Eine franzoesische Affaere
ihr
stammt. Ich dachte, er hätte ihn irgendwo bei einem Antiquitätenhändler für
mich gekauft…“, erklärte sie ihm mit trauriger Stimme und drehte das Papier
dann um, so dass die andere Kopie für Malcolm zu sehen sein würde.
„Das ist sie…
etwa ein halbes Jahr nach meiner Geburt… Überdosis. Ich hatte gehofft, sie hier
zu finden… Im Nachlass meines Vaters fand ich vor ein paar Monaten einen Brief…
Der Ton darin war sehr persönlich… So als ging es dabei um eine ehemalige
Geliebte, er war nur mit einem J. gezeichnet… Es stand darin, dass es ihr leid
täte… immer wieder. Und dann so merkwürdige Andeutungen von Zeichen und dass
ich in Paris nicht sicher wäre… Ich glaubte, er stammte von meiner Mutter, also
machte ich mich auf die Suche, die hier endet!“
Sid hob das Bild ein Stückchen höher und ließ dann den Arm kraftlos an ihre
Seite fallen.
„Mein Vater
hat also nicht gelogen, als er mir immer sagte, meine Mutter sei kurz nach
meiner Geburt gestorben. Sonst hat er nie über sie gesprochen… Ich wusste nicht
einmal ihren Namen… Jetzt weiß ich, warum er so handelte. Das ist doch auch
etwas.“
Sid konnte ihre Stimme nicht mehr kontrollieren und man hörte sie deutlich
wackeln, dann flossen die Tränen stärker denn je. Sie wandte den gesenkten Kopf
in Richtung Fenster und die zerknitterten Blätter glitten aus ihren schwachen
Fingern, so wie alles andere wie feinkörniger Sand zwischen ihren Fingern
zerrann, um eine staubige Leere zu hinterlassen.
"Oh Sid!
- Sid! Es tut mir so leid."
Vollkommen geschockt, weil er nicht im Mindesten geahnt hatte, was in ihr
vorging und überhaupt nicht mehr wütend versuchte Malcolm, Sid in die Arme zu
nehmen. Sie weinte mit einem Mal so sehr, dass er fürchtete, sie könnte nicht
mehr damit aufhören. Die Leere in ihr war beängstigend. Ihre Gefühle
verwandelten sich mit einem Mal in ein schwarzes, ungreifbares Nichts und er
stand vollkommen hilflos da, hielt sie fest und wollte nichts mehr, als die
letzten fünfundvierzig Minuten dieses Abends rückgängig zu machen. Sie hatte
ihm tatsächlich gesagt, was er so unbedingt hatte wissen wollen, doch wie hatte
er sie dafür behandelt? Er hätte sie nicht anschreien dürfen. Genauso wenig,
wie er die Wahrheit hatte sagen oder seine Fähigkeiten hatte demonstrieren
müssen. Es gab immer einen anderen Weg. Er hatte sich dazu verleiten lassen,
den falschen zu nehmen und ihr weh zu tun. Dafür musste er sie nicht schlagen.
Es war die ganze Art, wie er mit ihr umging. Fiona hatte Recht. Er schaffte es
immer wieder zu übertreiben und den vollkommen falschen Zeitpunkt dafür
abzupassen.
"Es tut
mir wirklich so unglaublich leid." Malcolm hob sie auf seine Arme. Die
Couch war zu unbequem für einen solchen Moment und Sid war sehr müde und
erschöpft. Er trug sie ins Schlafzimmer rüber und setzte sie dort auf eine
gepolsterte Banktruhe, strich ihr liebevoll und nicht mehr abweisend über die
Wange, um dann das Bett hinter ihr aufzuschlagen. Er hatte nichts Unanständiges
vor, als er ihr danach zuerst die Tasche abnahm, ihre Schuhe auszog, sie erneut
hochhob und auf das Bett setzte.
"Ich bin gleich wieder da."
Im Wohnzimmer brannte schließlich noch Licht. Das löschte er, nachdem er die
fallen gelassenen Zeitungsausschnitte von ihren Eltern aufgehoben und
ordentlich auf den Couchtisch gelegt hatte. Das Licht im Bad konnte weiter
brennen. Es schien angenehm und nicht zu grell ins Schlafzimmer hinein. Genug
Helligkeit für sie beide. Die schweren Stiefel landeten achtlos irgendwo in den
Tiefen seines begehbaren Kleiderschranks, in den er die Treter kurzerhand
hineinwarf. Noch einmal prüfte er seinen Körper auf Waffen, hatte aber alle trotz
seiner Gedankenlosigkeit ordnungsgemäß abgelegt.
Mit einer fließenden Bewegung war er auf der anderen Seite vom Bett, legte sich
halb aufrecht geradewegs in die Mitte der Matratze, umgeben von Decken und
Kissen, die denen in seinem Elternhaus gleich kamen und streckte Sid einen Arm
entgegen.
"Komm
her. Lass dich weiter trösten. Sag nicht, dass du jetzt allein sein möchtest.
Ich würde auch nicht allein sein wollen. Es tut mir wirklich leid."
Malcolm sagte es leise, fast beschwörend, weil er nicht mehr vorhatte, sich mit
ihr zu streiten oder altklug zu sein.
"Es wird nichts passieren, Sid. Ich will dich einfach nur halten und für
dich da sein."
Morgen früh würde er sie noch vor der Arbeit zu Romana Kiss in die Detektei
bringen. Vielleicht ließ sich mit den
Weitere Kostenlose Bücher