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Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Titel: Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Lee
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die Behörden und die ganze Welt zum selben Schluss kommen, egal, was für Entschuldigungen du vorbringst   …«
    Sie zog rasch ihre Hand zurück. Setzte sich mit geraden Schultern und steifem Rückgrat zurecht. »Ich entschuldige nichts, ich suche nur nach dem wahren Grund für Wicks Tod. Und vielleicht ist hier auch ein bisschen Mitleid angebracht statt   …«
    »Nur zu. Sag es schon.«
    »Unnachgiebige Scheinheiligkeit.«
    »Du würdest sein Verhalten also verzeihen? Diebstahl? Dass er das Leben seiner Männer gefährdet, weil die Ausrüstung unzureichend ist, und weiß der Himmel, was sonst noch?«
    »Natürlich nicht. Aber kein Mann   – kein Mensch   – ist perfekt.« Sie sah ihn lange an, aber ihr Ausdruck war verschlossen. »Außer dir vielleicht.«
    Es schien nichts mehr zu sagen zu geben.

Dreiundzwanzig
    Sonntag, 10.   Juli
    Gordon Square, Bloomsbury
    S ie war wütend auf ihn; so viel stand fest. Aber er konnte sich nicht erinnern, was er getan hatte, was er gesagt hatte, was sie erwartet hatte. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, nur ihren schmalen Rücken, als sie sich rasch entfernte. Sie waren in einer Art Park   – vielleicht auf einer Wiese   – er wusste es nicht genau   – er hatte keine Ahnung, wo   – und es wurde Nacht. Er versuchte, Schritt zu halten, mit ihr zu reden, aber egal, wie schnell er rannte, sie behielt ihren Vorsprung, einen weiten Vorsprung. Wie konnte sie sich so schnell bewegen?
    Er rief ihr nach, aber sie hörte ihn nicht. Und er rannte ihr weiter hinterher, stolpernd. Krächzend rang er nach Luft, jeder Atemzug brannte ihm in den Lungen, die Luft um ihn war heiß, so heiß und schwül wie die erstickende, drückende Hitze in Kalkutta. Er hörte das Sirren einer Stechmücke im Ohr, dann einer weiteren, aber in England war es zu kalt für Moskitos, das wusste er, Mary musste also in Indien sein, was bedeutete, dass auch er zurück in Indien war   …
    Die Stechmücken summten weiter, bedrohlich nahe, dann entfernten sie sich plötzlich wieder. Er hatte kein Netz. Töricht, ohne Moskitonetz zu schlafen. Aber er lief doch, oder nicht? Er schlief doch nicht. Er konnte gar nicht schlafen. Er war schweißgebadet, sein Hemd klebte an seinem Rücken, seine Lungen schmerzten vor Anstrengung, und Mary war auf einmal nicht mehr zu sehen, die Wiese war verschwunden, und diese verdammten Stechmücken fingen zu kichern und gackern an, hysterisch, immer lauter, selbst als er sich die Ohren zuhielt, hörten sie nicht auf. Wenn das Geräusch doch nur   …
    »Mr James.«
    Warum konnte keiner dafür sorgen, dass sie aufhörten? Irgendjemand?
    »Junger Herr James!«
    Kein Mensch?
    »Jamie! Jamie, mein Junge!«
    Unsanfte Hände an seinem Kopf. Er schlug ärgerlich danach, aber sie blieben, diese Hände, machten etwas mit seinem Kopf, erstickten ihn. Und diese Stimme wiederholte ständig seinen Namen, seinen Namen   – seinen Kindernamen.
    Er wehrte sich gegen den Angriff. »Aufhören! Aufhören!«
    »Ich höre auf«, sagte die Stimme mit kühler Deutlichkeit, »sobald du aufwachst.«
    Mit einem Schaudern und einem Stoßseufzer wurde er plötzlich wach und blinzelte in den blassen Schein, der das Londoner Tageslicht sein musste. Ersah sich um. Er war in seinem Schlafzimmer, wo sonst. Es war bitterkalt. Und zwei Paar Augen starrten zu ihm herunter: die von Mrs Vine und George.
    »Wer hat mich so genannt?«, wollte er wissen. Er hatte einen säuerlichen Geschmack im Mund.
    »Wie   – Jamie? Das war ich«, sagte George.
    »Das mag ich gar nicht, wenn man mich Jamie nennt. T-tu das nicht w-wieder.« Zum Teufel mit seinem Zähneklappern. Warum hatten sie kein Feuer gemacht, wenn es so kalt war?
    »Ja, ich würde sagen, er ist wieder ganz bei sich«, sagte George zu Mrs Vine. Er seufzte theatralisch auf. »Leider.«
    »Sie haben halluziniert, Mr James.« Sie legte ihre kühle Hand auf seine Stirn. »Fieber. Ich habe es gewusst.«
    »Kein F-Fieber . Mir ist eiskalt.«
    »Schüttelfrost«, stellte sie nüchtern fest und strich seine Decke glatt. »Und Schweißausbrüche.«
    »Oh Gott   – das ist ein Rückfall, nicht?«, sagte George und fing an, im Zimmer auf und ab zu laufen. »Ich lasse den Arzt rufen. Er hat das ja vorausgesagt, James.«
    »S-sei doch nicht albern. D-das ist kein Rückfall. Ich brauche nur ein Feuer im Kamin.«
    »Es ist Juli, nicht November.«
    »Trotzdem ist es eisig. Machen Sie bitte Feuer, Mrs Vine.«
    Sie schüttelte bedenklich den Kopf. »Nicht mit dem

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