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Eine franzoesische Affaere

Eine franzoesische Affaere

Titel: Eine franzoesische Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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aus welchen Gründen auch immer. Es war ihre Schuld, so
wie sie es zu ihm gesagt hatte. Sie mochte seinen Panzer nicht durchdringen
können, aber er war mühelos zu ihr durchgedrungen, weil sie niemals einen
solchen Schutz besessen hatte. Sie reagierte vielleicht zu empfindlich, weil
sie eben noch über ihren Vater gesprochen hatte. Er konnte ja nicht wissen… Die
Tränen in ihren Augen musste sie unbedingt zurückhalten. Malcolm verabscheute
solche Ausbrüche sicher.
    „Ich muss
jetzt gehen“, sagte er schlicht, weil er es sich nicht leisten wollte, zu spät
dran zu sein. Das Gesicht schon wieder finster und verschlossen. Er bedauerte
zum ersten Mal in seinem Leben, nicht länger bleiben zu können, weil die Arbeit
ihn rief. Seine andere Arbeit. Die außerhalb der IT-Branche. Sid sah ihn nicht
einmal mehr an. Sie wich ihm aus und schob die halb geleerten Tassen zusammen.
Sie bereute wahrscheinlich schon, sich so sehr vom Mond, der auf sie garantiert
nicht so eine Wirkung hatte wie auf ihn, beeinflussen lassen zu haben. In ihren
Augenwinkeln glaubte er ein verräterisches Glitzern auszumachen, das ihre
dunkelgrauen Augen noch dunkler machte.
Er konnte nicht anders, langte forsch nach ihrem Kinn und drehte ihr Gesicht in
einem schier wahnwitzigen Verlangen nach mehr zu sich zurück und drückte seinen
Mund auf ihren. Nur ganz kurz gestattete er sich, alle Barrieren, mit denen er
sich umgab, fallen zu lassen und sich einfach nur diesem wunderbaren Gefühl
hinzugeben, das sie in ihm auslöste, als er mit seiner Zunge ihre tatsächlich
samtweichen, natürlich roten Lippen teilte. Er tauchte in heißes Feuer, das ihn
einhüllte und alle Vorsicht, jeden noch so kleinen Funken Verstand im Nu
auszulöschen drohte. Eine Sekunde lang war ihm das tatsächlich egal. Er wollte
sie einfach nur küssen.
Doch kaum hatte Sid angefangen, seinen Kuss zu erwidern, löste sich Malcolm
auch schon wieder von ihr.
    Sid konnte
nicht einmal Luft holen, um sich bei ihm für ihr völlig unangebrachtes
Verhalten zu entschuldigen, da lag sein Mund auch schon auf ihrem. Fegefeuer
beschrieb die Hitze, die in ihr aufstieg, nicht annähernd. Es dauert ein paar
Sekunden, bis sie den Kuss erwidern konnte. Leider löste er sich gleich wieder
von ihr und ließ sie mit einem Gefühl der Leere zurück. Nicht aufhören!
Bitte, nicht aufhören!
    „Ich muss
wirklich gehen, Sid. – Gute Nacht.“
Ein letzter zärtlich gehauchter Kuss auf den Haaransatz, dann hatte er seine
Fassung wiedergewonnen, richtete sich auf und ließ sie stehen.
    Sid blieb
einen Moment wie vom Donner gerührt zurück. Sein Kuss brannte auf ihren Lippen.
War das seine Art zu sagen, dass es möglich gewesen wäre, wenn nicht etwas oder
jemand zwischen ihnen stehen würde? Hastig griff sie nach den Tassen und
brachte sie in die Küche, wo sie sie in die Spüle abstellte, in der der Topf
und die Kanne schon lagen. Sie drehte das Wasser auf und widmete sich mit
energischen Bewegungen dem Abwasch, ohne sich darum zu kümmern, dass das Wasser
den Verband durchdrang und die Wunde brennen ließ. Nun flossen die Tränen doch,
aber es würde niemand hören, das Rauschen des Wasserhahnes würde es übertönen.
    Draußen vor
dem Gebäude nahm Malcolm erst einmal einen tiefen Atemzug voll frischer Luft.
Ein Blick zum Mond folgte, als würde er dort die Antwort auf sein
unverantwortliches Handeln finden. Er hatte einen Menschen geküsst. Ein
Mädchen, wenn man ihr Alter und seines verglich. Das hätte er nicht tun dürfen
und doch...
Malcolm ging um das Gebäude herum, um einen letzten Blick aus kurzer Distanz in
das hell erleuchtete Ladenfenster zu werfen. Sid nicht mehr hinterm Tresen und
die Tassen wie in derselben Eile, mit der er fort musste, abgeräumt zu sehen,
schmerzte ihn etwas. Aber was hätte er denn anderes erwartet?
Er entmaterialisierte sich und tauchte im nächsten Moment wieder im Restaurant
an der Theke auf. Sid hantierte mit irgendetwas in der Küche. Wahrscheinlich
schon wieder ganz in ihre Musik vertieft.
Malcolm lächelte. Diesmal fiel es ihm nicht schwer. Er nahm einen Notizblock,
die im Stapel samt Bleistiften bei der Registrierkasse lagen und entwarf eine
kleine Nachricht, die Sid hoffentlich besänftigen würde. Dann griff er erneut
in die Innentasche seines Mantels und zog eine Rose heraus, mit der er den
abgerissenen Zettel beschwerte, bevor er den Block an dessen ursprünglichen
Platz zurücklegte.
Eine weiße Rose, die mit schwarzen Äderchen marmoriert war und

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