Eine ewige Liebe
und Dunkel zugleich.« Ich sah ihn ernst an. »Also denk daran. Ich habe eine Dunkle Seite.«
»Ich mach mir vorAngst gleich ins Hemd«, sagte er grinsend.
»Dazu hast du auch allen Grund, glaub mir.«
Ich deutete auf ein altmodisches Schild an derWand hinter ihm, das die Silhouette einer Frau zeigte. Daneben stand: »Für Lippen, dieAlkohol gekostet haben, ist dieser Mund tabu.«
»JedeWette, dass diese Bar eine Flüsterkneipe gewesen ist. Ein geheimerAlkoholausschank während der Prohibition. New Orleans war berüchtigt dafür.« Ich ließ den Blick schweifen. »Und das heißt, dass es hier ein Geheimzimmer gibt. Eine Bar in der Bar.«
John nickte. »Du hast recht.Abraham würde sich nie an einem Ort aufhalten, zu dem jeder Zugang hat. Ich weiß noch, dass unsereVerstecke immer unauffindbar waren.« Er sah sich um. »Aber an dieses Lokal kann ich mich beim bestenWillen nicht erinnern.«
»Vielleicht hat er es lange vor deiner Zeit alsVersteck genutzt und ist jetzt wieder hierher zurückgekehrt, weil keiner der Lebenden etwas davon weiß.«
»Kann sein.Trotzdem ist hier irgendetwas faul.«
Plötzlich hörte ich eine vertraute Stimme.
Nein. Ein vertrautes Lachen, süß und teuflisch zugleich. Dieses Lachen gehörte nur einer einzigen Person auf dieserWelt.
Ridley? Bist du das?
Ich keltete, aber sie antwortete nicht. Entweder sie hörte mich nicht, oder es war schon zu lange her, dass wir auf dieseWeise miteinander geredet hatten. Ich konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen, einenVersuch war es aber trotzdem wert.
Ich lief die Holztreppe hinauf, die sich im hinterenTeil der Bar befand. John blieb mir dicht auf den Fersen. Oben angekommen hämmerte ich an der Stelle gegen dieWand, hinter der ich die Stimme vermutete, hinter Stapeln von Bierkästen und Kisten mitWeinflaschen. In derWand des Lagerraums war ein Hohlraum und dahinter hielt sich jemand auf. Mein Blick wanderte nach oben. Über Kopfhöhe war ein kleines Fenster in dieWand eingelassen.
Ridley, bist du da drin?
Ich musste der Sache auf den Grund gehen. Entschlossen schob ich den vordersten Stapel Kisten beiseite, machte dieAugen zu und schwang mich im Geiste in die Luft, bis ich auf Höhe des Fensters schwebte. Ich öffnete dieAugen und orientierte mich kurz.Was ich sah, was so verblüffend, dass ich sofort wieder auf dem Fußboden landete.
Ich hätte schwören können, dass ich meine Cousine gesehen hatte, wie immer zu auffällig geschminkt und umgeben von irgendetwas Goldenem. Rid war also nicht in Gefahr. Ganz im Gegenteil. Sie vertrieb sich anscheinend die Zeit damit, genüsslich einen Lolli zu lutschen und ihre Nägel zu lackieren.
Entweder das oder ich litt unter Halluzinationen.
Ich werde ihr den Hals umdrehen.
»Ich schwöre es, Rid.Wenn du wirklich so durchgeknallt bist, reiße ich dir deinen bescheuerten Lolli eigenhändig aus dem Mund.«
» Was ist?«
Ich spürte, wie John mich packte und festhielt.
Ich zeigte auf dieWand. »Meine Cousine. Rid ist in dem Raum dahinter.« Ich klopfte gegen das Holz.
»Nein …« John wich zurück, als würde ihn allein die Nennung ihres Namens in die Flucht schlagen.
»Ich muss zu ihr und sie da rausholen, John.«
»Bist du verrückt geworden?«
»Schon möglich.«
»Lass es, Lena.Wenn sie beiAbraham herumhängt, dann geht sie so schnell nirgendwohin.Außerdem dürfen wir nicht riskieren, dass er uns erwischt, bevor wir herausgefunden haben, wo das Buch ist.«
»Ich glaube nicht, dass er hier ist«, sagte ich.
»Glaubst du das nur oder weißt du es?«
» Wenn er hier wäre, würdest du das dann nicht spüren? Ihr habt doch eine ganz spezielleVerbindung. Nur deshalb ist es ihm doch überhaupt gelungen, dich unter seinen Einfluss zu bringen, oder nicht?«
John machte einen so verstörten Eindruck, dass ich sofort bereute, von der Sache angefangen zu haben.
»Ich weiß nicht. Möglich wäre es.« Er sah zum Fenster hoch. »Okay. Du gehst rein und kümmerst dich um Ridley. Ich halte so lange nachAbrahamAusschau und passe auf, dass er nicht dazwischenfunkt.«
»Danke, John.«
»Aber sei vorsichtig.Wenn sie zu Dunkel ist, dann lass es sein. Du kannst Ridley nicht ändern. Das haben wir alle auf die harteTour gelernt.«
»Ja.« Niemand wusste das so gut wie ich, niemand außer vielleicht Link.Aber tief in mir drin war ich mir sicher, dass meine Cousine doch nicht so völlig anders war. Ich wusste, wie sehr sie dazugehören wollte, geliebt werden wollte, Freunde haben wollte, glücklich sein
Weitere Kostenlose Bücher