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Eine Hand voll Asche

Eine Hand voll Asche

Titel: Eine Hand voll Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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ich.
    »Dreißig Minuten passen sehr gut«, versicherte sie mir.
    Ich nahm die Fahrt wieder auf, zu der ich vor zwei Tagen aufgebrochen war.
    Das East-Tennessee-Krematorium befand sich in einem niedrigen, bescheidenen Gebäude in einer grasbewachsenen Ecke am Eingang zum Rockford Industriezentrum. Auf der anderen Straßenseite stand eine Fertigbauhalle mit einem Schild »S & S Services«. Das Krematorium war nicht größer als eine Doppelgarage und kaum auffälliger. Die Besitzer hielten es anscheinend nicht für notwendig, sich der aufgerüschten Sentimentalität oder der holzgetäfelten Vornehmheit von Beerdigungsinstituten zu befleißigen. Mir gefiel die unprätentiöse Schlichtheit – sie passte, fand ich, zu einem Ort, der Leichen aufnahm, sie in einen Einäscherungsofen steckte und verbrannte, bis nur noch anorganische Mineralien übrig blieben. Auf einer Seite des Gebäudes befand sich ein niedriger L-förmiger Anbau, in dem ein Büro mit einer Glastür und Doppelfenstern lag. Das eigentliche Krematorium – in dem höheren, aus Schlackenbetonsteinen erbauten Teil des Gebäudes – hatte auf der Vorderseite ein breites Rolltor und auf der anderen zwei Abgaskamine aus Edelstahl. An dem Gebäude war keinerlei Schild angebracht; es waren die Schornsteine – aus denen blauschwarzer Rauch kam, der von extremer Hitze kündete –, die mir verrieten, dass ich mein Ziel gefunden hatte.
    Ich klopfte an die äußere Windfangtür aus Glas, doch niemand reagierte, also linste ich hinein. Das Büro sah verlassen aus. Die Tür war unverschlossen, also steckte ich den Kopf hinein und rief: »Hallo? Ms. Taylor?«
    Um die Ecke, aus dem an eine Garage erinnernden Teil des Gebäudes, hörte ich eine gedämpfte weibliche Stimme sagen: »Ich komme sofort.«
    Eine freundliche Frau in den Fünfzigern erschien. Sie trug ein graues Kostüm und schwarze Pumps und wäre in einer Bank oder einem Maklerbüro nicht fehl am Platze gewesen, außer dass sie Arbeitshandschuhe trug – solche aus Leder und festem Stoff, wie Schreiner und Landwirte sie bevorzugen. Sie zog einen Handschuh aus und hielt mir die Hand hin.
    »Sie müssen Dr. Brockton sein«, sagte sie. »Ich bin Helen Taylor. Tut mir leid, dass ich Sie warten ließ.«
    »Ich habe Sie zwei Tage warten lassen«, sagte ich, »also fehlt noch einiges, bevor Sie sich entschuldigen müssen. Vielen Dank, dass Sie bereit sind, mir alles zu zeigen.« Ich schüttelte ihr die Hand. Sie hatte einen festen Griff und einen offenen, direkten Blick, der mir gefiel. Aus irgendeinem Grund – vielleicht weil Bestatter normalerweise dazu neigten, respektvoll den Blick zu Boden zu richten – hatte ich nicht jemand so Offenen erwartet.
    Helen hatte vor über zwanzig Jahren als Sekretärin im Büro einer Firma angefangen, die Erdgrüfte herstellte. Jahre später hatte der Besitzer der Firma seine Unternehmungen ausgedehnt und ein Krematorium eröffnet und Helen ausgebildet, um es zu führen. Nach zweijähriger Lehrzeit legte sie das Examen ab. Obwohl sie dieses mit fliegenden Fahnen bestand, lehnte die Kammer sie ab – sie hatten noch nie einen weiblichen Leichenbestatter zugelassen, ganz zu schweigen von jemandem, der seine Ausbildung in einem unabhängigen Krematorium absolviert hatte. Nach zwei Jahren Ausbildung war Helen jedoch nicht bereit, die Ablehnung widerspruchslos hinzunehmen. Sie suchte sich einen Anwalt, der der Kammer drohte, sie wegen Diskriminierung zu verklagen. Wenige Wochen später erhielt sie einen Brief mit ihrer Zulassungsurkunde als geprüfte Bestatterin.
    Im ersten Betriebsjahr äscherte das Krematorium nur vier Leichen ein, sodass ihr sehr viel Zeit für Büroarbeit blieb. In diesem Jahr, sagte sie, belief sich die Zahl der Einäscherungen auf über vierhundert. Das Geschäft ging inzwischen so gut, dass das Krematorium eine riesige Erweiterung plante. Sie zog das Rollo hinter ihrem Schreibtisch hoch und zeigte aus dem Fenster auf eine frisch ausgeschachtete Fläche und ein riesiges Betonfundament. In einem Jahr, erklärte sie mir, würden sie in ein neues, fünfmal so großes Gebäude ziehen. Es würde mit einer Kapelle für Gedenkfeiern, einem Sichtfenster und einem Fernschalter ausgestattet sein, sodass ein Angehöriger den Knopf drücken konnte, um den Prozess der Einäscherung in Gang zu setzen. Das alte Gebäude würde ein Krematorium bleiben, doch würden dort keine menschlichen Leichen mehr eingeäschert, sondern Haustiere – ein Geschäftszweig, der sprunghaft

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