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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Planeten gruppiert waren.
    „Es muß irgendwo hier geschehen“, wandte sich Lieutenant West an Patterson. Mit geröteten Augen, stoppelbärtig, die Hände vor Müdigkeit und Anspannung zitternd, so deutete er auf eine bestimmte Stelle auf der Karte. „Unger erinnert sich an einige Offiziere, wie sie sich über diesen Konvoi unterhalten haben. Der Konvoi startete von einer Versorgungsbasis auf Ganymed. Danach verschwand er.“ West machte eine vage Handbewegung. „Zu diesem Zeitpunkt schenkte man ihm auf der Erde keine Aufmerksamkeit. Erst später erkannte man, was sich da aus dem Staub gemacht hatte. Einige Militärexperten rekonstruierten die Ereignisse und zeichneten sie auf Band auf und veröffentlichten sie. Die Offiziere analysierten den Vorfall. Unger glaubt, daß der Kurs des Konvois nahe an Europa vorbeiführte. Aber vielleicht war es auch Callisto.“
    „Das genügt nicht“, schnappte Gannet. „Bisher wissen wir nicht mehr über den Kurs als die irdischen Taktiker zu dieser Zeit. Wir brauchen exakte Daten.“
    David Unger tastete nach einem Glas Wasser. „Danke“, murmelte er dankbar, als es ihm einer der jungen Offiziere reichte. „Ich wünschte, ich könnte Ihnen mehr helfen“, sagte er bekümmert. „Ich versuche, mich zu erinnern. Aber ich scheine nicht mehr so klar wie früher denken zu können.“ Sein faltiges Gesicht verzerrte sich vor Anstrengung. „Wissen Sie, ich habe eine Ahnung, als ob der Konvoi nahe dem Mars von einem Meteorschwarm aufgehalten wurde.“
    Gannet beugte sich nach vorn. „Weiter.“
    Unger sah ihn traurig an. „Ich möchte Ihnen so gut es geht helfen, Mister. Die meisten Leute, die ein Buch über einen Krieg schreiben, suchen sich lediglich das Zeug aus anderen Büchern heraus.“ Bemitleidenswerte Dankbarkeit zeigte sich auf seinem runzligen Gesicht. „Ich hoffe, daß Sie meinen Namen irgendwo in Ihrem Buch erwähnen werden.“
    Das also war es. Von Übelkeit übermannt, wandte sich Patterson ab. Gannet gab sich als Militärhistoriker aus. Gab vor, ein Buch über den verlorenen Krieg schreiben und sich der Erinnerungen des alten Mannes für seine „Abhandlung“ bedienen zu wollen.
    „Natürlich“, versicherte Gannet großmütig. „Ihr Name wird auf der ersten Seite stehen. Vielleicht können wir sogar ein Foto bringen.“
    „Ich weiß alles über den Krieg“, brummte Unger. „Geben Sie mir Zeit, und ich werde mich wieder erinnern. Lassen Sie mir nur etwas Zeit. Ich versuche mein möglichstes.“
    Der Zustand des alten Mannes verschlechterte sich rapide. Sein faltiges Gesicht besaß eine ungesunde graue Färbung. Wie vertrockneter Kitt hing seine Haut an den zerbrechlichen, vergilbten Knochen. Sein Atem rasselte. Es war jedem der Anwesenden klar, daß David Unger sterben würde – und zwar bald.
    „Wenn er abkratzt, bevor er sich erinnert“, sagte Gannet leise zu Lieutenant West, „werde ich …“
    „Was ist?“ fragte Unger scharf. Sein gesundes Auge blickte plötzlich klar und feindselig drein. „Ich kann Sie nicht verstehen.“
    „Versuchen Sie sich nur zu erinnern“, bat Gannet mürrisch. Er drehte den Kopf. „Führen Sie ihn zum Kartentisch, damit er sich die Lage ansehen kann. Vielleicht wird ihm das helfen.“
    Man half dem alten Mann auf die Beine und geleitete ihn zum Tisch. Techniker und Offiziere umringten ihn, und die einäugige, gebeugte Gestalt verschwand aus dem Blickfeld.
    „Er wird es nicht mehr lange machen“, bemerkte Patterson gereizt. „Wenn Sie ihm nicht ein wenig Ruhe gönnen, wird sein Herz versagen.“
    „Wir brauchen die Informationen“, entgegnete Gannet. Er sah Patterson an. „Wo steckt der andere Arzt. LeMarr, so heißt er doch, oder?“
    Patterson blickte sich um. „Er ist nicht da. Wahrscheinlich konnte er es nicht ertragen.“
    „LeMarr ist nicht hiergewesen“, erklärte Gannet ruhig. „Ich frage mich, ob wir ihn nicht herholen lassen sollten.“ Er deutete auf Evelyn Cutter, die soeben eingetroffen war, mit bleichem Gesicht, die schwarzen Augen aufgerissen, schwer atmend. „Sie hat vorgeschlagen …“
    „Das spielt keine Rolle mehr“, unterbrach Evelyn eisig. Sie warf Patterson einen kurzen, bittenden Blick zu. „Ich will mit Ihnen und Ihrem Krieg nichts zu tun haben.“
    Gannet zuckte die Achseln. „Ich werde auf jeden Fall eine Routineanfrage rausschicken. Nur um sicherzugehen.“ Er ging davon, ließ Evelyn und Patterson allein zurück.
    „Hören Sie zu“, sagte Evelyn rauh, ihre heißen Lippen

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