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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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Minuten später brachte dieselbe dämliche Reporterin mein Argument vor, praktisch wortwörtlich, ohne zu erwähnen, dass es von mir stammte. Ich rastete völlig aus.
    »Diese hinterhältige Schlampe. Vergreift sich an meinem
geistigen Eigentum!«, zeterte ich. Doch da ich ein gutmütiger Trottel bin, beschloss ich, ihr noch eine Chance zu geben. Gleich am nächsten Morgen schickte ich dem kleinen Miststück eine Mail mit einem weiteren brillanten Argument. Diesmal las ich Tim die Mail vor, bevor ich sie abschickte. Mit einem nachsichtigen Seufzer wandte er sich wieder seinem Müsli und seiner Zeitung zu. Und siehe da, nur wenige Minuten später führte sie mein Argument an (es war unübersehbar, dass sie meine Mail von jemandem über ihren Ohrstöpsel vorgelesen bekam). Tim, der genau dieselben Worte aus dem Fernseher hörte wie gerade noch aus meinem Mund, verschluckte sich erneut, fuhr herum und sah mich fragend an. Ich nickte, um ihn zu beruhigen, dass mit seinem Verstand alles in Ordnung war, dann warteten wir beide mit angehaltenem Atem. Diesmal erwähnte mich dieses hinterlistige Miststück nicht einmal. Der werde ich es zeigen . Ich schaltete zu einer anderen Reporterin um und drehte dem Miststück den Saft ab. Wollen doch mal sehen, ob ihr auch ohne fremde Hilfe etwas Sinnvolles einfällt. Die wird mich noch anflehen. Betteln wird sie. BETTELN.
    Ich warte noch heute auf ihren Anruf.
    Vielleicht war mein Ausraster zum Teil durch Schlafmangel ausgelöst worden. Die Vögel in diesem Teil des Landes brauchen dringend eine sinnvolle Beschäftigung. Jeden Morgen um drei Uhr fingen sie mit ihrem Gezwitscher an. Das Problem war, dass es kein gewöhnliches Gezwitscher war, sondern mit derart vielen Tonleitern ausgeschmückt, dass sogar Paula Abdul irgendwann sagen würde, dass weniger manchmal mehr ist. Die einzigen anderen derart übertriebenen Zwitscherlaute, die ich gehört hatte, waren die der indianischen Spurenleser in alten B-Western. Nach einer Reihe schlafloser Nächte hatte ich die Nase gestrichen
voll. »Greift endlich das beschissene Fort an, und lasst mich in Ruhe!«, schrie ich.
     
    Da wir zuvor bereits in Oregon gewesen waren, hatten wir vor, lediglich durchzuflutschen, um nach Washington zu gelangen. Doch am Ende war es mein Mittagessen, das während des Großteils der Fahrt durch diesen Bundesstaat um ein Haar durchflutschte - und zwar in die verkehrte Richtung.
    Die Haarnadelkurven auf dem Highway 199 von Kalifornien herauf gaben mir beinahe den Rest. Das Gute daran war, dass die Fahrt meine klinischen Fähigkeiten verbesserte, so dass ich endlich begriff, wieso psychotische Menschen etwas tun, was Therapeuten als »selbstberuhigendes Verhalten« bezeichnen (vor- und zurückschaukeln, Worte wiederholen, Haare zwirbeln und solche Dinge). Das Mantra dieses Psychiaters hier war zwar reichlich fantasielos, aber dennoch recht plastisch, als wir die Windungen des Highway 199 erklommen. »Ichsterbe-ichsterbe-ichsterbeichsterbe.« Es war, als kämen die Worte über meine Lippen, bevor ich mir noch darüber bewusst war, dass mein Verstand sie gebildet hatte.
    Minuten vergingen, ehe ich begriff, was ich da sagte. Der Irrtum lag augenblicklich auf der Hand. Ich habe keine Angst vor dem Sterben. Ich habe Angst, so zu sterben. Und so entstand mein neues Mantra: »Ich sterbe, aber nicht so … ich sterbe, aber nicht so.« Schon bald ertrug ich es nicht mehr und verkündete dramatisch, ich würde in den hinteren Teil des Busses gehen und meinem Leben ein Ende setzen. Wie immer holte Tim mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Diesmal mit der Bemerkung: »Also gehst du ins Badezimmer und schlitzt dir mit der Rasierklinge die
Pulsadern auf?« Der Kerl kassiert allen Ernstes Geld für diesen Unsinn?
    Um etwas zu besichtigen, was ich noch nie gesehen hatte (und um mich von dieser Straße zu erlösen), fuhren wir in der Nähe von Medford ab und machten uns auf den Weg zum Crater Lake, Oregon. Tim war als Kind einmal dort gewesen und erinnerte sich, wie schön es dort war. Leider bekamen wir den Kratersee nicht zu sehen. Nicht dass wir es nicht versucht hätten. Das Problem war, dass es schneite - Mitte Mai. Der Park Ranger informierte uns am Eingang, dass die Sicht gleich null sei. »Ist das oft so?«, wollte ich gerade fragen, als er uns ein Flugblatt mit dem Titel »Tipps für Regentage« in die Hand drückte.
    Trotzdem war es gut, dass wir den Abstecher gemacht hatten, da wir eine hervorragende

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