir anders überlege, Kleiner.«
    Ich folgte Charlie auf den wackligen Steg und trat vorsichtig auf die morschen Baumstämme.
    Er streckte die Hand aus. »Zeit, den Fährmann zu bezahlen.« Er zeigte in das brauneWasser. »Komm schon. Her damit.«
    Ich warf den Stein, der sanft und ohne den kleinsten Spritzer auf dieWasseroberfläche traf und lautlos nach unten sank.
    Als Charlie die lange Holzstange insWasser tauchte, um das Floß vom Ufer abzustoßen, begann der Fluss sich zu verändern. Ein ekelerregender Geruch stieg auf, nach fauligem Morast, verdorbenem Fleisch – und noch etwas anderem.
    Ich blickte in die düsterenTiefen. DasWasser klarte sich auf und plötzlich konnte ich bis auf den Grund sehen. Jedenfalls hätte ich bis auf den Grund sehen können, wenn da nicht dieToten gewesen wären. Egal wohin mein Blick fiel – überall trieben Leichen, manche keine Handbreit unter derWasseroberfläche.Aber das waren keine Gruselfiguren, wie man sie aus Filmen oder Märchen kannte. Es waren echte Leichen, aufgedunsen und vollgesogen. Manche schwammen mit dem Gesicht nach oben, manche drifteten mit dem Gesicht nach unten imWasser. Doch in welches Gesicht ich auch blickte – alle hatten die gleichen blauen Lippen und die gleiche wächserne Haut. Die Haare trieben auf demWasser, während die Körper immer wieder sachte aneinanderstießen.
    »Früher oder später muss jeder für die Überfahrt bezahlen.« Charlie zuckte mit den Schultern. »Ich kann es nicht ändern.«
    Ich hatte den bitteren Geschmack von Galle im Mund und musste mit aller Kraft gegen den Drang ankämpfen, mich mitten auf dem Floß zu übergeben.Wahrscheinlich konnte man mir meinen Ekel ansehen, denn als Charlie weitersprach, klang er beinahe mitfühlend. »Ich weiß, Kleiner. Der Gestank ist schwer zu

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