Eine Frau flieht vor einer Nachricht
ich ihn vielleicht überzeugen, dass wir da hineingehen, aber was soll ich mit Avram hier, und an der Kreuzung fuhren sie auf die 85, weiter bis zur Kreuzung Amiad. Ora war inzwischen, ohne dass sie es gemerkt hatte, die Wut auf Sami vergangen, so war es immer, sie erhitzte sich schnell und kühlte auch schnell wieder ab oder vergaß sogar für einen Augenblick, dass sie wütend war, und sie sagte, es gibt hier ein kleines Restaurant, Ein schöner Platz zum Kaffee , an guten Tagen sieht man von hier den See Genezareth, und jeden Tag die schöne Besitzerin – sie lächelte ihn versöhnlich an, doch Sami reagierte nicht, weigerte sich auch, auf den Apfel oder die Schokoladenstücke, die sie ihm reichte, zu reagieren. Sie streckte sich, lockerte sich hier und da ein bisschen, da fiel ihr ein, dass sie ihm am Nachmittag noch nicht einmal die Geschichte von der Augenkrankheit ihres Vaters zu Ende erzählt hatte, und von der Operation, die er zum Schluss hatte machen lassen, um das Auge, das noch sah, zu retten, ja, das war doch erst wenige Stunden her. Plötzlich störte es sie, dass die Geschichte so in der Luft hing, obwohl sie genau wusste, dass es von da, wo sie sich jetzt befanden, wohl keinen Weg mehr zurück zu dem Ton gab, in dem man das Ende erzählen konnte, aber gut, dass sie sich an die Geschichte erinnerte, dachte sie, setzte sich bequemer hin und schloss die Augen, denn dank dieser Geschichte konnte sie mit Ofer sein, nur ihm war es zu verdanken gewesen, dass ihr Vater in die Operation eingewilligt hatte. Ofer hatte darauf bestanden, in der Nacht nach der Operation bei ihrem Vater im Krankenhaus zu bleiben, und hatte ihn dann auch zusammen mit ihr nach Hause gefahren, und er war so sanft gefahren, dass sie ganz glücklich war. Sie erinnerte sich, wie Ofer ihren Vater vorsichtig vom Auto zum Haus geführt, wie er ihn auf dem schmalen Weg durch die Siedlung gestützt hatte, da hatte ihr Vater plötzlich staunend auf die Wiese und die Pflanzen im Garten gezeigt; nach fünfzehn Jahren fast völliger Blindheit waren in seinem Gehirn die Farben durcheinandergekommen, und oft hatte er Schatten für echte Gegenstände gehalten. Ofer begriff auf Anhieb, was da geschah, und übersetzte für ihn, was er sah, benannte die verschiedenen Farben, erinnerte ihn vorsichtig anBlau, Gelb, Grün, Lila, und ihr Vater zeigte mit seiner schmalen Hand auf dies oder das und lernte mit Ofer die Farben. Ora war hinter ihnen gegangen, hatte Ofer gelauscht und sich gesagt, er würde mal ein wunderbarer Vater sein. Und so hatte er ihren Vater die Treppe zur Wohnung hinaufgeführt, immer einen Arm um seine Schultern, und geschickt jedes Hindernis aus dem Weg gekickt. Als sie in die Wohnung kamen, war ihre Mutter wie zufällig in der Speisekammer verschwunden, was Ofer registrierte und sofort begriff, und er führte ihren Vater weiter, Hand in Hand, so dass er das erste Mal die Fotos der Enkel auf der Anrichte sah, danach führte er ihn durch die Zimmer, zeigte ihm die Möbel, die in den Jahren seiner Blindheit angeschafft worden waren, und ihre Mutter versteckte sich noch immer. Da hatte Ofer eine Idee, er nahm ihren Vater mit in die Küche, sie stellten sich vor den geöffneten Kühlschrank, und ihr Vater staunte – wie bunt ist das Gemüse und das Obst! Zu meiner Zeit war das nicht so! Von jeder neuen Sache, die er sah, erzählte er Ofer begeistert, als wolle er ihm dieses erstmalige Sehen zum Geschenk machen, und in dieser ganzen Zeit hielt sich ihre Mutter in den anderen Zimmern versteckt, und ihr Vater fragte auch nicht nach ihr. Ofer erwähnte sie nicht, bis sie endlich in dem kleinen Fenster, das die Speisekammer und das Badezimmer miteinander verband, erschien und ihr Gesicht seinem Blick darbot, da stand Ofer mit ihrem Vater, strich ihm immer wieder sanft über den Rücken und machte der Oma ein heimliches Zeichen, sie solle lächeln.
Sami hatte das Radio eingeschaltet, auf dem Militärsender sprach in einer Sonder-Nachrichtensendung der Ministerpräsident. Die israelische Regierung sei fest entschlossen, den Todeskult ihrer Feinde zu zerschlagen, sagte er, und in solchen Momenten dürften auch wir im Kampf gegen einen Feind, der keinerlei moralische Bedenken kenne, zum Schutz unserer Kinder …
Sofort hatte er auf einen arabischen Sender umgestellt, wo der Sprecher, untermalt von Militärmusik, ein flammendes Manifest verlas. Ora hatte geschluckt. Sie würde nichts sagen. Er hatte das Recht, den Sender zu hören, den er
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