Eine für vier 01 - Eine für vier
sprach genau zur gleichen Zeit wie Effie.
Grandma bedachte sie beide mit einem müden, erschöpften Blick.
»Ich will nicht darüber reden«, sagte sie.
Sobald sie von dem Essen eine akzeptable Menge verzehrt hatten, spülten Effie und Lena schnell ihre Teller ab und entflohen.
»Was ist passiert?«, fragte Effie, noch bevor sie dreißig Zentimeter vom Haus entfernt waren.
»Uhhhh«, ächzte Lena.
»Lieber Himmel, was habt ihr denn bloß alle?«, bohrte Effie weiter.
Lena fühlte sich jetzt ihrerseits müde und erschöpft. »Pass auf, Ef, du schreist und kritisierst erst dann, wenn ich fertig bin. Versprochen?«
Effie willigte ein. Im Großen und Ganzen hielt sie ihr Versprechen, bis Lena zu dem Boxkampf kam. An dieser Stelle konnte sie sich nicht mehr beherrschen.
»Das gibt’s doch nicht! Das ist nicht dein Ernst! Bapi? Ach du lieber Gott!«
Lena nickte.
»Du solltest ihnen schleunigst die Wahrheit sagen. Sonst macht es Kostos vor dir und du stehst als Vollidiot da«, riet Effie mit dem für sie typischen Scharfblick.
»Ich weiß«, sagte Lena unglücklich.
»Warum hat er ihnen nicht gleich damals gesagt, wie es wirklich war?«, wunderte sich Effie laut.
»Keine Ahnung. Das war alles so ein Durcheinander. Ich weiß nicht mal, ob er überhaupt verstanden hat, worum es bei der Schlägerei ging.«
Effie schüttelte den Kopf. »Armer Kostos. Er war so in dich verliebt.«
»Jetzt nicht mehr«, stellte Lena fest.
»Wohl kaum.«
Bridget: Hallo, äh, Loretta?
Loretta: Hello?
Bridget: Loretta, hier spricht Bridget, Tibbys Freundin.
Loretta: Hello?
Bridget (schon fast schreiend): Bridget! Hier ist Bridget! Ich möchte gern Tibby sprechen. Ist sie da?
L ORETTA : Ach... Bridget?
B RIDGET : Ja.
L ORETTA : Tibby nicht zu Hause.
Bridget: Würden Sie ihr bitte ausrichten, dass ich angerufen habe? Ich bin telefonisch nicht erreichbar, deshalb muss ich es noch mal versuchen.
Loretta: Hello?
Als Carmen am Abend kurz vor dem Essen die Treppe hinunterstieg, war sie kampfbereit. Sie hatte die JEANS an, und das gab ihr das Gefühl, sich wieder auf sich besinnen zu können. Sie erinnerte sich wieder daran, wie sie sich fühlte, wenn andere sie liebten. Sie erinnerte sich an ihre Fähigkeit zur offenen Konfrontation. Sie musste die wirkliche Carmen die Treppe hinunterschaffen, damit sie mit ihrem Vater und Lydia redete, bevor
sie sich erneut vergaß und wieder unsichtbar wurde.
Lydia hatte ihm mit Sicherheit von der katastrophalen Anprobe erzählt und sich über ihr Verhalten beklagt. Carmen war bereit, die Sache auszutragen. Sie würde Lydia liebend gerne anschreien. Sie würde liebend gerne hören, wie Lydia zurückschrie. Das brauchte sie.
»Hallo«, sagte Krista von ihrer Schularbeiten-Basis am Küchentisch. Carmen sah sie an, musterte sie darauf hin, ob sie auch nur die kleinste Spur irgendeiner tieferen Bedeutung entdecken konnte.
»Carmen, möchtest du eine Limo?«, fragte Lydia munter, während sie Reis abmaß und ihn in einen Topf schüttete.
Ihr Dad tauchte an der Tür auf; er hatte sich nach der Arbeit noch nicht umgezogen. »Hallo, Süße. Wie war’s heute?«
Carmen sah staunend zwischen ihrem Vater und Lydia hin und her. Es war ein grässlicher Tag heute!, hätte sie am liebsten geschrien. Eine Schneiderin mit falschem Gebiss hat mich beleidigt und gedemütigt. Und ich hab mich wie ein dummes Gör benommen .
Das sagte sie aber nicht. Stattdessen starrte sie ihn schweigend an. Hatte er überhaupt eine Vorstellung davon, wie ihr zumute war? Wie unglücklich sie hier war?
Er trug deutlich zur Schau, dass er bereit war, alles mit guter Laune zu nehmen. Lydia hatte den gleichen Gesichtsausdruck aufgesetzt. »Das riecht ja fantastisch«, sagte er, sorgfältig darauf bedacht, dass alles hübsch in geordneten Bahnen verlief.
»Brathähnchen«, sagte Lydia und trug damit ihr Teil dazu bei.
»Mmmmm«, machte Krista, so automatisch wie ein Roboter.
Wer waren diese Leute? Was war los mit ihnen?
Carmen spürte, wie ihr die Chance zu einer Auseinandersetzung entglitt. »Ich hab einen schrecklichen Tag hinter mir«, sagte sie. Ihr war viel zu elend zumute, um unverschämt zu werden.
Ihr Vater war schon ziemlich weit oben auf der Treppe, auf dem Weg ins Obergeschoss, um sich umzuziehen. Lydia tat so, als hätte sie nichts gehört.
Selbst in der JEANS war sie unsichtbar. Und stumm. Sie machte einen dramatischen Abgang, marschierte mit großen Schritten zur Haustür hinaus und schlug sie hinter sich zu.
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