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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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die Hände in die Hosentaschen geschoben, den schmalen Oberkörper nach vorn gebeugt. Er blieb stehen und blickte nach unten.
    Das Ding war völlig zerquetscht. Reifenspuren waren an vier Stellen sichtbar, und seine inneren Organe waren zerplatzt und hervorgetreten. Das ganze Ding war eine schneckenähnliche, gummiartige, langgestreckte Röhre mit Sinnesorganen an einem Ende und einer unentwirrbaren Masse protoplasmischer Glieder am anderen.
    Was ihn am meisten beeindruckte, das war das Gesicht. Einige Zeit lang konnte er es nicht direkt ansehen; er ließ seinen Blick über die Straße, die Berge, die hohen Zedern schweifen. Ein Funkeln, das schnell verblaßte, glomm in den kleinen toten Augen. Es waren nicht die glanzlosen, dummen, leeren Augen eines Fisches. Das Leben, das er in ihnen gesehen hatte, ängstigte ihn, und er hatte es nur flüchtig beobachten können, bevor der Lastwagen darüber hinwegrollte und es zerquetschte.
    „Sie kriechen hier dauernd herum“, sagte der Farmer ernst. „Manchmal wagen sie sich sogar bis zur Stadt. Der erste, den ich gesehen habe, bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von fünfzig Metern pro Stunde die Grand Street hinunter. Sie sind verdammt langsam. Ein paar von den jungen Leuten macht es Spaß, sie zu überfahren. Ich für meinen Teil weiche ihnen aus, wenn ich sie sehe.“
    Gretry berührte das Ding mit der Schuhspitze. Er fragte sich nachdenklich, wie viele von ihnen sich noch in den Büschen und Bergen verstecken mochten. Ein wenig abseits von der Straße erhoben sich die Umrisse von Farmgebäuden; weiße, funkelnde Rechtecke in der heißen Tennessee-Sonne. Pferde und schlafendes Vieh. Schmutzige Hühner, die im Dreck scharrten. Eine verschlafene, friedliche, ländliche Gegend unter der Glut der Sommersonne.
    „Wie weit ist das Strahlenlabor von hier entfernt?“ fragte er.
    Der Fahrer streckte den Arm aus. „Es befindet sich dort drüben, jenseits dieser Hügel. Wollen Sie die Überreste aufsammeln? Unten an der Tankstelle haben sie einen von ihnen in einem großen Tank verstaut. Natürlich einen Toten. Sie haben den Tank mit Kerosin gefüllt, um ihn zu konservieren. Im Vergleich zu dem hier ist er noch fast unversehrt. Joe Jackson hat ihm mit einem Schraubenschlüssel den Schädel eingeschlagen, als er ihn eines Tages entdeckte, wie er auf seinem Land herumkroch.“
    An allen Gliedern zitternd, kehrte Gretry in den Lastwagen zurück. Sein Magen drehte sich, und er mußte mehrmals tief Luft holen. „Ich wußte nicht, daß es so viele von ihnen gibt. Als man mir in Washington diesen Auftrag gab, hieß es, man hätte bisher nur ein paar entdeckt.“
    „Sie sind sehr zahlreich.“ Der Farmer setzte den Laster in Bewegung und rollte vorsichtig um die Überreste auf dem Asphalt herum. „Wir haben versucht, uns daran zu gewöhnen, aber es ist unmöglich. Sie sind häßlich. Viele der alteingesessenen Bewohner ziehen fort. Man spürt es in der Luft, eine bedrückende Atmosphäre herrscht. Das Problem ist aufgetaucht, und wir müssen es lösen.“ Er erhöhte die Geschwindigkeit und umklammerte mit den schwieligen Händen das Lenkrad. „Es scheint, daß von ihnen immer mehr geboren werden und nur noch selten normale Kinder.“
     
    Wieder in der Stadt, führte Gretry aus der Telefonzelle in der schäbigen Hotelhalle ein Ferngespräch mit Freeman. „Wir müssen etwas unternehmen. Es wimmelt hier nur so von ihnen. Um drei fahre ich nach draußen und schau mir eine Kolonie von ihnen an. Der Bursche, der hier das Taxigewerbe betreibt, weiß, wo sie zu finden sind. Er sagt, daß sich elf oder zwölf von ihnen zusammengeschlossen haben.“
    „Wie ist die Stimmung unter der Bevölkerung?“
    „Was, zum Teufel, erwarten Sie wohl? Sie halten es für eine Strafe Gottes. Vielleicht haben sie recht.“
    „Wir hätten sie früher evakuieren sollen. Wir hätten das ganze Gebiet sperren müssen. Dann stünden wir jetzt nicht diesem Problem gegenüber.“ Freeman schwieg einen Moment. „Was schlagen Sie vor?“
    „Erinnern Sie sich an diese Insel, die wir für den H-Bomben-Test benutzt haben?“
    „Es ist eine verdammt große Insel. Wir mußten ein ganzes Eingeborenenvolk evakuieren und neu ansiedeln.“ Freeman schluckte. „Großer Gott, gibt es denn so viele von ihnen?“
    „Die verbliebenen Einwohner übertreiben natürlich. Aber ich habe den Eindruck, daß wir zumindest mit hundert rechnen müssen.“
    Freeman schwieg lange Zeit. „Ich verstehe das nicht“, gestand er

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