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Eine feine Gesellschaft

Eine feine Gesellschaft

Titel: Eine feine Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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verschwinden.«
    »Ist heute wieder irgendwo eine Sitzung?«
    »Ja. Bei den Politikwissenschaftlern.«
    »Warum versuchen Sie nicht, diese Konferenzen geheimzuhal-ten?« fragte Kate.
    »Wir haben das überlegt – und dann einen Schritt weiter gedacht.
    Erstens ist es unmöglich; wenn Sie eine Sitzung mit acht Teilnehmern planen, müssen noch einmal so viele Leute oder mehr davon wissen; wir sind ja schließlich keine Geheimorganisation, Gott sei Dank. Zum zweiten ist unsere einzige Chance, daß diese Saboteure entweder aus purer Langeweile aufhören oder daß wir sie erwischen.
    Es besteht ja keine akute Gefahr; Leute, die Angst davor haben, im Fahrstuhl steckenzubleiben, nehmen die Treppe, hier haben sie das jedenfalls immer getan. Geben wir es zu: Selbst zu den besten Zeiten waren die Aufzüge immer ein Problem.«
    »Um wieviel Uhr beginnt die Sitzung?« fragte Reed.
    »Um vier. Sie dürfte bis sechs dauern. Und es ist durchaus möglich, daß nichts passiert.« Müde nahm er seine Aktentasche und ging.
    Kate und Reed setzten ihren Weg über den Campus fort. Sie waren bedrückt und begierig zu handeln, wenn sich nur eine Möglichkeit dafür geboten hätte. Reed verabschiedete sich gerade von Kate vor der Baldwin Hall, als Clemance dazukam.
    »Ihr beide«, verkündete er, »seid der erste wirklich angenehme Anblick seit Tagen.« Er lächelte sein charakteristisches schiefes Lächeln und blieb auf seine seltsam liebenswürdige Art stehen, die durchblicken ließ, daß er, falls sie etwas zu sagen hätten, erfreut zuhören werde, er selber derzeit aber nicht die Kraft zum Sprechen habe.
    »Anscheinend werde ich allmählich wirklich alt«, murmelte er schließlich. »Ich erwische mich tatsächlich dabei, von den alten Zeiten zu träumen, als wir regelmäßig in unseren Talaren zur Kapel-le pilgerten. Ich glaube, ich will damit sagen, daß dies eine Welt der Gentlemen war, und ich wünschte, das wäre noch immer so. Nostalgie ist eine gefährliche Krankheit.«
    »Sie sind nur bedrückt wegen dieser Geschichte mit Cudlipp, und das ist doch normal«, sagte Kate, die sich wirklich Sorgen um ihn machte. »Das Gefährliche an der Nostalgie ist, daß sie ein falsches Bild vorgaukelt. Sie ist ein rückwärts gerichteter Tagtraum. Wie der Gedanke an die Bücher, die wir in unserer Jugend geliebt haben, und dabei lieben wir nur die Erinnerung an uns als junge Leute, die diese 130

    Bücher lasen.«
    »Sie haben recht. Ich wehre mich so gegen das Altsein und den Gedanken, für verknöchert gehalten zu werden, daß ich mich aus einer Art kindischem Trotz viel älter gebe, als ich in Wirklichkeit bin. Ich muß Ihnen gestehen, es gibt Momente, wo ich nicht nur Cudlipp gern wieder bei uns hätte, sondern mir auch wünsche, jemand hätte mir das Gift gegeben statt ihm.«
    »Es muß Ihnen doch gefallen, daß O’Toole Dekan werden soll.«
    »Das muß es wohl. Meine Tochter erwartet ein Baby.«
    »Daß die eigene Tochter ein Baby erwartet, muß in gewissem Sinne das Schockierendste sein, was einem Mann passieren kann«, sagte Reed. »Das habe ich oft miterlebt.«
    »Wahrscheinlich haben Sie recht«, sagte Clemance. »Na ja, bald wird es Winter, und das ist immer trostlos. Hoffen wir, daß danach ein besserer Frühling kommt – daß das Gras nicht zerstört und die Tulpen nicht umgeknickt und zertreten werden.« Er zog seinen Hut und ging.
    »Ihm ist also genau dasselbe aufgefallen wie mir – der Tod von Gras und Blumen. Ein vom Krieg verwüstetes Land ist immer ein elender Anblick; erst später wächst dann wieder Gras, zwischen den Kreuzen.«
    »Um Himmels willen, Kate, ich bin froh, daß du mit dieser herz-zerreißenden Bemerkung gewartet hast, bis er weg war.«
    »Ich kann ihm ja nicht ein Enkelkind, das er als ein Zeichen des Untergangs begrüßt, als etwas Aufheiterndes suggerieren.«
    »Zumindest liefert ihm das einen natürlichen Grund, Trübsinn zu blasen, statt sich wegen der Universität zu grämen. Wo ist das Institut für Politikwissenschaft?«
    »In der Treadwell Hall – da drüben.«
    »Ich werde die Sache auskundschaften. Kate…«
    »Ja?« sagte Kate, als er nicht weiterredete.
    »Ach, nichts. Bis später.«
    »Ja. Ich muß mir ein paar Gedanken zu meinem Seminar machen. Wir verbringen alle so viel Zeit in Sitzungen und Ausschüssen, daß wir ganz vergessen, wozu wir eigentlich hier sind.« Sie winkte Reed zu und ging die Stufen hinauf.
    Reed wartete im Keller von Treadwell Hall, ohne recht zu wissen, worauf. Der Raum

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