Eine Frau zum Heiraten
…
Nicht bevor was? Nicht bevor er herausgefunden hatte, warum sie derart brisante, unbekannte Gefühle in ihm weckte. Wenn du Zeit brauchst, um dahinterzukommen, dann steht es wirklich schlecht um dich, dachte er spöttisch. Sie faszinierte ihn, provozierte ihn und erregte ihn. Und falls es je dazu kommen sollte, dass sie ihr Bett mit ihm teilte, würde er dafür sorgen, dass kein Geist bei ihnen war.
“Nein, ich habe meine Meinung nicht geändert”, erwiderte er und legte eine bedeutungsvolle Pause ein, bevor er hinzufügte: “Im Gegenteil.”
Claire errötete wie ein Teenager. Interessant …
“Ich … ich würde mir gern noch einmal mein Zimmer ansehen, wenn Sie nichts dagegen haben”, fuhr er fort. “Welche Tür war es noch?”
Claire konnte nichts dagegen machen. Sie spürte, wie sie über und über errötete. Natürlich wusste Alex, welche Tür es war, aber wenn sie ihn jetzt herausforderte, würde sie gewisse emotionale Risiken eingehen, denen sie momentan nicht gewachsen war. Gerade war ein Bild vor ihrem geistigen Auge aufgetaucht: Alex zog eine Frau in sein Schlafzimmer, die sich leidenschaftlich an ihn schmiegte. Die Tür war einladend geöffnet, sodass man das Bett sehen konnte. Gleich würde er in diesem Bett mit ihr schlafen und sie nach allen Regeln der Kunst verführen.
Doch diese Frau war nicht sie. Sie würde es niemals sein.
Als Alex bemerkte, dass Claire zur Treppe schaute und dabei ein Schatten über ihr Gesicht huschte, war er wütend auf sich selbst, weil er sie so quälte. Dieses typisch männliche Verhalten, das er seinem Bruder abzugewöhnen versucht hatte, war völlig uncharakteristisch für ihn.
“Ist schon gut”, sagte er leise. “Ich glaube, ich finde es auch allein. Ich vermute, dass ich meine Brieftasche dort vorhin verloren habe. Deshalb bin ich auch noch einmal zurückgekommen.”
“Ihre Brieftasche? Oh, ich …”
Er war also zurückgekommen, um seine Brieftasche zu suchen. Warum tat er dann so, als ob …? Stirnrunzelnd beobachtete sie, wie er die Treppe hinaufeilte, dabei immer zwei Stufen auf einmal nahm und oben geradewegs auf die Tür zum großen Schlafzimmer zuging.
Während sie auf ihn wartete, machte sie sich unbehaglich klar, dass es vieles gab, was sie bei Alex nicht verstand. Was sie jedoch am meisten beunruhigte, war die Tatsache, dass sie sich darüber so viele Gedanken machte.
4. KAPITEL
Claire verzog das Gesicht, als sie aus dem Schulgebäude kam und feststellte, dass es in Strömen goss.
Da das Wetter am frühen Abend schön gewesen war, hatte sie beschlossen, nicht mit dem Wagen zur Schule zu fahren, sondern zu Fuß zu gehen. Sie zögerte einen Moment und überlegte, ob sie wieder hineingehen und sich ein Taxi rufen solle. Nachdem ihr jedoch klar geworden war, dass sie bereits nass war, stellte sie den Kragen ihrer Jacke hoch und ging los.
Den Wagen, der vor der Schule vorgefahren war, hatte sie zwar bemerkt, aber angenommen, dass der Fahrer jemanden abholen wollte. Selbst als dieser den Motor anließ und die Scheinwerfer einschaltete, nahm sie es nur nebenbei wahr. Erst als sie unbewusst darauf wartete, dass der Wagen losfuhr, und dies nicht geschah, fragte sie sich, was das zu bedeuten hatte.
Instinktiv beschleunigte sie ihre Schritte und senkte den Kopf, um möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Dabei widerstand sie dem Drang, sich umzudrehen. Als sie hörte, wie der Wagen bedrohlich langsam hinter ihr herzufahren begann, bekam sie panische Angst.
In den Zeitungen las man ständig von Überfällen auf Frauen, die allein unterwegs gewesen waren … Ihr Mund war plötzlich ganz trocken, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Da dies keine Wohngegend war, waren auch nirgends andere Fußgänger zu sehen. Und immer noch fuhr der Wagen bedrohlich langsam hinter ihr her.
Weil sie es nicht wagte, sich umzudrehen, versuchte Claire, noch schneller zu gehen. Ihr brach der Angstschweiß aus, und sie glaubte, ihr Herz schlagen zu hören.
Sie versteifte sich entsetzt, als ihr klar wurde, warum. Der Wagen hatte angehalten. Dann wurde eine Tür zugeschlagen, und Schrittgeräusche waren zu hören.
“Claire … Claire …”
Claire! Ihr Verfolger kannte also ihren Namen.
Als Claire sich umdrehte, zitterte sie am ganzen Leib. Dann stellte sie erstaunt fest, dass es Alex war, der auf sie zukam.
Alex hatte sie verfolgt. Ihr wurde übel, und gleichzeitig schnürte ihr Wut die Kehle zu. Claire war unfähig, ein Wort über die Lippen zu bringen
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