Eine für vier 01 - Eine für vier
und Eis mit Schokosoße wie geschmiert. Tibby ertappte sich dabei, dass sie ungewöhnlich interessiert und offen über ihren geplanten Film redete. Bailey lauschte wie gebannt, und es blieb nicht ohne Wirkung auf Tibby, dass jemand sie für cool hielt.
Das gab Tibby zu denken. Vielleicht fehlten ihr die Freundinnen ja noch mehr, als ihr bewusst war. War sie so einsam, dass sie sich jeder x-beliebigen zwölfjährigen Nervensäge öffnete?
Bailey schien einen ganz ähnlichen Verdacht zu hegen. »Hast du überhaupt Freunde?«, fragte sie.
»Ja«, verteidigte sich Tibby. Aber als sie von ihren fantastischen, schönen und bewundernswerten Freundinnen erzählte und die supertollen Orte beschrieb, an denen sie den Sommer verbrachten, merkte sie selbst, dass sich das eindeutig so anhörte, als hätte sie sich das alles bloß ausgedacht.
»Wo sind denn deine Freunde alle?«, fragte Tibby schließlich und schob Bailey damit den schwarzen Peter zu.
Bailey plapperte drauflos, erzählte ohne Punkt und Komma von Maddie, die jetzt in Minnesota wohnte, und von noch jemand anderem.
Als Tibby zwischendurch mal hochschaute, sah sie Tucker Rowe an der Theke stehen. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. War er außer ihr der Einzige aus ihrer Jahrgangsstufe, der den Sommer zu Hause verbrachte? Inzwischen war sie schon dahinter gekommen, dass er in dem Plattenladen arbeitete, der sich mit Wallman’s einen Parkplatz teilte und als ultrahip galt. Der Laden war vier ganze Häuser entfernt, dazwischen gab es noch einen Burger King, eine Pizzeria und ein Geschäft, das Alles für das Tier hieß. Es war daher nicht selbstverständlich, dass sie Tucker Rowe begegnete. Aber es war durchaus wahrscheinlich. Einmal war es ja schon dazu gekommen.
Manche Leute tun alles Mögliche, um ihrem Angebeteten über den Weg zu laufen. Tibby tat alles", um eine Begegnung zu vermeiden. Sie hatte festgestellt, dass Tucker meistens hinter dem Einkaufszentrum parkte. Tibby legte deshalb großen Wert darauf, ihr Fahrrad vorne abzustellen. Und das funktionierte auch ganz gut. Bis auf diese Begegnung hier in der Eisdiele, die gegenüber von Alles für das Tier lag. Tibby machte sich heftige Vorwürfe für ihre schlechte Ortswahl.
Die etwas mürrische Miene, die Tucker aufgesetzt hatte, und die zusammengekniffenen Augen ließen ihn aussehen, als wäre er gerade erst aus dem Bett gestiegen. Vermutlich hing er die ganze Nacht im Nine Thirty Club herum, während Tibby sich für ihre nächste Schicht bei Wallman’s ausruhte. Sie hoffte inbrünstig, er würde Bailey für ihre kleine Schwester halten und nicht für ihre neue Freundin.
»Warum machst du so ein Gesicht?«
Tibby funkelte Bailey böse an. »Wie meinst du das?«
»Du weißt schon, die Backen ganz nach innen gesogen.« Bailey ahmte sie übertrieben nach.
Tibby spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. »Das mach ich doch gar nicht.« Wann hatte sie angefangen zu lügen? Sie war sonst so stolz darauf, dass sie ehrlich und direkt war – vor allem sich selbst gegenüber. Aber Bailey war in ihrer Direktheit noch viel skrupelloser als Tibby, und das führte dazu, dass Tibby zurückwich und sich versteckte. Damit legte sie genau das Verhalten an den Tag, das sie anderen Leuten sonst vorwarf.
Bailey war noch nicht fertig mit ihr. Mit scharfen Adleraugen sah sie sich im vorderen Teil der Eisdiele um. »Gefällt er dir?«
Zuerst wollte Tibby so tun, als wüsste sie nicht, was Bailey meinte. Aber das ließ sie dann doch sein. »Er ist ganz in Ordnung«, bestätigte sie verlegen.
»Meinst du?« Bailey sah nicht sehr überzeugt aus. »Was gefällt dir an ihm?«
»Was mir an ihm gefällt?«, fragte Tibby verärgert zurück. »Schau ihn dir doch an.«
Bailey starrte unverhohlen zu ihm hinüber. Das war Tibby nun auch wieder peinlich, obwohl sie das übliche Verhalten mit Gekicher und »Lass ihn nur ja nicht merken, dass du ihn ansiehst« nicht ausstehen konnte.
»Ich finde, er sieht blöd aus«, verkündete Bailey.
Tibby verdrehte die Augen. »Ach ja?«
»Hält er diese Ohrringe wirklich für cool? Und, ich meine, sieh dir nur mal seine Haare an. Wie viel Gel da wohl drinsteckt?«
Tibby hatte noch nie in Betracht gezogen, dass Tucker Zeit und Mühe investierte, um so auszusehen, wie er aussah. Es stimmte, die Haare standen so hoch, dass das wohl kaum ein Zufall war. Trotzdem hatte sie keine Lust, das Bailey gegenüber zuzugeben.
Ȁh, ich will dich ja nicht beleidigen, Bailey, aber du bist erst
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