Eine Geschichte von Liebe und Feuer
fast zwei Jahren. Katerina und Eugenia haben vor längerer Zeit eine Postkarte bekommen, aber seitdem nichts mehr gehört.«
Elias hatte von Transporten nach Polen gehört.
»Aber das Atelier?«
»Die Behörden gehen davon aus, dass einige Leute vielleicht nicht zurückkommen, also verkaufen sie ihren Besitz.«
»Aber es gehört doch uns!«
»Wir müssen leise sprechen«, warnte ihn Pavlina und legte den Finger an den Mund.
»Ich glaube, sie möchten die Geschäfte schnell wieder in Gang bringen«, erklärte Olga. »Aber wenn deine Eltern zurückkommen, werden sie sicher entschädigt.«
Elias unterdrückte seine Tränen. »Aber warum sollten sie denn nicht zurückkommen? Der Krieg in Griechenland ist doch vorbei.«
Olga und Pavlina sahen sich verlegen an. Es hatte Gerüchte gegeben über das Schicksal einiger Juden, aber bislang noch keine Informationen aus erster Hand.
»Und was ist mit unserem Haus?«
Ein halbes Jahrzehnt Guerillakampf hatte Elias fast bis zur Gefühllosigkeit abgehärtet, aber jetzt stand er am Rand des Zusammenbruchs. Das Essen, das Pavlina ihm gebracht hatte, rührte er nicht an. Es war schwer, den sanften jungen Mann in ihm wiederzuerkennen, der einst Dimitris bester Freund gewesen war.
»Was ist mit unserem Haus passiert?«, fragte er noch einmal, diesmal mit einem aggressiven Unterton, als wären die beiden Frauen persönlich verantwortlich. »Warum sind die Fenster zugenagelt?«
»Ich weià es nicht, Elias«, erwiderte Pavlina, »aber ich denke, um es zu schützen.«
Sie sprach ruhig und beschwichtigend, als wäre er ein Kind, und er antwortete entsprechend gereizt.
»Ich will aber rein!«
»Eugenia hat einen Schlüssel. War sie denn nicht zu Hause, als du dort warst?«
»Nein. Es war alles dunkel.«
»Wahrscheinlich hat sie schon geschlafen«, antwortete Pavlina. »Sie und Katerina gehen gewöhnlich früh ins Bett. Lass uns morgen früh doch zusammen hingehen.«
»Ich muss ins Speisezimmer zurück«, sagte Olga. »Aber darf ich dich noch etwas fragen, bevor ich gehe? Hast du Dimitri gesehen?«
»Nein, schon seit ein paar Jahren nicht mehr. Er ist in eine andere Einheit versetzt worden. Ich dachte, er ist vielleicht hier bei Ihnen?«
Olga sah Elias an. Inzwischen schlang er das Essen hinunter, und sie erinnerte sich, wie Dimitri bei seinem letzten Besuch auf demselben Stuhl gesessen und genauso gierig gegessen hatte. Sie beobachtete das Mahlen seiner Kiefer, wo die Knochen so dicht unter der Haut saÃen, dass man jede Bewegung der Gesichtsmuskeln erkennen konnte.
Zwischen den Bissen berichtete ihnen Elias über die Lage der Linken.
»Nach allem, was geschehen ist, sind viele Einheiten in die Berge zurück. Deshalb ist es ziemlich wahrscheinlich, dass er auch dort ist.«
Die Frauen sahen ihm zu, wie er mit einem Stück Brot den letzten Rest SoÃe vom Teller auftunkte. Pavlina hatte ihm noch einmal nachgefüllt, aber er war noch immer nicht satt. Und dann, als wollte er sie schockieren, griff er sich an den Hals und machte eine Handbewegung, als wolle er sich die Kehle aufschlitzen.
»Sie jagen uns, Kyria Komninou«, sagte er. »Wie Tiere .«
Die Gefühlsregung, die er kurz zuvor gezeigt hatte, war wie ausradiert, und er wirkte mit einem Mal stahlhart. Er legte die Gabel weg und sah Olga direkt in die Augen.
»Ich habe schlimme Dinge gehört, Kyria Komninou. Angeblich haben die Russen Beweise gefunden, dass die Deutschen Tausende Juden umgebracht haben. Ist Ihnen davon etwas zu Ohren gekommen?«
Olga blickte zu Boden, bevor sie antwortete. »Ja, Elias, aber wir wissen nicht, ob es stimmt. Wir hoffen von ganzem Herzen, dass es nicht wahr ist«, sagte sie. »Hör zu, du solltest heute Nacht hierbleiben. Aber du musst dich ruhig verhalten. Es könnte Schwierigkeiten geben, wenn Kyrios Komninos herausfindet, dass du hier bist.«
Elias nickte, und Olga verlieà die Küche.
»Du kannst auf meinem Sofa schlafen. Es wird dir wie ein Himmelbett vorkommen, verglichen mit allem, worauf du in letzter Zeit geschlafen hast!«, sagte Pavlina. »Kyrios Komninos geht morgens immer sehr früh ins Büro, also sind wir sicher, wenn wir nach ihm aus dem Haus gehen.«
»In die IrinistraÃe?«
»Ja. Wie ich gesagt habe, da gehen wir gleich morgen früh hin.«
Elias schlief
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