Eine Frau mit Geheimnis
Iwanowitsch?“
„Ja, Exzellenz. Da Seine Kaiserliche Majestät und Sie großzügigerweise meine Versöhnung mit meinem Vater anstreben, möchte ich Ihr Angebot annehmen. Vielen Dank.“
„Ausgezeichnet!“ rief der Fürst. „Das wusste ich ja – Sie würden erkennen, wie vernünftig das wäre. Ich konnte bereits einen dreimonatigen Urlaub für Sie arrangieren. Also haben Sie genug Zeit für Ihre Heimreise und einen längeren Aufenthalt im Haus Ihres Vaters. Hier sind alle Papiere, die Sie brauchen – Pässe, Anforderungen für Pferde und so weiter.“ Lächelnd überreichte er Alex die Dokumente, die teilweise offizielle Siegel aufwiesen.
„Danke, Exzellenz, Sie sind sehr freundlich. Aber vielleicht will mein Vater mich nicht empfangen …“
„Deshalb müssen Sie sich nicht sorgen, Alexej Iwanowitsch. Da der Vorschlag vom Zaren höchstpersönlich stammt, wird sich Ihr Vater nur zu gern dessen Wünschen fügen. Heute Abend schicke ich ihm einen Brief. Und ich glaube, Sie müssen nicht auf die Antwort warten. Sobald es Ihnen beliebt, können Sie abreisen.“
Zum Teufel mit dem Mann! Warum akzeptierte er kein schlichtes Nein?
„Wie unser liebenswürdiger Gastgeber erwähnt hat, werden Sie demnächst einen längeren Urlaub von Ihrem Regiment antreten, Alexej Iwanowitsch“, sagte Dominic. „Deshalb dürfte es keine Schwierigkeiten geben.“
Strahlend lächelte er Alex an, mit jener typisch männlichen Arroganz, die stets den Impuls in ihr weckte, ihren Säbel zu zücken. Immer und überall musste er seinen Willen durchsetzen. Nun, sie würde seine Einladung annehmen. Und wenn er in seiner Kutsche vorfuhr, um sie abzuholen, wäre sie längst verschwunden. Mit ihm allein zu bleiben – das wäre unerträglich. Noch eine Umarmung, noch eine Berührung, und sie würde ihrer Sehnsucht erliegen.
„Also gut, Calder, ich bin einverstanden“, antwortete sie und nannte die Adresse der St. Petersburger Kaserne.
„Wunderbar! Morgen früh um halb zehn komme ich zu Ihnen. Ich bin schon gespannt, wie Ihnen das Landhaus gefallen wird, das ich gemietet habe. Die Aussicht auf den Fluss ist sehr schön, und die Landschaft hat verlockende Reitwege zu bieten. Im Stall stehen genug Pferde. Oder möchten Sie Ihr eigenes Pferd mitbringen?“
„Pegasus? Ja, vielleicht … Allmählich wird er alt. Aber er leistet mir seit vielen Jahren treue Dienste, und ich schulde ihm einen geruhsamen Urlaub.“
„Ah, Pegasus, das geflügelte Ross! Ein grandioser Name! Kann er fliegen?“
„Das nicht“, erwiderte Alex und lächelte sanft. „Er ist ein Tscherkesse. Schnell wie der Wind sprengt er dahin. Und er fürchtet nichts und niemanden.“
„Hm … Dann freue ich mich darauf, seine Bekanntschaft zu machen. Sicher wird er die armseligen Klepper übertrumpfen, die mein Vermieter mir zur Verfügung stellt.“
Gegen ihren Willen lachte sie. „Da Sie ein Fremder sind, müssen Sie damit rechnen, in unserem Land übervorteilt zu werden. Sogar wir Russen leiden manchmal unter diesem Missstand.“
„Tatsächlich? Das werde ich mir merken. Übrigens, ich habe ganz vergessen, Ihnen für den netten Abschiedsbrief zu danken.“
Schon wieder färbten sich ihre Wangen feuerrot. Von Dominics Anwesenheit verwirrt, hatte sie gar nicht mehr an diesen diskriminierenden Brief gedacht.
Hatte sie wirklich gewagt, diese verräterischen Worte niederzuschreiben und ihr Duftwasser auf das Papier zu träufeln, in der Hoffnung – worauf? Dass Dominic eine Verbindung zwischen Alexandrow und Alexandra herstellen würde? Niemals würde er das tun – niemals auch nur eine Sekunde lang glauben, Hauptmann Alexandrow von den Mariupol-Husaren wäre eine Frau. Eine innere Stimme flüsterte ihr zu: Vielleicht ist er scharfsinniger, als du’s vermutest … War er nach Russland gereist, um sie zu suchen? Nein, unmöglich, er hielt sich einfach nur hier auf, um zu spionieren.
„Tanzen Sie nicht, Duke?“ Plötzlich stand Fürst Wolkonskij vor ihnen. „Und Sie auch nicht, Alexandrow? Was bilden Sie beide sich nur ein, in dieser Ecke die Köpfe zusammenzustecken und wie zwei Frauen zu tratschen!“ Lächelnd ergriff er Calders Arm. „Begleiten Sie mich! Ich möchte Sie mit einigen meiner weiblichen Gäste bekannt machen. Hoffentlich werden Sie sich mit allen gut verstehen.“
Da Dominic nichts anderes übrig blieb, ließ er sich davonführen.
Endlich allein, lehnte Alex eine Schulter an die Wandtäfelung und strich mit einer bebenden Hand über ihre
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