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Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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haben. Gewiß ist das die einzige Möglichkeit.
    Herb Schönheit von Vogelsang rang die Hände und murmelte bedrückt: »Ich verstehe es einfach nicht, Mr. Barefoot. Wir haben die ganze Nacht gearbeitet, schichtweise, und wir haben nicht einmal einen einzigen Ausschlag erreicht. Und wenn wir ein Elektroenzephalogramm anlegen, dann zeigt es schwache, aber zweifellos vorhandene Gehirnaktivität an. Wir haben es an jedem Fleck des Schädels versucht, wie Sie sehen können.« Er deutete auf das Geflecht der haarfeinen Drähte, die den Kopf des Toten mit der Verstärkerausrüstung verbanden, die um den Sarg aufgebaut war.
    »Ist der Gehirnstoffwechsel vorhanden?« fragte Johnny.
    »Ja, Sir. Wir haben auswärtige Spezialisten hergebeten, und sie haben ihn gemessen; er ist genauso, wie man es bei jemandem erwarten kann, der kürzlich gestorben ist.«
    »Ich weiß, daß es sinnlos ist«, sagte Kathy ruhig. »Er ist ein zu großer Mann. Dies hier ist etwas für bejahrte Verwandte. Für Großmütter, die einmal im Jahr am Wiederauferstehungstag nach draußen schlurfen dürfen.« Sie wandte sich von dem Sarg ab. »Gehen wir«, bat sie Johnny.
    Gemeinsam, ohne ein Wort, verließen sie das Institut und gingen den Bürgersteig entlang. Es war ein milder Frühlingstag, und hier und da am Straßenrand trugen die Bäume kleine rosa Blüten. Kirschbäume.
    »Tod«, murmelte Kathy schließlich. »Und Wiedergeburt. Ein technologisches Wunder. Vielleicht hat Louis seine Meinung über die Rückkehr geändert, als er die andere Seite sah ... vielleicht will er einfach nicht zurückkehren.«
    »Nun«, sagte Johnny, »elektrische Gehirnaktivität ist noch immer vorhanden; er ist dort drinnen und denkt.« Er hakte Kathy unter, als sie die Straße überquerten. »Jemand hat mir erzählt«, fuhr er ernst fort, »daß Sie sich für Religion interessieren.«
    »Ja«, bestätigte Kathy ruhig. »Sehen Sie, als ich noch drogensüchtig war, habe ich eine Überdosis von irgendeinem Mittel genommen, und das führte dazu, daß mein Herz stehenblieb. Klinisch war ich sieben Minuten lang tot; sie retteten mich, indem sie mir den Brustkorb öffneten und mein Herz massierten und mich mit Elektroschocks behandelten ... Sie wissen das. Während dieser Zeit hatte ich ein Erlebnis, das wahrscheinlich identisch ist mit den Erfahrungen, die die Halblebenden machen.«
    »War es besser als hier?«
    »Nein«, erwiderte sie. »Aber es war anders. Es war – traumähnlich. Ich meine damit nicht vage oder irreal. Ich meine die Logik, die Schwerelosigkeit; sehen Sie, daß ist der Hauptunterschied. Man ist von der Gravitation befreit. Es ist schwer, sich vorzustellen, wie wichtig das ist, aber denken Sie daran, wie viele Aspekte des Träumens von diesem einen Umstand geprägt werden.«
    »Und es hat Sie verändert«, stellte Johnny fest.
    »Es gelang mir, die Suchtanfälligkeit meiner Persönlichkeit zu überwinden, wenn Sie das meinen. Ich habe gelernt, meinen Appetit zu zügeln. Meine Gier.« Vor einem Zeitungsstand blieb Kathy stehen, um die Schlagzeilen zu lesen. »Schauen Sie«, forderte ihn das Mädchen auf.
     
    STIMME AUS DEM WELTRAUM VERWIRRT WISSENSCHAFTLER
     
    »Interessant«, bemerkte Johnny.
    Kathy griff nach der Zeitung und las den Artikel unter der Schlagzeile. »Wie seltsam«, sagte sie. »Man hat die Sendung eines Lebewesens empfangen ... hier steht es.« Sie gab ihm die Zeitung. »Mir ist das gleiche geschehen, als ich tot war ... Ich trieb hinaus, befreit von der Gravitation der Planeten und der Sonne, entfernte mich aus dem System. Ich möchte wissen, wer es ist.« Sie nahm die Zeitung wieder an sich und las den Artikel erneut.
    »Zehn Cents, Sir oder Madam«, sagte der Robotverkäufer plötzlich.
    Johnny warf die Münze ein.
    »Glauben Sie, daß das mein Großvater ist?« fragte Kathy.
    »Kaum möglich«, erwiderte Johnny.
    »Ich glaube, er ist es«, fuhr Kathy fort und blickte tief in Gedanken versunken an ihm vorbei. »Ich weiß, daß er es ist; schauen Sie, es begann eine Woche nach seinem Tod, und die Stimme kommt aus einer Entfernung von einer Lichtwoche. Und hier ist die Niederschrift seiner Worte.« Sie wies auf den Bericht. »Alles über Sie, Johnny, und über mich und über Claude St. Cyr, den Rechtsanwalt, den er gefeuert hat, und über den Parteitag; alles steht hier, wenn auch verzerrt. So sind die Gedanken, wenn man tot ist; komprimiert, statt hintereinanderfolgend.« Sie lächelte zu Johnny hinauf. »Also stehen wir einem schrecklichen

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