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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einflußreiche Unternehmer wie Wegener gut gebrauchen könne. Und, wie schon so oft, sagte Wegener ziemlich kalt: »Zum Politiker muß man geboren sein. Mir fehlt einfach die Fähigkeit, anders zu reden, als ich denke …«
    Es war klar, daß Hellmuth Wegener sich damit in politischen Kreisen aller Couleur die Sympathien verscherzte. Aber das kümmerte ihn weniger als Dr. Schwangler, der seine Vorurteile relativieren und gelegentlich sogar eine Beleidigung ausbügeln mußte mit dem Hinweis, Wegener sei zwar ein Genie, aber auch ein Sonderling, und das gehöre ja meistens zusammen.
    Im Februar 1956 wurde Vanessa Nina krank. Zum erstenmal. Bisher hatte sie alle Krankheiten ignoriert, die andere Kinder in ihrem Alter befallen. Sie bekam keine Masern, keine Windpocken, keinen Ziegenpeter, nicht einmal eine richtige Erkältung. Aber jetzt hatte es sie erwischt, sie fieberte stark – 38,7 –, der ganze Körper glühte, als sei er im Ofen gebacken worden, und wenn sie sprach, mußte sie krampfhaft schlucken. Irmi sah ihr in den Hals und sagte nüchtern: »Sie hat eine Mandelentzündung. Sieh dir das an, Liebling!«
    Wegener sah den gelben Belag auf den dick geschwollenen, glutroten Mandeln und geriet in Panik. Er rief sofort Professor Goldstein an und bat ihn dringend um seinen Besuch.
    »Aber lieber Kollege«, sagte Goldstein milde. »Was soll ich mit Mandeln? Ich bin Gynäkologe. Für die oberen Etagen sind andere Kollegen zuständig. Und überhaupt: Sie haben doch alles im Haus! Sie stellen doch selbst das beste Breitband-Antibiotikum her, das auf dem Markt ist!«
    »Trotzdem …« Wegener kaute an der Unterlippe. Dieses verdammte ›Herr Kollege‹! »Ich möchte einen Kollegen bitten. Sie verstehen …«
    »Natürlich!« Professor Goldstein dachte nach. Ärzte behandeln nun einmal die eigenen Familienmitglieder, vor allem Frau und Kinder, höchst ungern. Ein Chirurg würde nur im allerhöchsten Notfall seine Frau oder sein Kind operieren, und Wegener – das wußte Goldstein ja – war ein ›abgebrochener‹ Chirurg. »Ich empfehle Ihnen den Kollegen Dr. Bernharts, Ewald Bernharts. Mit ›t‹ am Ende. Er muß ganz in Ihrer Nähe wohnen. Stadtwaldgürtel, glaube ich …«
    Dr. Bernharts kam sofort, blickte in Vanessa Ninas Hals und sagte: »Die müssen raus!«
    »Auf gar keinen Fall!«
    Dr. Bernharts nickte. »Da haben Sie völlig recht, Herr Kollege. Mit dieser Vereiterung ist eine Tonsillektomie völlig ausgeschlossen. Das behandeln wir zunächst konservativ, und wenn die Tonsillen sauber sind, dann knipsen wir sie ab!« Er lachte fröhlich, tätschelte Nina die heißen Wangen und hob die Schultern. »Ein Rezept brauchen Sie wohl nicht, was?« Er lachte wieder. »Oder soll ich Ihnen verschreiben, was Sie selbst herstellen? Zur Vorlage bei der Krankenkasse?«
    Er lachte nochmals und ging aus dem Kinderzimmer, das – Fritzchen Leber hatte auch da zugeschlagen – im venezianischen Stil, wie auch das Schlafzimmer, eingerichtet war, was manchem Besucher Mitleid mit der kleinen Vanessa Nina entlockte.
    Dr. Bernharts blieb noch drei Stunden bei Wegener, trank vier Kognaks, machte Irmi Komplimente – man traue ihr zwei Kinder gar nicht zu – und dann erzählte er aus seinem Leben, vom Krieg (Dr. Bernharts war Stabsarzt gewesen, bei der 2. Armee, und hatte den ganzen Rückzug mitgemacht), und als Dr. Bernharts ging, war es nach Mitternacht.
    »An ihn könnte ich mich gewöhnen«, sagte Wegener später im Bett zu Irmi. Das Bett hatte einen weiten Himmel aus französischer Spitze, war das, was man ein französisches Bett nennt, damals eine Sensation. Die Spiegelwand gegenüber störte Irmi sehr, aber sie ließ sie nicht entfernen, weil Fritzchen Leber so stolz auf dieses Schlafzimmer war. »Eine Kopie aus dem Schloß der großen Katharina von Rußland!« sagte er. Und Dr. Schwangler, schweinisch wie immer, hatte dazu bemerkt: »Ich glaube nicht, daß Irmi sich deshalb junge Hengste ans Bett schnallen läßt!«
    »Dr. Bernharts ist ein netter Kerl!« sagte Wegener und gähnte. Irmi sah es zweimal, in Natur und im Spiegel. »Wir sollten ihn zu unserem Hausarzt machen.«
    »Wir haben doch dich, Liebling«, sagte Irmi.
    »Schon. Aber manchmal, wie jetzt bei Spätzchen … Es ist besser, wenn ein Kollege zur Hand ist. Außerdem habe ich ja nicht fertig studiert, vergiß das nicht.«
    »Das war sicherlich ein Fehler.« Sie räkelte sich und kroch eng an seine Seite. Ein französisches Bett macht so etwas leicht. »Vielleicht

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