Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten
Philosophen Aristoteles als dessen Hauslehrer. Alexander bestieg den Thron 336 v. Chr., im Alter von zwanzig Jahren, ausgestattet mit beinahe grenzenlosem Selbstvertrauen. Sein erklärtes Ziel war es, «die Enden der Welt und das Große Äußere Meer» zu erreichen, und zu diesem Zwecke zog er in eine Reihevon Kriegen: Zuerst schlug er Aufstände in Athen und den anderen griechischen Stadtstaaten nieder, dann wandte er sich gen Osten und dem langjährigen Feind der Griechen zu, nämlich Persien. Persien herrschte damals über das größte Imperium auf Erden, das sich von Ägypten über den Nahen Osten und Zentralasien bis nach Indien und beinahe bis nach China erstreckte. Der junge Alexander kämpfte insgesamt zehn Jahre lang brillant, bis er das Perserreich vollständig besiegt hatte. Er war ohne Zweifel ein Getriebener. Doch was trieb ihn an? Wir haben einen der führenden Alexander-Experten gefragt, Robin Lane Fox:
Die Rückseite der Münze zeigt Athena Nikephoros und eine griechische Inschrift, die übersetzt «von König Lysimachos» lautet.
«Alexander war beseelt von den heroischen Idealen, wie sie sich für einen König ziemten, der über die Makedonier herrschte, von den Idealen des persönlichen Ruhmes, des Heldenmuts. Er war getrieben von dem Wunsch, den Rand der Welt zu erreichen, von dem Wunsch, auf ewig seinen Vater Philipp zu übertreffen, der ein bedeutender Mann war, aber neben Alexanders weltweitem Ruf fast völlig verblasst.»
Alexanders Siege waren nicht nur den Fähigkeiten seiner Truppen zu verdanken. Sie erforderten vor allem Geld – viel Geld. Zum Glück hatte Philipp die üppigen Gold- und Silberminen von Thrakien in seinen Besitz gebracht, also das Gebiet, das Teile des heutigen Griechenlands, Bulgariens und der Türkei umfasst. Dieses Edelmetall finanzierte die ersten Feldzüge, doch das Erbe schwoll später deutlich an durch den kolossalen Reichtum, den Alexander in Persien eroberte. Seine imperialen Eroberungsfeldzüge bezahlte er mit fast fünf Millionen Kilo persischen Goldes.
Angesichts der unwiderstehlichen Kraft, des immensen Reichtums und des enormen Charismas, mit denen Alexander ausgestattet war, verwundert es nicht, dass er zu einer Legende wurde und mehr als nur ein Sterblicher, eine Art Übermensch zu sein schien. Auf einem seiner frühen Feldzüge nach Ägypten suchte er das Orakel des Gottes Amun auf, das ihn nicht nur als rechtmäßigen Pharao, sondern als Gott bezeichnete. Er verließ das Orakel mit dem Titel «Sohn des Zeus-Amun», was die charakteristischen Widderhörner auf Darstellungen von ihm wie etwa auf unserer Münze erklärt. Von vielen eroberten Völkern wurde er empfangen, als wäre er ein lebendiger Gott, aber es ist keineswegs klar, ob er sich selbst auch für einen solchen hielt. Robin Lane Fox vermutet, dass er sich eher als Gottessohn sah:
«Er hielt sich mit Sicherheit für den Sohn des Zeus, das heißt, er glaubte, dass Zeus in irgendeiner Weise an seiner Zeugung beteiligt war; diese Geschichte wurde ihm möglicherweise von seiner Mutter Olympias erzählt, obwohl er nach irdischen Maßstäben der Sohn des berühmten Königs Philipp war. Von einigen Städten in seinem Reich wird er spontan als Gott verehrt, und es ist ihm keineswegs unangenehm, Ehrungen zu empfangen, wie man sie Göttern zukommen lässt. Aber er weiß, dass er sterblich ist.»
Alexander eroberte ein Reich, das mehr als fünf Millionen Quadratkilometer umfasste, und gründete zahlreiche Städte in seinem Namen, deren berühmteste zweifellos das ägyptische Alexandria ist. Zwar hat fast jedes größere Museum in Europa ein Alexander-Bildnis in seiner Sammlung, aber die Darstellungen sind keineswegs einheitlich, und wir wissen nicht, ob er in Wirklichkeit irgendeiner davon ähnlich sah. Erst nach Alexanders Tod 323 v. Chr. entstand ein einheitliches, idealisiertes Bild, das für den öffentlichen Gebrauch bestimmt war – und das ist das Bild, das sich auf unserer Münze findet. Die Rückseite der Münze zeigt, dass es sich gar nicht um eine Münze Alexanders handelt – er hat lediglich einen posthumen Gastauftritt im politischen Drama eines völlig anderen Herrschers.
Die andere Seite zeigt die Göttin Athena Nikephoros, die siegbringende Göttin Athene, mit Speer und Schild. Sie ist die Schutzpatronin der Griechen und eine Kriegsgöttin. Aber es ist nicht Alexander, auf dessen Seite sie steht, denn wie uns die nebenstehenden griechischen Wörter verraten, handelt es sich um
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