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Eine Frau für Caracas

Eine Frau für Caracas

Titel: Eine Frau für Caracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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ersten Augenblick davon betroffen, vielleicht sogar ein wenig erschreckt. Aber daß Severin eines Tages auf tauchen würde, war ihr ja nicht unbekannt. Und ob das nun ein wenig früher oder später geschieht, spielt doch keine allzu große Rolle.«
    »Ja, gewiß, aber ich hatte immer den Eindruck, sie lebe in einer gewissen Furcht, daß er sich ihr wieder zu nähern versuchen könne.«
    »Das sagte sie mir auch. Aber ich fand sie nicht übertrieben ängstlich. Meistens ist die Furcht vor einer Gefahr schlimmer als der Augenblick, in dem sie tatsächlich eintritt. Und ob Severins Entlassung wirklich eine Gefahr für sie bedeutet, ist durchaus noch nicht sicher.«
    »Zum mindesten die Gefahr einer Belästigung...«
    »Davor kann sie sich schützen. Und schließlich bin ich auch noch da.«
    »Was hast du damit zu tun?«
    »Anstandshalber habe ich ihr natürlich meinen Schutz angeboten.«
    Gerda kniff ein Auge zu und sah ihn an, als schaue sie durch ein Fernrohr: »Weiter hast du ihr nichts angeboten?«
    »Ich verstehe nicht, was du meinst«, sagte er achselzuckend und klopfte seine Taschen nach den Zigaretten und dem Feuerzeug ab. »Du erlaubst, daß ich rauche?«
    »Du kannst mir auch eine Zigarette geben, Brüderchen«, sagte Gerda mit einem Tonfall, als wäre das Verhör damit für sie beendet.
    »Da ist noch eine Sache, die mir Kummer macht«, sagte er nach einer kleinen Weile, nachdem er ihr Feuer gegeben und seine eigene Zigarette angebrannt hatte. »Du weißt ja, daß ich nicht allein zum Vergnügen hier bin. Ich habe ein gutes Dutzend wichtiger Leute, mit denen ich seit langer Zeit brieflich in Verbindung stehe, nach München bestellt. Und ich kann es weder ihnen noch euch zumuten, sie hier zu empfangen...«
    »Um was für einen heißen Brei schleichst du nun eigentlich herum?« fragte Gerda und sah ihn aufmerksam an.
    »Ich habe mir für die nächste Zeit ein Zimmer im >Continental< genommen.«
    »Wann hast du dir das Zimmer genommen?«
    »Oh, ich habe es bereits vor meiner Abreise von Caracas per Kabel bestellt...«
    »So, so, per Kabel...!« hüstelte Gerda und trommelte mit den Fingerspitzen einen kleinen Wirbel auf den Tisch. »Kabel klingt gut. Kabel klingt direkt seriös. Aber jetzt hör endlich mit diesen albernen Schwindeleien auf und halte mich nicht für dümmer als ich bin! Mir ist es völlig wurscht , wo du deine Nächte verbringst und mit wem du sie verbringst, und es ist mir auch gleich, und es geht mich nichts an, ob du um zwei, oder um fünf oder überhaupt nicht heimkommst. Ich habe nämlich zufällig auf die Uhr gesehen, als du heimkamst. Aber eines muß ich dir sagen: das Hotelzimmer in Verbindung mit Anita Eyssing finde ich ausgesprochen geschmacklos!«
    Er starrte sie verblüfft an und brach in ein herzliches Gelächter aus: »Gerda, um Himmels willen, wo denkst du hin?! Ich habe mir das Hotelzimmer genommen, um in der Stadt bleiben zu können, wenn sich meine Verhandlungen und Besprechungen allzu lange ausdehnen und allzu feucht werden sollten. — Anita Eyssing habe ich vor ihre Haustür gefahren, dann haben wir noch eine gute halbe Stunde lang im Wagen miteinander gesprochen, und dann habe ich mich von ihr verabschiedet!«
    »Entschuldige...«, murmelte Gerda einigermaßen verlegen.
    »Deine Entschuldigung kommt an die falsche Adresse«, sagte er leicht entrüstet.
    »Brich dir nur nichts ab, Brüderchen. Ich gebe zu, daß mir die Phantasie durchgegangen ist. Aber nur, weil ich dich kenne!«
    Er schüttelte bekümmert den Kopf und ging in sein Zimmer hinauf, um ein paar Briefe zu schreiben. Die Tür stand offen, das Zimmer war aufgeräumt, und Christine rieb mit einem Lederlappen den Spiegel über dem Waschbecken blank. Sie überhörte Werners Kommen und schrak zusammen, als er plötzlich hinter ihr stand und ihr durch den Spiegel zulächelte.
    »Es war nett von Ihnen, daß Sie mir helfen wollten, Christinchen. Aber es hat leider nichts genützt. Meine Schwester hat zufällig auf die Uhr gesehen, als ich vom Bummel heimkam. Ich hatte ganz schön geladen. Hoffentlich war ich nicht allzu laut.«
    Christine putzte weiter. Sie polierte genau den Fleck, auf dem sich sein Gesicht spiegelte, und sie rieb die Stelle so heftig, als wolle sie sein Spiegelbild ausradieren.
    »Laut?« sagte sie kühl, »davon habe ich nichts gemerkt. Im Gegenteil, Sie schlichen die Treppe hinauf wie das böse Gewissen.«
    Er hatte noch nie ein Mädchen gesehen, das so erröten konnte wie Christine. Es war, als liefe

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