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Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Titel: Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil MacGregor
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es sich um Milchkühe handelte, können wir ausschließen, denn aus verschiedenen Gründen fehlte die Milch auf dem Speiseplan. Zum einen lieferten diese ersten domestizierten Tiere verhältnismäßig wenig Milch; entscheidender aber ist: dass Menschen sich von Milch ernähren, ist eine erworbene Fertigkeit. Martin Jones, der sich als Archäologe vor allem mit Fragen der Ernährung beschäftigt, meint dazu:
    «Es gibt eine ganze Fülle an Nahrungsmitteln, die unsere entfernten Vorfahren nicht so gerne zu sich genommen haben, wie wir das heute tun. Die Menschen entwickelten erst allmählich die Fähigkeit, als Erwachsene Milch zu vertragen, nachdem das Vieh domestiziert war, und zwar vermutlich deshalb, weil die Fähigkeit, sich von Kuhmilch zu ernähren, einzelnen Menschen zu überleben half und sie dann diese Verträglichkeit an ihre Kinder weitergaben. Aber noch heute ist es so, dass weltweit viele Menschen keine Kuhmilch vertragen.»
    Der Verzehr von Kuhmilch hätte diese frühen Ägypter möglicherweise also ziemlich krank gemacht, doch im Verlauf der Jahrhunderte gewöhnten sich ihre Nachfahren und viele andere Völker daran. Dieses Muster findet sich überall auf der Welt: Stoffe, die wir zunächst nur schwer verdauen können, werden durch allmähliche Anpassung zu zentralen Bestandteilen unserer Ernährung. Es heißt oft, wir seien, was wir essen; vielleicht sollte man eher davon sprechen, dass wir sind, was unsere Vorfahren unter großen Mühen zu essen lernten.
    Im alten Ägypten wurden Rinder vermutlich auch als eine Art Versicherungspolice gehalten. Wenn beispielsweise das Getreide dem Feuer zum Opfer fiel, hatte man noch immer die Rinder: Sie waren vielleicht nicht die beste Nahrung, aber eben immer da. Zudem spielten sie in gesellschaftlicher und zeremonieller Hinsicht eine wichtige Rolle, doch ihre Bedeutung reichte noch viel tiefer, wie Fekri Hassan zu berichten weiß:
    «Rinder hatten schon immer eine religiöse Bedeutung, die Stiere ebenso wie die Kühe. In der Wüste war ein Rind Quell des Lebens, und in der Felsenkunst finden wir zahlreiche Darstellungen, auf denen Kühe mit ihren Kälbern im Kontext einer mehr oder weniger religiösen Szene dargestellt sind. Wir finden zudem weibliche Menschenfiguren aus Ton, deren nach oben gestreckte Arme wirken, als handelte es sich um Hörner. Rinder waren offenbar von einiger Bedeutung im Rahmen der religiösen Überzeugungen.»
    Die Rinder aus Grab A23 zeigen äußerlich keinerlei Anzeichen, dass sie in irgendeiner Hinsicht besonders wären. Betrachtet man sie jedoch näher, dann sehen sie nicht aus wie Rinder, wie man sie heute überall in Europa, Nordamerika oder auch in Ägypten findet. Ihre Hörner sind auffallend anders – sie sind nach vorne gebogen und viel niedriger, als wir sie von Rindern kennen.
    Die Rinder, die es heute überall auf der Welt gibt, stammen alle von asiatischen Beständen ab. Die Rinder unseres Modells sehen deshalb anders aus, weil die Tiere im alten Ägypten von afrikanischem Vieh abstammten, das heute ausgestorben ist.
    Im Niltal veränderte das Rind in seiner Funktion als Quelle für Blut, Fleisch, Sicherheit und Energie das menschliche Dasein und wurde zu einem derart zentralen Bestandteil des Lebens in Ägypten, dass man es weithin verehrte. Ob die Rinderverehrung schon zu der Zeit begonnen hatte, aus der unser Modell stammt, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, aber in der späteren ägyptischen Mythologie spielt das Rind eine besondere religiöse Rolle, wie beispielsweise die mächtige Göttin Bat belegt. Sie ist gewöhnlich mit weiblichem Antlitz, Kuhohren und Kuhgehörn dargestellt. Und wie sehr die Rinder im Laufe der Jahrhunderte an Status gewannen, zeigt nichts deutlicher als die Tatsache, dass ägyptische Könige später mit dem Titel «Stier seiner Mutter» geehrt wurden. Die Kuh galt jetzt als die Gebärerin der Pharaonen.

9
Maya-Statue des Maisgottes
    Steinstatue, gefunden in Copán, Honduras
715 n. Chr.
    Im Zentrum des Britischen Museums steht ein Maisgott. Seine Büste wurde mit Hilfe eines Meißels und eines Basalthammers aus Kalkstein geformt, seine Gesichtszüge sind lang und symmetrisch, die Augen geschlossen, die Lippen geöffnet – es wirkt, als halte dieser Gott meditierend stille Zwiesprache mit einer anderen Welt. Die Arme sind angewinkelt, die Handflächen nach außen gewendet – die eine nach oben, die andere nach unten –, was den Eindruck gelassener, selbstbewusster Macht erweckt. Das Haupt

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