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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit dem saublöden Gedicht von René Seifenhaar (der jetzt Subdirektor der ganzen italienischen Gruppe des Signor Betrucci geworden war – ein Beweis, wie vielseitig Seifenhaar auch außerbetrieblich sein mußte!) – bisher hatten die Protosano -Werke nur versucht, ihr böse beschädigtes Image auf dem Weltmarkt wiederherzustellen.
    Wegener tat das mit harmlosen Mitteln, die in den ›Rezeptbüchern‹ der Firma von Onkel Axel Hellebrecht standen, wie er es nannte, und die sich gut verkauften: Schlafmittel, Kopfschmerzmittel, Hustensaft, Grippetabletten, ein Antibiotikum gegen Nierenentzündung, ein Abführmittel (besonders gutes Geschäft, nachdem es die Schokolade wieder frei zu kaufen gab und alles sich auf Süßigkeiten stürzte, wodurch es zu Verstopfungen und Verdauungsstörungen kam), und als Knüller der Protosano- Werke ein Tampon für die kritischen Tage der Frau.
    Trotzdem war es – vor allem im Ausland – schwer, den Geruch wegzubekommen, den Onkel Axel durch seine Gaslieferungen an die SS in der Welt verbreitet hatte, und Wegeners Auslandsvertreter hörten oft die hämischen Worte: »Danke, wir haben keine politischen Häftlinge! Versuchen Sie es mal in Rußland …«
    »Wir müssen die Vergangenheit eliminieren!« sagte Dr. Schwangler immer wieder. »Himmel, Arsch und Zwirn, du hast die Fabrik geerbt und kannst nichts für die alten Geschichten!«
    »Tu was dagegen«, sagte Wegener und hob hilflos die Schultern. »Willst du in alle Zeitungen die Anzeige setzen: Die Protosano- Werke bedauern nachträglich, einmal Giftgas geliefert zu haben? Wir stellen jetzt hochwirksame Dragées gegen Darmträgheit her!?«
    »Aber vielleicht sollten wir die Werke umtaufen?« gab Dr. Schwangler zu bedenken.
    »Nein.« Wegener legte beide Fäuste auf den Tisch. Es war ein endgültiges Nein. »Ich habe in Rußland ganz vorne im Dreck gelegen, ich habe Sibirien hinter mir, und ich habe nie kapituliert! Es gibt da auch noch andere Dinge, Eduard – und auch davor habe ich nicht auf dem Bauch gelegen! Soll ich mich durch eine Umbenennung der Werke auch als Erbe der Schuld von Onkel Axel bekennen? Man sollte der neuen Generation, die bemüht ist, eine neue, bessere Welt zu bauen, endlich grünes Licht geben!«
    »Bravo! Hipp hipp hurra und cheerio!« sagte Dr. Schwangler. »Mann, warum gehst du nicht in die Politik? Das ewig dämliche deutsche Volk liefe dir nach wie eine Katze dem Baldriangeruch!«
    So war die Lage im Jahre 1953, als Wegener mit seinem Hausbau am Rande des Kölner Stadtwaldes begann. Nicht rosig war die Lage, aber auch nicht hoffnungslos, im Gegenteil: Finanziell hatte man keine Sorgen, und über geschäftliche Dinge sprach Wegener wenig zu Hause. Er schirmte Irmi ab. Sie hatte ihre beiden Kinder, den Haushalt, einen zärtlichen Ehemann mit partiellen Ermüdungserscheinungen; sie zog dann und wann ein Abendkleid an (immer ein neues, das Wegener selbst für sie aussuchte) und mußte repräsentieren: bei Firmeneinladungen, bei Konzerten, bei Hausbällen (die auch schon wieder Mode wurden), bei Auslandsreisen, vor allem in die Schweiz, nach Österreich, Frankreich und Italien, wo man wieder große Eleganz pflegte, als müsse man die Erinnerung an die Kleider aus Holzzellstoff verdrängen, die man noch vor sechs Jahren getragen hatte. Vor allem in Rom, bei Signor Betruccis Bällen, wo sich die römische Aristokratie drängte und wo Irmi sogar von König Faruk von Ägypten einen Handkuß und einen verschleierten Antrag bekam, sich mit ihm am nächsten Tag zu treffen, war Irmgard Wegener wie ein bewundertes Schmuckstück, das sich Wegener umgehängt hatte. Wer Irmgard schön und begehrenswert fand, nahm auch den ›unangenehmen Deutschen‹ in Kauf, der so fleißig war, daß er schon wieder störend wirkte. Fleiß ist eine gute Eigenschaft, aber übermäßiger Erfolg durch Fleiß ist wie ein Tritt gegen das Schienbein seiner Geschäftspartner.
    Es hieß also: Seht euch das an! Der Wegener baut sich am Stadtwald ein Haus, als sei er ein Fürst! Seht euch bloß diesen Grundriß an! Allein die Eingangshalle! Was will er damit? Das ist doch Größenwahn! Da hat man immer gemeckert über den ›Dicken‹, den Reichsmarschall Göring mit seinem Karinhall und was er sonst noch hatte. Na und? Geht mal raus zum Stadtwald und seht euch die Wegener-Villa an! Das wird ein ›Palazzo Protzo‹. Und wovon das alles? Von Kackpillen! Von Hustensaft! Von Vitamintabletten! Von Hirnnahrungs-Dragées. Da kann man sich ausrechnen,

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