Eine geheimnisvolle Lady
mit einem Heer von Domestiken mit herkulischen Ausmaßen gekämpft.
Was seine derzeitigen Schmerzen erklärte. Allerdings nicht seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort.
Aus dem Halbdunkel näherte sich ein Gesicht. »Können Sie sprechen, Mylord? Was ist geschehen? Wir dachten, Sie wären auf dem Land.«
Träge sortierte Ashcrofts Gehirn die Worte, bis sie einen Sinn ergaben, und identifizierte den Sprecher. Das würdevolle Gesicht besorgt gefurcht, neigte sich sein Butler über ihn, und hinter dem Mann lungerten zwei Lakaien herum.
Offenbar hatte Burnley seinen brutalen Speichelleckern befohlen, Ashcroft auf der Schwelle seines eigenen Hauses abzuladen – eine unmissverständliche Botschaft. Sein Sohn sollte sich von Cranston Abbey fernhalten.
Und von Diana Carrick.
Stöhnend schloss er wieder die Augen. Mochte es auch noch so unvernünftig sein, der Verlust Dianas schmerzte viel intensiver als die körperlichen Verletzungen. Und so konzentrierte er sich auf Letztere statt auf sein katastrophales Liebesleben. Seinen Zustand wagte er sich kaum vorzustellen. So, wie ihm zumute war, mussten ihn die Schurken übel zugerichtet und nicht nur Blutergüsse verursacht haben. Vielleicht sogar Knochenbrüche.
Viel zu lebhaft kehrte die Erinnerung an die Keilerei zurück. Eine Zeit lang hatte er sich – von wildem Zorn und einem kranken Herzen animiert – wacker gehalten. Aber letzten Endes siegte die Überzahl. Gnadenlos und völlig unbeleckt von fairen Kampfregeln, hatten die Spießgesellen des lieben Papas ihre Fäuste geschwungen.
In den nächsten Stunden war sein Bewusstsein immer wieder kurz aufgeflackert. Deshalb entsann er sich, wie Burnleys Schläger ihn in einen Wagen geworfen hatten. Und dann eine holprige Fahrt, in unbeschreiblicher Agonie … Zu einem weit entfernten Ziel. Sein Haus in London, mehrere Stunden von Cranston Abbey entfernt. Also musste er sehr lange ohnmächtig gewesen sein. War das überhaupt derselbe Tag?
»Können Sie mich hören, Mylord?«
Zur Hölle mit dem Butler, warum musste er so schreien? Ashcroft versuchte zu sprechen, brachte aber nur ein unartikuliertes Grunzen hervor. Immerhin war er jetzt wach genug, um die Bestürzung aus der Stimme des Mannes herauszuhören, der sich zu den Lakaien wandte. »Schnell, holt den Doktor! Seine Lordschaft wurde von Wegelagerern überfallen, und es sieht so aus, als würde er sterben.«
Sterben?
Zum Henker, er weigerte sich, ins Gras zu beißen. Sein verfrühter Tod würde es seinem Herrn Papa und dieser verräterischen Hure viel zu einfach machen. Trotz seiner Schmerzen, trotz der lockenden Finsternis, öffnete er die Augen etwas weiter. Und diesmal würgte er sogar etwas hervor, das annähernd einem Satz glich. »Werde nicht … sterben.«
Zum Teufel mit Diana Carrick und Edgar Fanshawe. Wenn die glaubten, sie hätten Tarquin Vale vernichtet, würde er ihnen zeigen, wie gewaltig sie sich irrten. Oh ja, er würde am Leben bleiben. Und er würde ihnen das Leben zur Hölle machen. Sterben wäre viel zu einfach. Er wollte sich jahrelang an diesem niederträchtigen Duo rächen.
Von Spätsommerblüten umgeben stand Diana in Burnleys Rosengarten. Vor ihr erhob sich die Südfassade von Cranston Abbey, golden und glühend im Licht des Sonnenuntergangs. Sie war hierhergekommen, um zu entscheiden, ob die Rosenbüsche gestutzt werden sollten. Aber wie so oft in letzter Zeit schweiften ihre Gedanken in die Ferne. Zwei Monaten waren seit jenem schrecklichen Tag verstrichen, an dem Ashcroft ihre Perfidie entdeckt und das Weite gesucht hatte, die grünen Augen verschleiert von Kummer und Wut. Sie hatte geglaubt, damals wäre ihr Herz gebrochen.
Doch wie sie in den letzten Wochen festgestellt hatte, konnte ein Herz immer wieder brechen.
Er meldete sich nicht bei ihr. Wie konnte sie das auch erwarten? Allein schon den Klang ihres Namens musste er hassen.
Um nicht den Verstand zu verlieren, versuchte sie, die Wochen in London zu vergessen. Trotzdem erinnerte sie sich unentwegt an Ashcrofts zärtliche Hände, seine Stimme, seinen Blick, wenn er sie angeschaut hatte, als wäre sie das schönste Geschöpf auf Erden. Und die Glut seines Verlangens, seine unverhohlenen Gefühle auf dem Gipfel der Lust.
Sie war stark und dachte nicht allzu oft an ihn. Nur bei Sonnenuntergang. Bei Sonnenaufgang. Am Morgen. Zu Mittag. Nachmittags. Abends …
Verzweifelt biss sie auf ihre Lippen und bekämpfte die sinnlosen Tränen. Geradezu lächerlich, wie nahe sie neuerdings am
Weitere Kostenlose Bücher