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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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geboren. In jedem Farmgebäude in der Umgebung des Strahlenlabors kamen ein oder zwei von ihnen zur Welt.“
    „Wo liegt die Farm von Mrs. Higgins?“ erkundigte sich Gretry.
    „Dort drüben. Können Sie sie durch die Bäume erkennen? Sie wollen …“
    „Ich bin bald wieder zurück“, erklärte Gretry und setzte sich unvermittelt in Bewegung. „Warten Sie hier auf mich.“
     
    Die alte Frau gab den dunkelroten Geranien, die um ihre Veranda wuchsen, Wasser, als Gretry eintraf. Sie sah rasch auf, das alte, faltige Gesicht mißtrauisch verzogen, die Gießkanne wie eine stumpfe Waffe in der Hand.
    „Guten Tag“, grüßte Gretry. Er tippte an seinen Hut und zeigte ihr seinen Ausweis. „Ich untersuche die … Kriecher. Jene, die sich am Rande Ihres Besitzes aufhalten.“
    „Warum?“ Ihre Stimme war ausdruckslos, hohl, kalt. Wie ihr verrunzeltes Gesicht, ihr Körper.
    „Wir versuchen, eine Lösung zu finden.“ Unbehagen und Unsicherheit erfüllten Gretry. „Man überlegt, ob man sie nicht fortschaffen soll, auf eine Insel im Golf von Mexiko. Sie können nicht hierbleiben. Das ist zu hart für die Leute. Es ist nicht richtig“, schloß er lahm.
    „Nein. Es ist nicht richtig.“
    „Und wir haben bereits begonnen, jeden aus der Nähe des Strahlenlabors zu evakuieren. Ich schätze, wir hätten das schon lange vorher machen sollen.“
    Die Augen der alten Frau funkelten. „Sie und Ihre Maschinen. Schauen Sie, was Sie angerichtet haben.“ Erregt deutete sie mit ihrem knochigen Finger auf ihn. „Nun müssen Sie alles wieder in Ordnung bringen. Sie müssen etwas unternehmen.“
    „Sobald wie möglich schaffen wir sie zur Insel. Aber es gibt ein Problem. Wir müssen die Erlaubnis der Eltern einholen. Sie müssen zustimmen. Wir können nicht einfach …“ Er verstummte niedergeschlagen. „Was werden sie dazu sagen? Werden sie einverstanden sein, daß wir ihre … Kinder einfangen und fortkarren?“
    Mrs. Higgins drehte sich um und ging ins Haus. Unsicher folgte ihr Gretry in das dunkle, staubige Innere. Die meisten Zimmer waren voller Petroleumlampen und verblassender Gemälde, alter Sofas und Tische. Sie führte ihn durch eine große Küche, in der riesige Eisentöpfe und Pfannen standen, dann eine Holztreppe hinunter bis zu einer weißlackierten Tür. Sie klopfte energisch.
    Etwas bewegte sich. Nach einer quälend langen Zeit öffnete sich die Tür langsam. Mrs. Higgins stieß sie weit auf und bedeutete Gretry, hinter ihr einzutreten.
    In dem Zimmer befanden sich ein junger Mann und ein Mädchen. Sie wichen zurück, als Gretry erschien. Die junge Frau trug einen großen Pappkarton, den der Mann ihr plötzlich übergeben hatte.
    „Wer sind Sie?“ fragte der Mann. Unvermittelt griff er wieder nach dem Karton; die kleinen Hände seiner Frau zitterten.
    Gretry stand den Eltern eines Kriechers gegenüber. Die junge braunhaarige Frau konnte nicht älter als neunzehn sein. Sie wirkte schlank und klein in dem billigen grünen Kleid, und sie besaß volle Brüste und dunkle, furchtsame Augen. Der Mann war größer und stärker, ein hübscher junger Bursche mit kräftigen Armen und geschickten Händen, die fest den Pappkarton umklammerten.
    Gretry konnte den Blick von dem Karton nicht abwenden. Luftlöcher waren in den Deckel gestochen worden; der Karton bewegte sich leicht in den Armen des Mannes, und ein leichter Stoß ließ ihn hin und her schwanken.
    „Dieser Mann“, wandte sich Mrs. Higgins an den Ehemann, „ist gekommen, um es abzuholen.“
    Das Paar nahm die Bemerkung schweigend auf. Der Ehemann umklammerte den Karton noch fester.
    „Er wird sie alle auf eine Insel schaffen“, fuhr Mrs. Higgins fort. „Alles ist vorbereitet. Niemand wird ihnen etwas zuleide tun. Sie werden in Sicherheit sein und alles tun können, was sie möchten. Bauen und herumkriechen, wo sie niemand stört.“
    Die junge Frau nickte stumm.
    „Gib es ihm“, befahl Mrs. Higgins ungeduldig. „Gib ihm den Karton, damit es ein für allemal vorbei ist.“
    Nach einem Moment trug der Ehemann den Karton zu dem Tisch und stellte ihn dort ab. „Sie wissen Bescheid?“ fragte er. „Sie wissen, was sie essen?“
    „Wir …“, begann Gretry hilflos.
    „Sie essen Blätter. Nur Blätter und Gras. Wir haben die kleinsten Blätter gesammelt, die wir finden konnten.“
    „Er ist erst einen Monat alt“, erklärte die junge Frau mit rauher Stimme. „Er wollte bereits zu den anderen, aber wir haben ihn hierbehalten. Wir wollten nicht, daß er

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