Eine Geschichte von Liebe und Feuer
Frau gemacht, nicht wahr? Sie ist natürlich ein hervorragendes Mannequin!«
Während er sprach, bemerkte sie gelbe Zähne unter dem silbrigen Schnurrbart, und die Augen in seinem Vollmondgesicht verschwanden fast ganz, wenn er grinste.
»Ich kenne Kinder, die besser nähen können als einige der Frauen dort drauÃen«, sagte er geringschätzig. »Aber Ihre Arbeit ist gut. So stelle ich mir das vor.«
Katerina versuchte ein Lächeln, weil sie dies für die angemessene Reaktion auf sein Kompliment hielt.
»Ich habe hohe Erwartungen an meine modistras , also glauben Sie nicht, Sie könnten den ganzen Tagen rumsitzen und schwatzen. Bei mir wird zwölf Stunden am Tag gearbeitet, mit einer halben Stunde Mittagspause. Am Samstag den halben Tag. Sonntag ist frei. Und wenn für einen Kunden etwas fertig gemacht werden muss, dann muss es eben fertig gemacht werden. So habe ich mir meinen Ruf in Veria und Larissa erworben, und hier wirdâs genauso sein. Deswegen bin ich als âºTopschneider der Stadtâ¹ bekannt. So stehtâs auf meinen Lieferwagen: âºBei uns wird der Termin gemacht! Die Ware nie zu spät gebracht!â¹Â«
Er hustete einmal, als wollte er einen Schlusspunkt hinter seine Rede setzen. Die hatte er schon hundertmal gehalten, und seine Plattitüden, die ihm locker von der Zunge gingen, bedurften keiner Antwort. Katerina wusste, dass sie die Stelle hatte.
»Nächsten Montag. Acht Uhr. Guten Morgen, Kyria Sarafoglou.« Er lächelte sie an, und sie durfte gehen.
Beim Hinausgehen sah sie die Schlange der Bewerberinnen, die bis zum Ende der StraÃe reichte. Noch an die zweihundert Frauen warteten darauf, vorgelassen zu werden, und ihr war klar, welches Glück sie gehabt hatte.
Das glänzende Schild über der Tür mit der Aufschrift » GRIGORIS GOURGOURIS « bereitete ihr zwar ein gewisses Unbehagen, aber was blieb ihr anderes übrig, wenn sie nicht Hunger leiden wollte?
Die offizielle Eröffnung des Geschäfts fand schon in der folgenden Woche statt. Die modistras stammten alle aus Thessaloniki, auÃer einer, die Grigoris Gourgouris aus Athen mitgebracht hatte. Ihr wurde die Leitung der Endfertigung übertragen, und sie kontrollierte die jüngeren Frauen mit Strenge und Herablassung.
Gourgouris hatte auch einige routinierte Schneider aus Veria und Larissa hergebracht, aber den meisten der neuen Angestellten mangelte es an Erfahrung. Viele der besten Schneider der Stadt waren Juden gewesen, und ihr Weggang hatte eine groÃe Lücke hinterlassen. Es würde lange dauern, bis der Name Gourgouris zum gleichen Markenzeichen werden würde wie Moreno.
Grigoris Gourgouris kam mehrmals am Tag persönlich vorbei, um die Arbeiten zu begutachten, auch wenn die Frauen seinen Eifer für übertrieben hielten. Ihrer Meinung nach wusste ihr Chef nicht einmal, wie man zwei Stoffbahnen gerade zusammennähte. Kaum war er wieder drauÃen, tuschelten die Mädchen und stellten Vermutungen an, warum er sich gar so lange über bestimmte Mitarbeiterinnen beugte. Nach einigen Wochen wurde Katerina zum Objekt der Neckerei.
»Katerina hier, Katerina da«, sangen sie. »Sieh dir ihren Flachstich an! Ihre Rüschen! Ihre Säume!«
Sie hatten recht. Es lieà sich nicht bestreiten, dass die Person, an der Gourgouris das meiste Interesse zeigte, sie selbst war. Sie kannte inzwischen den starken Knoblauchgeruch, der sie gewöhnlich warnte, dass ihr Chef im Anmarsch war. Langsam schritt er die Reihen der Näherinnen ab, bevor er bei ihr anhielt, sich ein wenig zu nahe zu ihr hinabbeugte und sich nach Details des Auftrags erkundigte, an dem sie gerade arbeitete.
Katerina beantwortete seine Fragen immer höflich und präzise, hielt aber zwischendurch buchstäblich die Luft an, um seine stinkenden Ausdünstungen nicht einatmen zu müssen. Er sparte nicht mit Anerkennung für ihre Arbeit, und als sie wegen einer Anprobe zu Olga Komninou geschickt wurde, erfuhr sie, dass er auch am Tisch der Komninos ein Loblied auf ihr Talent gesungen habe.
»Er scheint sehr groÃe Stücke auf dich zu halten«, sagte Olga zu Katerina, als diese vor dem groÃen Spiegel half, ein Kleid zuzuknöpfen. »Er war am Samstag hier und hat immer wieder betont, wie sehr ihn deine Arbeit begeistert. Offensichtlich bist du den anderen haushoch überlegen.«
Katerina antwortete nichts. Sie fand es peinlich, dass er
Weitere Kostenlose Bücher