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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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wild entschlossen war, auf der Couch zu schlafen, weil er meine Zwiebelausdünstungen im Bett nicht ertrug) schien besagte … Freundlichkeit zu fehlen. Als ich meine mittlerweile gewohnte Litanei an Sonderwünschen durchgab, wurde sie diesmal nicht mit dem gewohnten »KEIN PROBLEM« aufgenommen. »Die Dame mag offenbar Saucen, ja?«, schnaubte die Kellnerin stattdessen. Hatte man ihr nicht beigebracht, dass Sarkasmus nicht gleichbedeutend mit Freundlichkeit ist?
    »Da haben wir ja eine echte Gewürzkönigin«, schob sie noch hinterher, als ich meine Bestellung vollends durchgegeben hatte. Ich tröstete mich damit, dass sie mir wenigstens eine Art Erhöhung meines Adelstitels zuteilwerden ließ und mich als »Königin« statt als »Prinzessin« titulierte. Tim, der bei meinen Bestellexzessen stets die Augen verdreht (und seine eigene Bestellung voller Stolz mit einem »und ich nehme es genauso, wie es auf der Karte steht«
durchgibt), hatte Mühe, dass ihm angesichts meiner gewürztechnischen Krönung nicht sein Mineralwasser durch die Nasenlöcher herauskam. Zu unserer aller Leidwesen bemerkte ich, dass auf meinem Eisteeglas »Nachschenken frei« stand. Sie müssen wissen, dass bei Friendly’s alles mit »Fr« aufgepeppt ist. Die Erdbeershakes heißen »Frerdbeershake«, die Burgers »Frurgers« und so weiter. Also fragte ich die Frellnerin, wieso auf den Gläsern eigentlich nicht »Freischenker« stünde. Sie sah mich ein wenig befremdet an, bis der Groschen fiel, dann kniff sie die Augen in einer alles andere als freundlichen Art zusammen.
    »Freischenker. Wie süß. Ich werde es an die Geschäftsleitung weiterleiten. Noch etwas, das sie uns an den Kopf werfen können.«
    Dies war das letzte Mal, dass wir zu Friendly’s essen gingen.
     
    Anfang Oktober kamen wir nach New Hampshire, vorwiegend um den knapp zweitausend Meter hohen Mount Washington zu erklimmen (natürlich mit dem Wagen). Als wir in der Schlange am Eingang warteten, sprang ich aus dem Jeep, um ein paar Fotos eines Baches zu machen, in dem sich Schattierungen der herbstlich gefärbten Bäume widerspiegelten. Die Luft fühlte sich warm an, obwohl die ersten Anzeichen des nahenden Winters zu spüren waren und für einen Moment den vertrauten Wunsch heraufbeschworen, alles möge so bleiben, wie es war. Ich dachte daran, welches Glück wir hatten, das hier tun zu können, all das sehen und erleben zu können, was sich uns bisher geboten hatte, und mir wurde bewusst, dass ich dieses Glück einzig und allein Tim zu verdanken hatte.
    Eilig ging ich zum Jeep zurück, um es ihm zu sagen, mit
der Einschränkung, dass ich, sollte er es jemals wiederholen, all mein Wissen um diese Aussage zurücknehmen und nie wieder etwas Nettes zu ihm sagen würde. Und er glaubte mir auf der Stelle. Er erwähnte es nie wieder, obwohl ich häufig spürte, als wir ähnlich bedeutungsvolle Momente teilten, dass er sich trotzdem daran erinnerte.
    Der Ausblick vom Gipfel aus war atemberaubend, auch wenn es eiskalt war. Richtig kalt. Kein Wunder wurde dort oben 1934 die heftigste Windbö der Welt gemessen - 372 Stundenkilometer. Tim schlug vor, ich solle mir lieber Steine in die Taschen stecken. Stattdessen hielt ich mich die ganze Zeit an ihm fest, besonders nachdem mir aufgefallen war, dass eines der Häuser dort mit riesigen, vom Dach bis zum Boden reichenden Ketten befestigt war.
    Von dort aus fuhren wir weiter nach Vermont, in die Nähe von Montpelier, wo uns ein nicht minder eindrucksvolles Farbenspiel und Lokalkolorit erwartete. Dort lernten wir ein anderes Bus-Pärchen kennen. Die Frau war um die sechzig und leidenschaftlicher Jimmy-Buffet-Fan, auch Parrot Head genannt, deren Traum wahr geworden war, als sie einen Kostümwettbewerb gewonnen hatte und mit ihrem Idol auf der Bühne tanzen durfte. Ich erkannte sie auf den ersten Blick als Prinzessinnen-Kollegin wieder (sie stammten tatsächlich aus Long Island), trotz ihres Reiseinkognitos und der Fassade dieser reichlich schrägen Star-Fixierung.
    »Ich amüsiere mich einfach köstlich. Ich bin regelrecht berauscht vom Leben. Solange ich Jimmy Buffet habe, brauche ich keine Drogen«, verkündete sie. Ich hatte Zweifel, doch am Ende überzeugten mich ihre grenzenlose Energie und ihr Optimismus. Ich kaufte mir sofort eine CD von Jimmy Buffet und richtete mir sogar »Margaritaville« als einen meiner Klingeltöne ein.

    Es war nicht ungewöhnlich, dass wir auf dem Campingplatz neue Leute kennen lernten. Na schön, meistens war

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