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Eine Frau für Caracas

Eine Frau für Caracas

Titel: Eine Frau für Caracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Denn der Mensch soll immer die Wahrheit sagen... Vor allem eins, mein Kind, sei treu und wahr... laß nie die Lüge deinen Mund entweih’n ! Mußte ich immer auf sagen, wenn ich gelogen hatte. Und deshalb bin ich Architekt geworden... weil man als Baumensch wahr sein muß... in drei Dimensionen... Länge, Breite, Höhe...«
    Sie hörte ihn noch eine Weile vor sich hin murmeln, immer undeutlicher und leiser, bis seine Stimme ganz verstummte, um sich dann wieder zu erheben, in sanften Schnarchlauten, die sich allmählich steigerten, aber sie zeigten ihr wenigstens an, daß er endlich in Schlaf gefallen war.

    Jemand klopfte gegen seine Tür. »Sieben Uhr, Herr Gisevius! Ich sollte Sie um sieben wecken...«
    »Besten Dank, Christine...!«
    Er richtete sich auf und war ein wenig erstaunt, einen leeren Eimer neben seinem Bett zu entdecken. Die Jacke hing über dem Stuhl, die Hose lag in Bügelfalten auf dem Hocker, aber selber fand er sich mit Oberhemd und Krawatte im Bett... Das Ende des Abends lag ein wenig im Nebel, aber sonst war sein Kopf glasklar und das Gedächtnis funktionierte tadellos. Jedes Wort der Unterhaltung mit Severin war ihm gegenwärtig. Er erhob sich so frisch, als hätte er nichts als klares Brunnenwasser getrunken. Das war eben das angenehme Geheimnis des Whiskys, daß man am andern Tag keine Schmetterlinge im Magen und keinen Froschlaich im Schädel hatte. Die kalte Dusche machte ihn vollends munter, er rasierte sich, kleidete sich an und ging zum Frühstück hinunter. Die Küchentür stand offen, und er sah Christine am Elektroherd wirtschaften.
    »Guten Morgen, Christine«, flüsterte er, »habe ich gestern sehr viel Blödsinn geredet?«
    »Erst zum Schluß, Herr Gisevius«, antwortete sie freimütig, »lieber Gott, haben Sie einen Schlag gehabt...! Ich habe Sie kaum die Treppe hochbekommen. Und singen wollten Sie auch noch... «
    »Hat meine Schwester etwas gemerkt?«
    »Hoffentlich nicht!«
    »He!« rief ihn Dyrenhoff an, »seit wann stehst du am frühen Morgen auf? Ich hatte überhaupt keine Ahnung, daß du hier bist.«
    »Ich muß noch heute vormittag in Mannheim sein. Eine ziemlich wichtige Sache. Und dann habe ich noch in Köln und Stuttgart zu tun. Wahrscheinlich werde ich erst morgen zurückkommen.«
    Sie gingen in das Frühstückszimmer, wo der Tisch bereits gedeckt war, nur für zwei Personen, denn die Kinder tranken ihren Kakao bei Christine in der Küche. Der Kaffee stand bereits unter der Wärmehaube.
    »Mannheim... «, sagte Dyrenhoff, während er ein Brötchen teilte und mit Butter bestrich, »rund dreihundertfünfzig Kilometer... das schaffst du über die Autobahn mit deinem Wagen in drei Stunden oder in dreieinhalb...«
    »Ja, ich möchte unbedingt noch vor Mittag dort sein...«
    »Wie kam das so plötzlich?«
    »Telegramm... «, antwortete Werner lakonisch, »ich fand es gestern abend im Hotel. Aber du könntest mir einen Gefallen tun, Lothar...«
    »Bitte, gem.«
    »Sag doch Frau Eyssing, daß ich plötzlich abberufen wurde. Ich werde mich von Köln oder Stuttgart aus bei ihr melden.«
    Dyrenhoff sah ihn über den Brillenrand hinweg mit einem listigen Schmunzeln an. »Gerda hat mir schon einiges geflüstert... Darf man schon gratulieren?«
    » Laß die Rosen noch am Strauch«, sagte Werner mit einem kleinen Grinsen, »sie bleiben frischer.«
    »Immerhin, du hast keine schlechte Wahl getroffen, äußerlich schon gar nicht, und was ihre Familie betrifft, erst recht nicht, wenn auch... «, er hob die Hand und ließ sie sinken, »na ja, es gibt überall mal was. Der alte Herr muß allerdings ein ganz besonders merkwürdiger Heiliger sein. Fast unverständlich für einen Mann, der so im Leben steht wie er. Alte Apothekerfamilie... Es heißt ja im Volksmund, daß jeder Apotheker seinen kleinen Sparrn hat. Und komischerweise haben die, die ich kenne, tatsächlich alle ihren Tick. Möchte wissen, woher es kommt...«
    »Das wäre ein hübsches Thema für ‘ne Doktorarbeit.«
    Dyrenhoff warf einen Blick auf seine Uhr. »Für mich wird es höchste Zeit. Habe um neun den ersten Termin und muß vorher noch eine Menge erledigen. Wann sieht man dich wieder?«
    »Vielleicht schon morgen.«
    Sie erhoben sich, Dyrenhoff gab Werner einen Schlag auf die Schulter und blinzelte ihm zu: »Alter Glückspilz...! Wenn ich nicht so gut verheiratet wäre, hätte Anita Eyssing mir gefährlich werden können.«
    »Das hättest du mal probieren sollen, dein Gerdachen hätte dich durch die Wäschemangel

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