Eine fast perfekte Lüge
„Sie kommen aber nicht mit. Und bei ihm bin ich mir auch noch nicht ganz sicher“, schloss er, indem er auf Carl zeigte.
Als Macie neben ihm saß, bedeutete Carl Ruger, die Tür zuzumachen, damit der Lärm wenigstens ein bisschen gedämpft wurde. Ruger knallte sie zu und wies den Piloten an, noch zu warten; dann wandte er sich wieder Carl und Macie zu.
„Ich hatte einen anstrengenden Tag und habe keine Lust auf irgendwelche Spielchen. Also schießen Sie los, aber sehen Sie zu, dass mir das, was Sie erzählen, auch gefällt, sonst können Sie sich auf was gefasst machen.“
„Ich war im Hauptquartier. Ich weiß, wie McAllister an Jonah drangeblieben ist. Ich kann Ihnen zwar nicht sagen, wo sich Jonah im Augenblick aufhält, aber wenn Sie mich in die Luft bringen, gibt es eine echte Chance, ihn zu finden, bevor es zu spät ist.“
„Wovon reden Sie eigentlich?“ fragte Ruger.
Carl öffnete seinen Aktenkoffer und nahm etwas, das wie ein Notebook aussah, heraus. „Das ist das Allerneueste. Das einzige andere Gerät, das außer diesem noch existiert, liegt wahrscheinlich auf dem Meeresgrund.“
„Ich habe es gesehen und weiß, wie es funktioniert“, mischte sich Macie ein. „Wenn wir es schaffen, auf fünfundzwanzig Meilen an Jonah heranzukommen, wird es ihn orten.“
„Diese Leute sind nicht dumm“, sagte Ruger. „Falls Slade einen Sender bei sich tragen sollte, haben ihn Calderones Männer mit Sicherheit bereits entdeckt und entsorgt und Slade und den Jungen womöglich gleich mit.“
Ohne auch nur eine Sekunde zu überlegen, versetzte ihm Macie eine schallende Ohrfeige. Es war wohl weniger der Schmerz als der Schock, der Ruger daran hinderte weiterzureden.
„Sie sollten sich schämen“, fuhr Macie ihn empört an. „Sie sollten sich schämen, so einfach aufzugeben. Jonah würde so etwas nie tun. Wenn Sie uns nicht helfen wollen, dann sagen Sie es, und zwar sofort. Sie haben bisher noch keine einzige heiße Spur gefunden, und alles, was wir über diesen Fall wissen, haben wir von Jonah. Wenn Sie uns keinen Hubschrauber zur Verfügung stellen, chartere ich eben ein Flugzeug, dann können Sie machen, was Sie wollen. Haben Sie mich verstanden?“
Es passte Ruger ganz und gar nicht, so heruntergeputzt zu werden, und schon gar nicht von einer Frau. Aber er wusste, dass er einen Schritt zu weit gegangen war. „Ich nehme French mit“, sagte Ruger. „Aber Sie steigen wieder aus. Zivilisten dürfen an FBI-Operationen nicht teilnehmen.“
„So ein Blödsinn“, widersprach Macie. „Solange es euch in den Kram passt, benutzt ihr jeden, den ihr brauchen könnt. Sorgen Sie dafür, dass dieses Ding endlich abfliegt, oder ich schwöre bei Gott, dass Ihnen die Titelseiten der Zeitungen gar nicht gefallen werden, wenn das hier erst vorbei ist.“
Diesmal versuchte Ruger nicht, seine Wut im Zaum zu halten. „Wollen Sie mir etwa drohen?“ knurrte er aufgebracht.
„Ja“, sagte Macie, während sie sich den Sicherheitsgurt umlegte.
Ruger verkniff sich einen Fluch und wandte sich an French. „Sagen Sie ihr, dass sie sofort den Mund halten soll, oder ich werfe Sie beide raus.“
Macie beachtete ihn nicht weiter, was ihn noch wütender machte. Er wandte sich an den Piloten und gab ihm so leise, dass sie es nicht verstehen konnte, eine knappe Anweisung, und wenig später war der Helikopter in der Luft.
Bald flogen sie in Richtung Süden, eingehüllt in die Dunkelheit, die nur von der Beleuchtung des Armaturenbretts und dem schwachen Lichtschein des Computers auf Carls Schoß durchbrochen wurde.
Justin Blakely war scharf auf Molly Dean und versuchte schon den ganzen Sommer, sie herumzukriegen. Er hatte es auf jede erdenkliche Art und Weise versucht, aber sie zierte sich immer noch. Mittlerweile war er sich nicht einmal mehr sicher, ob er sie überhaupt noch wollte, und es war eigentlich nur noch eine Frage des Stolzes, dass er das, was er angefangen hatte, auch zu Ende brachte.
Und heute hatte er alle Register gezogen. Er hatte die Yacht seines Vaters, dessen Crew und seine Champagnervorräte aufgeboten. Er hatte nicht nur Mollys Lieblingsspeisen an Bord, sondern auch ihre Lieblingsmusik. Zuerst waren sie nach Süden gefahren, und nachdem jetzt die Schokoladennachspeise nur noch als Hauch einer süßen Erinnerung auf ihrer Zunge lag, hatten sie vor einer kleinen Bucht Halt gemacht, deren Umrisse im Mondlicht nur schwach auszumachen waren.
„Was hältst du von einem Mitternachtsbad?“ fragte
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