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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Pfund.«
    »Und sind 1,76 groß?! Viel zuviel, mein Lieber! Ich sehe es ja an Ihren Hosen. Im Bund viel zu eng. Ihr Bauch hängt über! Wir müssen was tun!«
    Als Dr. Bernharts gegangen war, sagte Wegener: »Er mag ehrlich sein, Irmi. Aber wie er es sagt – verdammt, ich weiß allein und sehe es ja, daß ich zu dick geworden bin! Aber bis jetzt hast du nie gesagt, daß es dich stört.«
    »Ich würde das auch nie sagen, Liebling«, antwortete sie und räumte die Gläser weg. Es war sehr spät, das Hausmädchen schlief schon.
    »Auch, wenn es dich wirklich störte?«
    »Dann doch!«
    »Ich bin also nicht zu dick?«
    »Du stehst an der Grenze, Schatz …«
    »Das ist ein Wort!« Wegener riß den Schlips herunter. »Was haben wir jetzt? Den 6. April?! In der Schweiz und in den italienischen Alpen liegt immer noch genug Schnee. Ich lasse morgen sofort durch mein Sekretariat einen Schneeurlaub buchen. Und dann wird skigelaufen, daß das Fett nach allen Seiten spritzt.«
    »Einverstanden!« Sie stellte die Gläser hin, kam um den Tisch herum und küßte ihn. »Danke, Schatz!«
    »Wofür?«
    »Wie lange sind wir jetzt verheiratet?«
    »Verdammt!« Er starrte sie entgeistert an. »Genau vierzehn Jahre! Davon zehn Jahre richtig, wenn man es so nennen will …«
    »Und das ist seit zehn Jahren unser erster Urlaub.« Sie küßte ihn wieder. »Dafür danke, mein Schatz!«
    Der Ort hieß San Geronimo, lag irgendwo in den italienischen Dolomiten, man konnte vom Fenster des Hotels aus das ›Marmolata-Massiv‹ bewundern, wenn die Abendsonne es vergoldete und, ehe die Nacht alles zudeckte, in tiefes Purpur hüllte. Aber das alles war für Hellmuth Wegener nur ein billiger Trost für die Wut, die er hinunterschlucken mußte.
    Er saß am Fenster, das linke Bein weit von sich gestreckt, und haderte mit allem, was lebte. Das Bein war bis zum Oberschenkel in Gips. Schon am dritten Tag war es passiert, auf höchst blamable Weise, an einem Hügelchen, von dem die kleinsten Kinder mühelos herunterfuhren. Er war einfach umgefallen, wieso, das wußte er nicht. Er lag im Schnee, das Bein war abgeknickt, Irmi rief um Hilfe. Zwei Skilehrer trugen ihn weg und sagten grinsend: »Wade kaputt! Lange Gips! Schade, schönes Frau lange allein …«
    Es war die Zeit, da ein Skilehrer sich auf der Piste weniger anstrengte als im Bett. Der Hunger gerade der nordischen Touristinnen nach schwarzgelockten Gespielen war ungeheuer.
    Dr. Schwangler fand, wie immer, die richtigen Worte. Wegener holte ihn aus gegebenem Anlaß als ›Feuerwehrmann‹ nach San Geronimo. »Die Russen glauben, der Teufel habe neun Schwänze«, sagte Schwangler fröhlich. »Davon träumt jeder Skilehrer …«
    Der italienische Arzt, der den Gips angelegt hatte, sprach kein Deutsch. Aber er zeigte Wegener das Röntgenbild und überzeugte ihn, daß mit sechs bis acht Wochen Gips zu rechnen war.
    »Ein Misturlaub!« sagte Wegener. »Aber laß dir durch mich nicht die gute Laune verderben, Irmi! Du hast den Urlaub nötiger als ich. Ich werde mich zur Nulldiät entschließen und auf diese Weise meine Pfunde verlieren. Wer nichts ißt, kann auch nichts ansetzen.«
    Irmi lernte sehr schnell skifahren, der kleine Peter lernte es noch schneller. Und manchmal sauste Irmi, nur von einem der schwarzgelockten, immer lachenden Skilehrer begleitet, die Hänge hinunter. Sie tranken Obstschnaps in einsamen Skihütten, aßen Weißbrot und Käse, probierten den würzigen Rotwein und genossen weidlich, was man ›Après-Ski‹ nennt und was für in Gips liegende Ehemänner eine Qual ist, wenn sie nicht dabeisein können. Während Wegener auf seinem Zimmer mit seinem komplizierten Bruch herumsaß und Illustrierte las, Kriminalgeschichten, Kriegsromane, dröhnten unter ihm die Bässe und Schlagzeuge, sang ein Tenor schnulzige Lieder, hörte man Lachen und Kreischen, wenn ein Conférencier in drei Sprachen kalauerte. Und als Peter sagte – er mußte um neun ins Bett: »Papi, die Mami kann aber gut tanzen, sie ist gestern zur Miss Après-Ski gewählt worden. Was ist das?« – da wurde Wegener trotz seines Gipsbeines sehr munter.
    Mit Irmi sprach er nicht über die Miss-Wahl, und sie erzählte ihm auch nichts davon, was ihn erstaunte, ja geradezu erschütterte. Sie hat Geheimnisse vor mir, dachte er. Sie ist fähig, mir etwas zu verschweigen. Das hat es in zehn Jahren nicht gegeben … oder doch? Habe ich es vor lauter Arbeit bloß nicht bemerkt? Wir haben zusammen gelebt wie ein Körper und ein Herz,

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