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Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Titel: Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dahlhoff
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aber sie hatten alle vier Angst vor einer Strafe, wenn sie nicht rechtzeitig zurück wären.
    »Ich bleibe einfach noch ein wenig allein hier sitzen, und ihr lauft schon mal nach Hause«, schlug ich vor. »Den Weg finde ich.«
    Die anderen tauschten Blicke und schienen zu überlegen. »Na gut«, sagte Bernhard schließlich. »Aber dann musst du auch den Schlüssel an dich nehmen und das Tor damit wieder verschließen. Sonst kann jeder auf die Obstwiesen.«
    »Ja, das mache ich«, versprach ich, und Bernhard zog aus seiner Hosentasche den Schlüssel hervor.
    »Pass gut darauf auf, Monika! Und bleib nicht so lange!«
    Ich versprach auch dies und ließ die vier ziehen.
    Endlich war ich allein. Ich genoss die Stille, nur das leise Rauschen des Bachs in der Nähe war zu hören. Ich lehnte mich ein wenig zur Seite, weil dort die Sonne durch das Rosendach hindurchschien. Und mit geschlossenen Augen sog ich den Duft der Rosen ein und wäre wohl lange noch nicht aufgestanden, wenn sich nicht ein paar Spatzen auf dem Dach des Pavillons niedergelassen hätten, um einen Sängerstreit auszutragen. »Euch hat bestimmt der Pflegevater geschickt!«, rief ich ihnen zu und musste kichern. Zum Abschied fühlte ich noch einmal über ein paar Blütenköpfe und Stiele, und selbst das Piksen der Dornen machte mir nichts aus.
    Ich lief den Weg am Bach entlang, den ich mit den anderen gekommen war, dann an den Spargelfeldern vorbei und zu den Wiesen hinüber. Der Rückweg war viel weiter, als ich gedacht hatte, und nun schmerzte mein Fuß allmählich doch noch. Ich musste eine Pause einlegen und setzte mich mitten ins Grüne, um die Beine für eine Weile auszustrecken. Wenn nur das Jucken unter dem Kopfverband nicht wäre … Und schon lagen das Tuch und der Verband im Gras, und ich ließ mir die Sonne auf die vernarbte Kopfhaut scheinen. Auf einmal juckte es unter dem Verband am Fuß … Und wieder dauerte es nicht lange, und ich streckte den vernarbten Fuß auf der Wiese aus. So saß ich eine ganze Zeit lang, träumte vor mich hin und rupfte an den Wiesenhalmen, als mich ein plötzliches Hungergefühl ergriff. Sofort steckte ich mir etwas von dem Gras in den Mund, doch es schmeckte fad, und ich spuckte es wieder aus. Ich würde doch gleich Mittagessen bekommen, was sollte ich also das unappetitliche Grünzeug essen? Den Fußverband wickelte ich mir wieder um, aber das Tuch und den Verband für den Kopf trug ich in der Hand, als ich erneut aufbrach, um zum Haus zurückzugehen. Ich lief über ein Feld mit Beerensträuchern und wunderte mich, weil ich die leuchtend roten Früchte auf dem Hinweg gar nicht gesehen hatte. Ohne lange darüber nachzudenken, hockte ich mich hin und pflückte von den Beeren, aß ein paar und legte welche in das Tuch. Gerade wollte ich wieder Beeren ins Tuch geben, als mich zwei braune Männerschuhe mit Hosen darüber innehalten ließen. Mit leise klappernden Zähnen schaute ich an ihnen hinauf und erblickte den Pflegevater, der jetzt noch größer aussah als sonst. »Was machst du denn hier, Monika? Wir haben mit dem Essen auf dich gewartet! Was hast du nur so lange gemacht?«
    »Ich hab Beeren gepflückt«, sagte ich leise. Vor Angst, dass ich geschlagen wurde, klapperten meine Zähne immer heftiger, und ich biss sie fest aufeinander.
    »Nimm meine Hand.« Der Pflegevater zog mich behutsam hoch. »Hast du den Schlüssel noch, den Bernhard dir gegeben hat?«
    Oje, den Schlüssel hatte ich ganz vergessen. Ich wühlte in meiner Kleidertasche und atmete auf. »Hier ist er.« Ich reichte ihm den Schlüssel.
    Der Pflegevater nahm ihn und hob auch mein Tuch vom Boden auf. »Ist das nicht dein Kopftuch?«, fragte er.
    »Ja, aber die Sonne war so schön warm, da habe ich es ausgezogen. Und dann war ich froh, dass ich die Beeren hineinlegen konnte.« Das Zähneklappern hörte zum Glück auf, und ich lief plappernd an der großen Männerhand weiter. Jetzt durfte ich sogar noch die Zicklein streicheln, und wir machten einen Umweg an einem Zaun mit Weinreben entlang, an denen erste kleine Blütenstände zu sehen waren, wie der Pflegevater erklärte. »Daraus werden mal Dolden mit lauter süßen Trauben, aus denen Mutti dann Gelee macht.«
    »Gelee?« Ich verstand das alles nicht.
    »Ach, du musst noch so viel lernen … Gelee ist wie Marmelade.« Der Pflegevater seufzte angestrengt, und ich fragte lieber nicht weiter, was denn Dolden und Trauben seien.
    »Ich zeig dir jetzt noch den Schuppen; da darf nur die Familie

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