Eine geheimnisvolle Lady
bezaubernde Röte ihre Wangen. »Mein Vater behauptet, meine Neugier würde ihn am meisten an mir ärgern.«
»Oh, die Neugier hat auch ihre Vorteile.«
Diesmal entdeckte er keine Scheu in ihrem Blick. Die grauen Augen verdunkelten sich. »Dann freue ich mich darauf, meine Neugier zu befriedigen, Mylord.«
Ihre sinnliche Stimme ließ ihn wohlig erschauern. Beinahe stolperte er auf dem Kiesweg, und Diana war doch tatsächlich so keck, ihn auszulachen. Dann betrat sie das luxuriöse Haus so selbstbewusst, als würde eine solche Umgebung zu ihrem Alltag gehören. Was für eine rätselhafte Frau. Doch das störte ihn in diesem Augenblick nicht, seine Leidenschaft verbannte solche Gedanken.
Im Salon blieb sie überrascht stehen – kein Wunder. Hier veranstaltete Lord Montjoy seine Partys. Sogar Ashcroft, der den Raum kannte, wurde vom Übermaß des glänzenden Goldes geblendet.
»Du hast recht.« In Dianas atemloser Stimme schwang ungläubige Belustigung mit. Vorerst war die schüchterne, fast zögernde Frau, die Ashcroft in der Kutsche beobachtet hatte, verschwunden. »Geradezu … spektakulär.«
Hinter ihnen schloss der Lakai die Tür. »Hier entlang, Mylord.«
Diana und Ashcroft überquerten den polierten Marmorboden und wichen den Möbeln aus, die von schützenden Tüchern verhüllt wurden. In diesem Salon hatte der Earl so viele Partys gefeiert, dass ihn der unbewohnte Zustand irritierte. Übellaunig starrten Zeus und Ganymed aus großen Gemälden herab, als würden sie seine lustvollen Absichten missbilligen.
Während sie sich der imposanten Treppe mit dem vergoldeten Geländer näherten, schaute Diana sich um – interessiert, aber nicht ehrfürchtig, wie er feststellte. Sogar den Spitzen der Gesellschaft verschlug es die Sprache, wenn sie mit Perrys extravaganter Residenz konfrontiert wurden. Aber Diana inspizierte das teure, luxuriöse Ambiente wie eine amüsante Banalität.
Seltsamerweise gelang es ihm nicht, sie einer bestimmten Gesellschaftsschicht zuzuordnen. Das verblüffte ihn, denn er hatte sehr schnell gelernt, wie man den Status einer Person herausfand. Diana sprach kultiviert und besaß gute Manieren. Aber trotz ihrer modischen Aufmachung erweckte sie den Eindruck, als wäre es nicht ihre normale Beschäftigung, eine feine Dame zu mimen.
Hol’s der Teufel. Alles an ihr war Andeutung und Geheimnis.
Und Versuchung.
An seiner Seite spürte er ihren warmen Körper, während sie dem Lakaien nach oben folgten, vorbei an dem Stockwerk mit dem riesigen Ballsaal. Vor einer geschlossenen Tür blieben sie stehen.
»Diese Räume stellt Lord Montjoy Ihnen zur Verfügung, Mylord.« Der Lakai öffnete die Tür so selbstverständlich, als gehörte es zu seinen alltäglichen Pflichten, die Freunde seines Arbeitgebers in Begleitung ihrer Liebhaberinnen zu empfangen. Vielleicht stimmte das sogar. Zu Perrys großem, teilweise zwielichtigem Bekanntenkreis zählten vornehme und weniger ehrbare Namen. »Außerdem wurden wir beauftragt, die Bibliothek für Sie bereitzuhalten.«
Im Gegensatz zum restlichen Haus strahlte der Raum, den Diana jetzt musterte, eine gemütliche, fast feminine Schlichtheit aus. Unterhalb des Fensters standen ein Esstisch und ein Sideboard mit einem erlesenen Dinner, inklusive einer Flasche Champagner in schmelzendem Eis.
»Danke.« Widerstrebend ließ Ashcroft ihre Hand los und trat ein. Zaudernd stand sie auf der Schwelle, als wüsste sie nicht, ob sie bleiben sollte.
Bleib …
»Wie heißen Sie?«, fragte sie den Dienstboten.
»Robert, Madam.« Da er zweifellos wusste, warum sie hier war, wirkte seine respektvolle Verbeugung ziemlich unpassend.
Oder vielleicht erkannte er, ebenso wie Ashcroft, ihre natürliche Würde. Entstammte sie einer angesehenen Familie? Irgendwie passte das nicht zu ihr, genauso wenig wie seine ursprüngliche Vermutung, sie wäre die Ehefrau eines Geschäftsmanns und wollte ihrem ungehobelten Gemahl wenigstens zeitweise entrinnen.
»Darf ich den Herrschaften das Apartment zeigen? Außer diesem Wohnzimmer gibt es ein Schlafzimmer, eine Ankleidekammer und ein Bad.«
Diana wandte sich zu Ashcroft, und in den grauen Tiefen ihrer Augen las er, dass sie seine Ungeduld erkannt hatte. »Nein, danke, Robert. Wir haben alles, was wir brauchen.«
»Madam, Mylord.« Der Lakai verneigte sich wieder. »Natürlich steht Ihnen das Personal zur Verfügung.«
Ashcroft nahm kaum wahr, wie der junge Mann sich entfernte. Stattdessen beobachtete er Diana, die ihren Hut auf
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