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Eine Frau in Berlin

Eine Frau in Berlin

Titel: Eine Frau in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonyma
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Bankfilialen erbitten würden.
    »Burgemestr«, so heißt nun dieser Bürgermeister auf russisch. Im Rathaus Volksgewimmel, Gerenne durch die düsteren Gänge. Männer spritzen von Zimmer zu Zimmer; ständig klappern die Türen. Irgendwo tackt eine Schreibmaschine. An einigen Pfeilern, die etwas Licht haben, kleben gleichlautende handgeschriebene Zettel: Danach wird eine Frau, die am 27. April den Verstand verlor und davonlief, von ihren Angehörigen gesucht. »Die Betreffende ist dreiundvierzig Jahre alt, hat schadhafte Zähne, schwarzes gefärbtes Haar und trägt Hausschuhe.«
    Beim Bürgermeister drin ein Schwarm von Männern um den Schreibtisch herum. Sie reden, gestikulieren heftig, ein Dolmetscher schnattert dazwischen. In wenigen Minuten erhält der Oberleutnant die gewünschte Aufstellung der Bankfilialen. Ein Mädel tippt die Adressen in die Maschine. Die Fensterbank schmückt ein Fliederstrauß.
    Wir wandern los. Der Oberleutnant ist zurückhaltend und sehr höflich. Er fragt, ob er nicht zu schnell gehe, ob ich mit Bankdingen vertraut sei, ob es mir auch wirklich nicht lästig sei, ihn zu begleiten...
    In der Dresdner Bank treffen wir schon Ordnung an: saubere Tische, auf denen rechtwinklig ausgerichtet die Bleistifte liegen. Die Kladden sind aufgeschlagen, alle Safes heil. Der Eingang zu dieser Bank liegt in einem Torweg, er wurde wohl übersehen.
    Anders bei der Commerzbank; ein Dreckstall sondergleichen, verlassen und leer. Alle Safes aufgeklopft, die Tresore zerschlagen, die Koffer aufgeschnitten und zertreten. Überall Exkremente, es stinkt. Wir fliehen.
    Bei der Deutschen Bank sieht es halbwegs sauber aus. Zwei Männer fegen und hantieren herum. Die Safes sind ausgeräumt, doch in aller Ruhe, aufgeschlossen mit den zugehörigen Schlüsseln der Bank. Einer der beiden Männer sagt mir, »die« hätten sich die Adresse des Bankdirektors verschafft, seien mit ihrem Lastwagen hingebraust, ihn zu holen, hätten jedoch den Mann mit Frau und Tochter vergiftet vorgefunden. Ohne Zeitverlust seien sie zum stellvertretenden Direktor weitergefahren und hätten von ihm die Öffnung der Safes verlangt. Diese Bank arbeitet bereits. Ein Schild verkündet, daß die Schalter zwischen 13 und 15 Uhr zur Annahme von Zahlungen geöffnet sind. Na, den möchte ich sehen, der jetzt hier was einzahlt. Da erscheint mir die altmodische Strumpf- oder Matratzenmethode doch entschieden sicherer.
    So ganz kapiere ich nicht, wieso die Russen sich derart zielbewußt in die Banken hineinwühlen konnten. Denn offiziell und befohlen können diese Safe-Aufklopfereien doch nicht gewesen sein; dagegen sprechen die roh geplünderten Tresore der soeben besichtigten Bank, die vielen Fäkalien dort unten, die den Räubergeruch liefern. Vielleicht wissen sie aus ihren Schulungskursen, daß Banken hierzulande die Trutzburgen der bösen Kapitalisten sind, daß sie mit deren Ausplünderung sozusagen Expropriation der Expropriateure betreiben, wie es ihr Dogma ausdrückt und als löbliche Tat feiert. Etwas stimmt da nicht. Alles sieht eher nach wilden Plünderungen aus, bei denen sich der einzelne Mann tüchtig was unter den Nagel riß. Gern würde ich den Oberleutnant nach diesen Dingen fragen. Ich wage es nicht.
    In der Städtischen Sparkasse großes Wischen und Waschen. Zwei ältere Frauen schrubben den Boden. Safes gibt es hier keine. Die Kassen, soweit zu sehen, sind gänzlich leer. Der Oberleutnant sagt für morgen Bewachung zu. Aber was soll hier bewacht werden?
    Vergeblich suchten wir eine Zeitlang die Filiale der Kredit- und Bodenbank. Endlich fanden wir sie in einem Hinterhof, hinter herabgelassenen Scherengittern, unberührt in friedlichem Dornröschenschlaf. Ich fragte im Hause herum und konnte dem Oberleutnant schließlich die Adresse des Geschäftsführers bringen. Kein Russe sah die Bank. Das Glasschild, das früher an der Straße von dieser Filiale kündete, besteht nur noch aus etlichen Scherben, die lose in den Schrauben hängen.
    Bleibt noch eine zweite Filiale der Deutschen Bank, am Rande des Bezirks gelegen. Wir machen uns auf den Weg. Die Sonne brennt. Ich bin matt, schleiche müde. Rücksichtsvoll mäßigt der Oberleutnant seine Schritte. Er fragt nach persönlichen Dingen, nach meiner Schulbildung, meinen Sprachkenntnissen. Und plötzlich sagt er auf französisch, halblaut und ohne mich dabei anzusehen: »Dites-moi, est-ce qu'on vous a fait du mal?«
    Verblüfft stottere ich: »Mais non, pas du tout.« Verbessere mich dann:

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