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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hislop
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stelle sich eine zweite Aufgabe: dafür zu sorgen, dass die Linke an der neuen Regierung angemessen beteiligt werde.
    Â»Es kann nicht angehen, dass diejenigen, die mit den Deutschen kollaboriert haben, das Land regieren!«, sagte er erregt.
    Olga schüttelte den Kopf. »Das ist nicht recht, das leuchtet mir ein.«
    Â»Deshalb muss ich nach Athen. Wenn wir unser Ziel erreicht haben, komme ich heim, versprochen.« Bei diesen Worten richtete sich sein Blick auf Katerina.
    Dimitri brach auf, bevor sein Vater zurückkam. Obwohl es die Frauen sehr betrübte, ihn wieder ziehen zu lassen, war der Gedanke, dass er bald wieder nach Hause käme, eine große Beruhigung.
    Katerina musste immer wieder daran denken, wie Dimitri ihre Hand gehalten hatte, auch wenn dies vielleicht nur ein Ausdruck brüderlicher Zuneigung gewesen war. Es war nur ein Moment gewesen, dass seine Finger ihre Handfläche berührten, aber das Gefühl ließ sie nicht mehr los. Noch nie zuvor hatte sie etwas Ähnliches gespürt: die Empfindung, gleichzeitig schwach und stark zu sein. Und sosehr es sie auch verwirrte, wusste sie eines ganz genau: Die Gewissheit, dass er am Leben war, machte sie unbeschreiblich glücklich.

22
    D er lang ersehnte Abzug der Deutschen aus Thessaloniki wurde in den letzten Oktobertagen endlich Wirklichkeit. Sowohl rechts- als auch linksgerichtete Einwohner waren gleichermaßen froh, die Besatzer endlich los zu sein. Die Freude über ihr Verschwinden war jedoch getrübt, denn auf dem Rückzug richteten die Deutschen schlimme Verwüstungen an. Kaum eine Straße, Brücke oder Eisenbahnlinie war intakt geblieben.
    In drei Jahren Besatzungszeit war das Land vollständig ausgeplündert worden, es gab keinen Treibstoff, keine Nah rungsmittel, keine Medikamente und kein Baumaterial mehr. Griechenland befand sich in einem Zustand vollkommener Verelendung. Nur diejenigen, die geschickt ihre eigenen Interessen verfolgt oder Wege gefunden hatten, aus der Not ihrer Mitmenschen Profit zu schlagen, blickten hoffnungsfroh in die Zukunft. Alle anderen jedoch entbehrten selbst das Allernötigste. Im Herbst kam es zu einer Hyperinflation, und Brot, das vor dem Krieg für zehn Drachmen pro Kilo verkauft worden war, kostete jetzt vierunddreißig Millionen. Die Deutschen hatten den Krieg verloren, aber die Griechen praktisch alles eingebüßt, was sie besaßen.
    An einem kühlen Herbsttag, nachdem der letzte Deutsche Thessaloniki verlassen hatte, machten Eugenia und Katerina einen Spaziergang durch die Straßen.
    Â»Wir sollten den Moment unserer Freiheit feiern«, sagte Eugenia. »Es ist lange her, dass wir einen Stadtbummel gemacht haben.«
    Von der Irinistraße gingen sie zur Strandpromenade hinunter. In der Bucht lagen halb versunkene Schiffe im Wasser, deren Buge wie Haifischflossen herausragten. Es waren die traurigen Überreste einer ehemals starken Handelsflotte, die nun schon seit Jahren vor sich hin rostete. Der Hafen war tot, und in den weitläufigen Docks, die früher von Geschäftigkeit und Lärm erfüllt gewesen waren, herrschte unheimliche Stille.
    Â»Wahrscheinlich ist es schon zu lange her …«
    Sie standen auf dem großen Platz neben dem Zollhaus, und das Gebäude rief ferne Erinnerungen in Katerina wach. Es war in Jahrzehnten nicht gestrichen worden, aber die riesige Uhr an der Vorderfront zeigte erstaunlicherweise noch immer die Zeit an.
    Â»Doch, ich glaube, ich erinnere mich. Wir standen eine Ewigkeit vor diesem Gebäude … und warteten auf irgendetwas?«
    Â»Ja, stimmt«, erwiderte Eugenia lächelnd.
    Â»Und es waren unglaublich viele Leute da. Das sehe ich noch ganz deutlich vor mir. Und eine Frau in Weiß.«
    Der nun menschenleere Platz stand in so großem Kontrast zu ihrer Erinnerung, dass sich beide unwillkürlich abwandten. Eugenia erschauerte. Die Meeresbrise fegte über die leere Fläche und ließ Abfallfetzen durch die Luft wirbeln.
    Â»Du denkst an die Frau von der Flüchtlingsbehörde«, sagte Eugenia. »Sie hat das Haus für uns organisiert.«
    Â»Wir waren alle total verdreckt, und sie war so sauber! Mir erschien sie damals wie eine Fee.«
    Mit einem Gefühl der inneren Anspannung gingen sie weiter, und noch immer lastete die Angst auf ihnen, eine Hand könnte sich plötzlich auf ihre Schulter legen oder jemand würde sie barsch nach ihren Papieren fragen.
    Sie

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