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Eine Geschichte aus zwei Städten

Eine Geschichte aus zwei Städten

Titel: Eine Geschichte aus zwei Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Belehrung vermag ich nichts. Ich bitte, geht mit mir auf die Sache ein; setzt mich in den Stand, ein wenig klarer zu sehen, und belehrt mich, wie ich mich nützlicher machen kann.«
    Nach diesen ernsten Worten blieb Doktor Manette gedankenvoll sitzen, und Lorry drang nicht weiter in ihn.
    »Mein teurer Freund, ich halte es für wahrscheinlich«, sagte der Doktor, der sich Gewalt antun mußte, das Schweigen zu brechen, »daß der von Euch beschriebene Rückfall dem Betroffenen nicht ganz unerwartet kam.«
    »Fürchtet er sich vielleicht davor?« wagte Mr. Lorry zu fragen.
    »Sehr.« Dieses Wort wurde von einem unwillkürlichen Schaudern begleitet. »Ihr könnt Euch keine Vorstellung machen, wie eine solche Furcht auf der Seele eines Leidenden lastet und wie schwer – wie fast unmöglich es ihm ist, sich zu einer Äußerung über den ihn bedrückenden Zustand zu zwingen.«
    »Würde es ihm wohl eine namhafte Erleichterung schaffen«, fragte Lorry weiter, »wenn er es über sich gewinnen könnte, dieses geheime Brüten, wenn es eben auf ihm lastet, jemand mitzuteilen?«
    »Ich glaube wohl; aber das ist, wie ich bereits bemerkte, fast eine Unmöglichkeit – ja ich glaube sogar, in manchen Fällen eine reine Unmöglichkeit.«
    »Nun«, sagte Mr. Lorry, indem er nach einer abermaligen Pause wieder die Hand auf den Arm des Doktors legte, »worauf würdet Ihr diesen Anfall zurückführen?«
    »Ich glaube«, versetzte Doktor Manette, »daß ein starkes und außerordentliches Wiederaufleben der Gedanken und Erinnerungen, die das erste Mal Anlaß zu seiner Krankheit gaben, stattgefunden haben muß. Ich denke mir, daß er sich eine traurige Vergangenheit lebhaft wieder vor die Seele stellte. Wahrscheinlich hat auch lange vorher eine geheime Furcht, daß unter gewissen Umständen oder vielmehr bei einer gewissen Gelegenheit jene Erinnerungen wieder erwachen dürften, seinen Geist in Spannung erhalten. Er suchte sich wohl vergeblich darauf vorzubereiten, und vielleicht war gerade die Mühe, die er sich deshalb gab, Ursache, daß er um so weniger Widerstand zu leisten vermochte.«
    »Kann er sich wohl dessen erinnern, was bei diesem Rückfall vorging?« fragte Mr. Lorry mit leicht begreiflichem Zaudern.
    Der Doktor warf einen kummervollen Blick im Zimmer umher, schüttelte den Kopf und antwortete mit dumpfer Stimme:
    »Nicht im geringsten.«
    »Und was haltet Ihr von der Zukunft?« fragte Mr. Lorry.
    »Was die Zukunft betrifft, so habe ich große Hoffnung«, erwiderte der Doktor mit mehr Festigkeit. »Wenn es dem Himmel in seiner Gnade gefallen hat, ihn so bald wieder genesen zu lassen, so möchte ich viel hoffen. Ist er dem Druck von etwas Undurchsichtigem erlegen, das er lange gefürchtet, lange unbestimmt vorausgesehen und vergeblich bekämpft hat, und folgte die Genesung nach dem Entladen und Vorübergehen der Wolke, so möchte ich glauben, daß das Schlimmste vorbei ist.«
    »Nun, das ist ein großer Trost. Gott sei Dank dafür!« sagte Mr. Lorry.
    »Ja, Gott sei Dank!« wiederholte der Doktor, andächtig das Haupt neigend.
    »Es gibt übrigens noch zwei andere Punkte, über die ich Belehrung wünsche«, sagte Mr. Lorry. »Darf ich fortfahren?«
    »Ihr könnt Eurem Freunde keinen besseren Dienst erweisen.« Der Doktor gab ihm die Hand.
    »Zuerst also. Er ist ans Studieren gewöhnt und betreibt es mit Eifer; er läßt sich's ungemein angelegen sein, sich in dem Wissen seines Berufes zu vervollkommnen, macht Versuche und treibt viele ähnliche Dinge. Tut er darin nicht zuviel?«
    »Ich denke, nicht. Es liegt vielleicht in seiner geistigen Organisation, daß er stets einer besonderen Beschäftigung bedarf. Möglich, daß er es teilweise aus natürlichem Antriebe tut, vielleicht ist's auch eben eine Folge seines Leidens. Je weniger er sich mit gesunden Dingen beschäftigt, desto mehr ist zu besorgen, daß er eine krankhafte Richtung einschlägt. Vielleicht hat er sich selbst beobachtet und diese Entdeckung gemacht.«
    »Ihr glaubt also überzeugt sein zu dürfen, daß er sich nicht über Gebühr anstrengt?«
    »Ja, ich glaube es.«
    »Mein lieber Manette, wenn er sich aber doch überarbeitete …?«
    »Mein lieber Lorry, ich zweifle, ob das so leicht geschehen kann. Es hat eine Überspannung in der einen Richtung stattgefunden, und sie bedarf eines Gegengewichts.«
    »Habt Nachsicht mit einem Geschäftsmann, der etwas schwer begreift. Nehmen wir für einen Augenblick an, er überarbeite sich wirklich; könnte dies nicht zu einer

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