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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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überschlugen sich und kehrten dann zu der Begebenheit heute Morgen in der Grotte zurück. Sie war Maria begegnet, hatte die Liebkosung der Muttergottes gespürt und klar und deutlich ihre Worte vernommen:
Sei bereit
 … Im Lauf des Tages hatte die Botschaft für sie immer wieder eine neue Bedeutung erhalten. Anfangs war sie überzeugt, dass sie sich auf Seamus’ überraschende Ankunft bezog, dann glaubte sie, dass es um die Suche nach Kathleen ging. Und nun …
    Plötzlich bog Tom von der Bellevue Avenue auf den Memorial Boulevard ab, der zum Easton’s Beach führte statt in die entgegengesetzte Richtung, zu den Piers und dem Brückenhaus. Zuerst dachte Bernie, er hätte sich verfahren. Sie wollte ihn schon darauf hinweisen, doch dann sah sie die Entschlossenheit in seinen Augen und wusste, dass er ein bestimmtes Ziel anstrebte:
Es kann nicht so weitergehen, es muss sich etwas zwischen uns ändern.
    Am Fuß des steilen Hügels fuhr ein Kleinbus mit Surfern an den Straßenrand und parkte in der Haltebucht. Easton’s Beach erstreckte sich halbmondförmig zwischen den Landzungen von Newport und Middletown; lange Wellen brandeten an den Strand, Gischt sprühte von den Kämmen. Tom stieg aus, dann hielt er Bernie die Tür auf.
    »Ich habe nicht damit gerechnet, dass wir einen Zwischenstopp einlegen«, sagte sie.
    »Ich weiß. Bitte hab Geduld mit mir, Bernie.«
    »Tom …« Sie dachte an Seamus, der sich mit Kathleen, Regis und den Mädchen auf dem Weg ins Star of the Sea befand. Sie wollte vor ihnen da sein und sie gebührend in Empfang nehmen. Doch ein Blick in Toms Augen verriet ihr, wie ernst und wichtig sein Vorhaben war. Er hatte gesagt, es müsse sich etwas ändern, und plötzlich kam ihr die Botschaft wieder in den Sinn:
Sei bereit …
Bernie nickte und stieg aus.
    Die Luft war kühl, und ein starker, stetiger Wind wehte vom Meer herüber. Sie stiegen den Hügel etwa bis zur Hälfte hinauf, überquerten eine grüne Rasenfläche und passierten ein Tor, hinter dem ein schmaler Schotterpfad begann. Sie befanden sich auf einer Klippe. Bernies Haut prickelte. Sie sah Tom an.
    »Ein Spaziergang auf der Klippe?«, sagte sie.
    Er lächelte schweigend und ging voraus.
    Zu ihrer Rechten, auf der Landseite, führte der Weg an Häusern, weitläufigen Anwesen und den imposanten Gebäuden der Universität Salve Regina vorbei. Auf der meerwärts gelegenen Seite linker Hand fiel er steil zu den Klippen, zum Meer ab. Wellen brandeten mit voller Wucht gegen die Felsen, die weiße Gischt spritzte meterhoch auf. Bernie riskierte einen Blick in die Tiefe und hielt die Luft an.
    »Atemberaubend!«
    »Das ist der Cliff Walk.« Tom ergriff ihre Hände.
    »Ich weiß. Ich war schon mehrmals hier …«
    »Aber nie mit mir.«
    »Das Panorama erinnert mich an Irland.«
    »An einen ganz bestimmten Tag, Bernie. Ich weiß.«
    Eine Gruppe Touristen ging vorüber. Falls sie es merkwürdig fanden, dass sich eine Nonne und ein Mann an den Händen hielten, ließen sie es sich nicht anmerken.
    »Es gibt so vieles, was ich mit dir zusammen anschauen möchte«, fuhr er fort. »Doch bei dem Leben, das wir führen, war das nie möglich. Ich habe nachts oft wach gelegen und mir ausgemalt, wohin wir reisen würden. Zum Beispiel nach Paris, Bernie. Ich möchte mit dir einen Spaziergang an der Seine machen … Und nach Florenz. Ich weiß, wie sehr du Kunst liebst, und wir könnten dort die Museen besuchen.«
    »Tom«, murmelte sie.
    »Oder New York City. Ich möchte mit dir ins Baseballstadion, zu einem Spiel der Yankees, und anschließend machen wir eine Kutschfahrt im Central Park. Oder wir fahren auf die oberste Plattform des Empire State Building, um festzustellen, wie viele Bundesstaaten wir sehen können. Und nicht zu vergessen Ellis Island, um einen Blick auf die Schiffe zu werfen, mit denen unsere Vorfahren aus Irland kamen. Und ich möchte noch einmal mit dir nach Irland. Dieses Mal, ohne etwas zu suchen. Nur um mit dir zusammen zu sein.«
    »Weißt du, wie wunderbar das klingt?«
    »
Ich
weiß es.« Er berührte ihr Gesicht mit seiner rauhen Hand.
    »Ach Tom, das haben wir doch schon alles besprochen.«
    »Nicht unter diesen Voraussetzungen.« Er schüttelte beharrlich den Kopf. »Hast du den Blick in seinen Augen gesehen, als er aus dem Haus kam, Kathleen auf den Armen? Er war verrückt vor Liebe zu ihr, aber völlig in Frieden mit sich und der Welt – beides zugleich. Und genau das empfinde ich, wenn ich mit dir zusammen bin, Bernie.

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