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Eine Frage der Zeit

Eine Frage der Zeit

Titel: Eine Frage der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Sander
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gemeinsam etwas im Fernsehen anzusehen. Wir redeten so wenig miteinander, dass wir nicht einmal mehr genug Worte füreinander übrig hatten, um uns zu streiten. Auch im Schlafzimmer passierte nicht mehr viel. Wir waren wohl nur noch aus Gewohnheit ein Paar und es schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis einer von uns von Scheidung sprechen würde.“
    Velten rutschte auf seinem Stuhl herum. So genau wollte er es gar nicht wissen. Es verstörte ihn, dass Kreutzer, der in den vergangenen Jahren kaum ein Wort über sein Privatleben verloren hatte, jetzt so offen von seinen Eheproblemen sprach.
    „Nun ja, wir sind nicht das erste Paar mit diesen Schwierigkeiten und werden auch nicht das letzte gewesen sein“, fuhr Kreutzer fort. „Sie wissen vielleicht wovon ich rede, Sie haben ja auch schon eine Ehe hinter sich. Ich habe Ihnen ja schon erzählt, dass Elke Volkmer und ich uns seit Jahren durch unsere Arbeit im Tennisclub und im Geschichtsverein kennen. Wie auch immer, damals kamen wir uns näher. Schließlich begannen wir eine Affäre, die mit der Zeit zu einer Beziehung wurde. Es kam mir so vor, als wäre sie in allem das genaue Gegenteil meiner Frau, wissen Sie. Elke stand mit beiden Füßen mitten im Leben. Sie war gebildet, humorvoll und selbstbewusst. Anjas Stärken liegen mehr im häuslichen Bereich, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
    Velten hatte Anja Kreutzer nur wenige Male gesehen und als ziemlich unscheinbar in Erinnerung behalten. Er fand, dass eine graue Maus wie sie genau die passende Ehefrau für seinen spröden und biederen Chef war, behielt das aber für sich. „Wie lange waren Sie mit Elke Volkmer zusammen?“
    „Länger als ein Jahr. Sie erholte sich damals gerade von dem Verlust fast ihres gesamten Vermögens, um das sie dieser dubiose Finanzjongleur gebracht hatte. Ich hatte Ihnen ja davon erzählt. Irgendwann begann sie, sich mit diesem Alexander Stürmer zu treffen. Ich habe ihn immer für einen eingebildeten Schwätzer gehalten, aber sie war ganz begeistert von ihm.“
    „So begeistert, dass sie mit ihm eine Beziehung begann.“
    Kreutzer nickte. „Sie hat mich gewissermaßen über Nacht abserviert und nahm noch nicht einmal meine Anrufe entgegen. Als er dann verschwand und ein paar Monate später tot aufgefunden wurde, war ich darüber offen gesagt nicht gerade unglücklich. Ich hoffte natürlich auf eine zweite Chance, aber Elke hatte daran kein Interesse. Ich hatte das Gefühl, dass sie sehr schnell nach Stürmers Tod einen neuen Mann kennengelernt hatte. Allerdings habe ich sie nie mit einem Anderen gesehen.“ Kreutzer starrte lange auf einen imaginären Punkt im Blattwerk eines knorrigen Birnenbaums. Dann wandte er sich wieder Velten zu: „Die Zeit mit Stürmer hatte sie verändert, ich erkannte sie kaum wieder. Wir wurden dann trotzdem so etwas wie Freunde, sofern das nach einer Beziehung überhaupt möglich ist. Ich habe diese Frau wirklich geliebt, und auf eine gewisse Weise tue ich das noch immer. Als ich heute Morgen von ihrem Tod erfuhr, hat es mich regelrecht umgehauen.“
    Velten hätte seinem Chef die nächste Frage gerne erspart, doch sie ließ sich nicht umgehen: „Haben Sie etwas mit Stürmers Tod zu tun?“
    Kreutzer lächelte bitter: „Durch meine Heimlichtuerei Ihnen gegenüber habe ich diese Frage wohl verdient. Die Antwort ist nein. Auch wenn ich es nicht bedauert habe, dass Elkes Liebhaber von der Bildfläche verschwand, bin ich weder ein Mörder noch ein Totschläger. Ich hoffe, Sie glauben mir das.“
     
    - - -
     
    Während Velten mit Kreutzer sprach, arbeitete Katja an ihrem Beitrag über Elke Volkmers rätselhaften Selbstmord. Sie konzentrierte sich auf die allgemein bekannten Fakten und verwendete keine der sensiblen Informationen aus dem persönlichen Umfeld der Toten, die sie im Lauf des Tages von Susanne Staller, Edda Sahm und Eric Linaud erfahren hatte.
     
    Prominente Waldenthaler Zahnärztin tot aufgefunden
    Von Katja Marcks
    Am Freitagmorgen wurde die bekannte Zahnärztin Dr. Elke Volkmer (46) tot in ihrer Waldenthaler Praxis aufgefunden. Aus Polizeikreisen verlautete, dass derzeit ein Selbstmord als wahrscheinlichste Todesursache angenommen wird. Eine offizielle Stellungnahme war vor dem Vorliegen der Obduktionsergebnisse allerdings nicht zu erhalten.
    Dr. Volkmer genoss wegen ihres vielfältigen kulturellen und sozialen Engagements hohes Ansehen. Die Trägerin des Ehrenrings der Stadt Waldenthal war außerdem seit vielen Jahren aktives

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