Eine fast perfekte Lüge
Jonah mit der Gewehrmündung nach links.
Gott, bitte lass Evan da sein, und bitte lass ihn noch am Leben sein
.
Ein Teil des alten Hangars war durch eine Wand abgetrennt worden, hinter der sich eine Art Büro befand.
Als sie sich dieser Zone näherten, tauchte plötzlich ein weiterer Mann auf. Er war hoch gewachsen und dunkelhäutig, mit einem Mandschubart und einem pockennarbigen Gesicht. Als er Jonah sah, lachte er höhnisch. „Na, da wird sich der
Padrone
aber freuen“, sagte er.
Die beiden anderen Männer lachten ebenfalls, dann berichteten sie in prahlerischen Worten, wie sie es angestellt hatten, den schwer fassbaren Jonah Slade zu schnappen.
Jonah drehte sich um und schaute sie an, dann überraschte er sie, indem er grinste.
„Sperr ihn mit dem Jungen zusammen“, sagte der eine zu dem Pockennarbigen.
Der Pockennarbige drehte sich um und schloss die Tür hinter ihnen auf. „Da rein“, befahl er.
Jonah holte tief Atem und machte ein paar Schritte in die angegebene Richtung. An der Tür schlug ihm ein beißender Gestank nach Urin entgegen. Von plötzlicher Angst überschwemmt, befürchtete er, im nächsten Augenblick den süßlichen Geruch von verwesendem menschlichen Fleisch riechen zu müssen. Aber das blieb ihm Gott sei Dank erspart.
Nachdem er durch die Tür gestolpert war, blieb er ruckartig stehen. Der Junge, der auf dem Bett kauerte, sah sehr mitgenommen aus. Sein Gesicht war mit Blutergüssen und getrocknetem Blut bedeckt. Als er Stimmen hörte, taumelte er hoch und wich bis an das mit Brettern zugenagelte Fenster zurück.
Bleich vor Zorn drehte sich Jonah zu den Männern um und musterte einen nach dem anderen von Kopf bis Fuß, um den, der Evan so brutal zusammengeschlagen hatte, auszumachen. Als er die Platzwunden und Kratzer auf den Fingerknöcheln des einen sah, wusste er, dass es dieser Mann gewesen war.
„Du elender Scheißkerl. Du gottverdammter widerlicher Scheißkerl.“
Ehe irgendjemand begriff, was passierte, hatte Jonah den Mann im Würgegriff, schleifte ihn zu der stinkenden Toilette und tauchte seinen Kopf in die Schüssel. Schließlich zog er den Mann wieder heraus, der bewusstlos zu Boden sackte.
„Er hätte meinen Sohn nicht schlagen dürfen“, sagte Jonah, dann drehte er den Männern, die ihn hergebracht hatten, den Rücken zu und beachtete sie nicht mehr.
Die beiden starrten sich fassungslos an, bevor sie vorsichtshalber zwei Schritte zurückwichen.
„Dafür wird dich der
Padrone
bezahlen lassen“, sagte der eine.
„Der
Padrone
kann mich mal“, sagte Jonah. „Nehmt euren Kumpel mit, wenn ihr geht. Und macht die Tür hinter euch zu.“
Sein unerwarteter Widerstand machte sie nervös, besonders da sie wussten, dass es ihr Todesurteil wäre, wenn sie auf ihn schießen würden. Nachdem sie eilig den bewusstlosen Wachmann auf den Flur gezerrt hatten, machten sie die Tür zu und schlossen ab.
Als der Vater schließlich vor seinem Sohn stand, hörte er nichts mehr außer dem Blut, das in seinen Ohren rauschte. Sofort begann er mit den Zähnen den Strick aufzuknoten, mit dem man ihm die Hände zusammengefesselt hatte. Nachdem er sich selbst befreit hatte, warf er den Strick beiseite und schaute auf.
„Evan?“
Evan Blaine glaubte immer noch zu träumen. Er schaute den Mann, der da so ruhig vor ihm stand, fassungslos an, dann begann er zu zittern.
Jonah ging auf ihn zu. „Ich wusste es nicht“, sagte er. „Ich hätte dich nie …“
„Sind Sie … sind Sie Jonah Slade?“
Jonah nickte. „Ich habe gesagt, dass ich komme.“
Evan lief ein Schauer über den Rücken. Das war sein Vater. Langsam ging er auf ihn zu, stolperte über ein loses Brett und wäre beinahe gefallen.
Jonah fing ihn auf, dann zog er ihn so fest an sich, dass er die Knochen unter der Haut und die Hitze, die der magere Körper ausstrahlte, spürte. Der Junge hatte ganz offensichtlich Fieber.
Als Evan Jonahs Arme um sich spürte, gab er auch noch den letzten Rest von Zurückhaltung auf. „Dad?“
Jonahs Herzschlag beschleunigte sich. Er hätte sich nie in seinem Leben vorstellen können, dass dies eine für ihn bestimmte Anrede sein könnte.
„Ja, Sohn, ich bin bei dir, und ich schwöre bei Gott, dass ich dich nie wieder allein lasse, wenn wir hier rauskommen.“
Evan krallte seine Finger ins Jonahs Hemd.
„Sie haben Mutter getötet … und Großvater. Und mich töten sie bestimmt auch noch.“
Als Jonah dem Jungen ins Gesicht schaute, das so schlimm zugerichtet war, hätte er
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