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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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leise.
    »Das Gefühl kennen wir beide aus eigener Erfahrung.«
    »Du sagst es.«
    »Kathleen Murphy?«
    »Aus Newport, Rhode Island. Ich habe ihm eine Postkarte gebracht, die sie Schwester Anastasia im Kinderheim geschickt hatte, und man hätte meinen können, es sei der Heilige Gral. Und dann habe ich sie versehentlich mit meinen Blutspritzern unleserlich gemacht.«
    »Diese vermaledeiten Türen.«
    »Ich bin nicht gegen eine Tür gelaufen, wie du vorhin schon ganz richtig vermutet hast.«
    »Was hast du gemacht – dir vor seinen Augen die Pulsadern aufgeschnitten?«
    Tom schüttelte den Kopf. »Es gab ein kleines Handgemenge, weil er nicht sonderlich begeistert war, als seine Mutter und ich auftauchten, und er mit Nachdruck darauf bestand, dass wir ihn in Ruhe lassen.«
    »Dachte ich mir doch, dass deine Nase krummer aussieht als nach dem letzten Bruch.« Johns Blick durchdrang die einsetzende Dunkelheit. »Und dein Auge befindet sich ebenfalls in einem beklagenswerten Zustand. Der Bursche hat offensichtlich ein paar astreine Treffer gelandet.«
    Tom nickte. »Er hat, wie es scheint, gelernt, sich im Straßenkampf zu behaupten.«
    »Das kann nur jemand sagen, der Erfahrung hat.«
    »Stimmt, und nicht zu knapp. Er hat nicht gerade den leichten Weg gewählt.«
    »Auch dazu kann ich nur sagen: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.«
    »Er hat zeitweise auf der Straße geschlafen.«
    »Ich weiß, dass man es nicht vergleichen kann, aber du auch.«
    Tom nickte. John hatte miterlebt, wie er gegen die Bastion aufbegehrte, in der sich die Kellys verschanzt hatten – das Leben im teuren Internat, das Debütanten-Gehabe, die rauschenden Ballnächte, die Country-Club-Schickeria. Er hatte das Weite gesucht, war per Anhalter durchs Land gereist, alles andere als auf Rosen gebettet. Unterwegs war er mehrmals in Wirtshausschlägereien verwickelt worden.
    »Was sagt Bernie dazu?«, fragte John.
    Ihren Namen zu hören, sie im Flugzeug oder am Tisch mit ihrer Familie sitzen zu sehen, als wäre sie kurz davor, zusammenzubrechen – was sie jedoch niemals zulassen würde –, raubte ihm fast den Verstand.
    »Du hättest deine Schwester nicht wiedererkannt«, sagte Tom. »Zum einen hat sie Beihilfe zum Einbruch geleistet, als ich in Irland an ein Geheimfach in einem verschlossenen Raum des Konvents herankommen musste. Und zum anderen hat sie ihren Schleier heruntergerissen und zu Boden geworfen.«
    »Meine Schwester?«
    »Was wundert dich? Ihre Beteiligung an einem Einbruch oder dass sie ihren Schleier abgelegt hat?«
    »Beides, ehrlich gesagt. Obwohl, so erstaunlich ist es im Grunde nicht. Ich habe seit vielen Jahren mehr oder weniger damit gerechnet, dass sie irgendwann aus dem Kloster austritt. Ich weiß, dass sie sich infolge der Vision für ein gottgeweihtes Leben entschieden hat. Aber ich sehe auch, wie eng ihr Verhältnis zu meinen Kindern ist. Und zu ihren Schülerinnen. Sie war eine phantastische ältere Schwester. Und ich bin sicher, sie wäre eine großartige Mutter. Und nicht zu vergessen die Geschichte mit dir.«
    »Was ist damit?«
    John zuckte mit den Schultern. Tom sah auf die weitläufige dunkle Fläche des Wassers hinaus, das unter den hellen Herbststernen glänzte. Es bewegte sich langsam und geheimnisvoll, und es hatte etwas an sich, das ihn schaudern ließ. Er wusste, was immer John ihm zu sagen hatte, würde alles nur noch schwerer machen und ihn nicht umstimmen, sondern in dem Entschluss bestärken, den er im Flugzeug gefasst hatte.
    »Ich habe nie verstanden, warum Gott ihr eine solche Prüfung auferlegt hat«, erwiderte John ruhig, in die gleiche Richtung blickend.
    »Was für eine Prüfung?«
    »Sie ist ein herzensguter Mensch. Voller Liebe. Sie hätte in jedem anderen Bereich ganze Arbeit geleistet, egal, ob als Nonne oder im Rahmen ihrer Familie. Warum in drei Teufels Namen hat Gott sie auf diese Weise geprüft?« Er wandte sich Tom zu und rang sich ein Lächeln ab. »Und dich auch. Warum hat er euch das alles abverlangt?«
    »Da fragst du besser einen Theologen. Ich komme zu keinem Schluss. Und ich muss aufhören, mir den Kopf darüber zu zerbrechen.« Er schickte sich zum Gehen an – nicht zum Haus der Sullivans, wo das Abendessen noch in vollem Gang war, sondern in die entgegengesetzte Richtung, dem Fluss zu, wo sich sein eigenes Cottage befand. »Tu mir einen Gefallen«, fügte er hinzu. »Sag, dass ich das Leck im Rohr ausbessern muss. Ich gehe nach Hause.«
    »Ach komm, Tom! Die Mädchen

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