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Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Titel: Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dahlhoff
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Schürzentasche gesteckt hatte, lief ich jedes Mal zu meinem Baum, der im Winter rote Äpfel tragen würde, und schaute, wie weit sie waren. Heute war wieder so ein Tag. Klein und hellgrün hingen die Früchte an den Zweigen.
    Vom herrlichen Duft der Rosen angezogen, spazierte ich zu den Beeten hinüber und sog bei jedem Schritt die Luft tief ein. Vor einem Strauch mit üppigen rosafarbenen Blüten blieb ich stehen. Ach, wie schön diese Rosen waren! Wenn Mama sie nur sehen könnte, sie würden ihr gewiss genauso gut gefallen wie mir. Ich hatte lange nicht an meine Mutter gedacht, doch in diesem Augenblick überkam mich eine große Sehnsucht. Ich sah mich kurz um, ob mich auch niemand beobachtete, griff nach der Schere in meiner Schürze und schnitt die Rose mit der größten Blüte ab. Zum Pavillon war es nicht weit … Er war wie ein Zauberort, hier würden meine Wünsche vielleicht in Erfüllung gehen. Ich legte die Rose auf die Sitzbank. »Mama, die ist für dich. Wenn du sie findest, weißt du, wo ich bin. Ich brauche dich so sehr. Bitte komm und hol mich … Ich möchte nie mehr geschlagen werden.« Eine ganze Weile lang blieb ich unter dem Dornendach sitzen und träumte vor mich hin. Erst als mein Magen sich regte, fiel mir auch wieder ein, dass ich fürs Abendbrot Kräuter holen sollte. Doch bis dahin würde mein Hunger viel zu groß werden. Und schon pflückte ich mir ein paar von den Aprikosen. Wie im Paradies kam ich mir vor. Ich stand unter dem Aprikosenbaum und biss bereits in die dritte Frucht, der süße Saft rann mir übers Kinn. Mein Blick schweifte unter den niedrigen Ästen her über die Wiese. Was war das? Diesen Hügel weiter hinten auf der Wiese sah ich zum ersten Mal. Ich wischte mir mit dem Ärmel über Mund und Kinn und lief kauend auf den Hügel zu. Je näher ich kam, desto größer erschien er mir. Neugierig ging ich um ihn herum; er war über und über mit wilden Rosen bewachsen. Auf einmal entdeckte ich an einer Stelle eine Fläche, die von feinen dünnen Ranken bedeckt war, die auch keine Dornen hatten. Auf Knien krabbelte ich vorsichtig an der Blätterwand hinauf. Welch ein Blick über den Garten! Und das Beste war, mich konnte man dort oben zwischen dem grünen Blätterwerk nicht mal erahnen. Ein hervorragendes Versteck. Hier würde mich niemand finden, die Klohäuschen waren nicht weit, und in der Nacht unter dem Sternenhimmel könnte ich laut mit Papa sprechen. O ja, das wollte ich bald versuchen, bei Nacht hierherzukommen. Aber jetzt musste ich endlich zum Kräutergarten, die Pflegemutter wunderte sich sicher schon, wo ich blieb.
    Als ich das Haus betrat, hörte ich die Stimme des Pflegevaters. Er musste bei Tante Frieda in der Küche sein, und so schlich ich mit den Kräutern in der Hand an der Tür vorbei und die Treppe hinauf.
    »Das hat aber lange gedauert, Monika. Warst du wieder bei den Rosen?« Ich nickte mit gesenktem Kopf. »Na, leg die Kräuter auf den Tisch … Ich zeig dir etwas.« Aus einem Schrank im Flur holte die Pflegemutter eine kleine Flasche aus Glas. »Das ist Rosenöl, hier, ich gebe dir einen kleinen Tropfen auf deine Hand … Und jetzt riech mal.«
    Hmmm … Wie von selbst schlossen sich meine Lider, und ich dachte, ich wäre wieder bei meinen Rosen im Garten. »Wie kommt der Duft denn da hinein?«, fragte ich erstaunt, die Hand immer noch unter meiner Nase. – »Es ist sehr viel Arbeit, Rosenöl herzustellen, für solch ein kleines Fläschchen braucht man viele Körbe voll Blüten.« Ich hörte aufmerksam zu und verstand, dass dieses Duftöl etwas ganz Besonderes war. »Jetzt aber schnell wieder in die Küche, bevor Vati uns erwischt. Der meint, so etwas brauche ich nicht.«
    Zu gern hätte ich das Fläschchen in die Ritze meines Bettsofas gesteckt, wo schon ein paar Murmeln, Steine, Knöpfe, ein Löffel, eine Entenfeder, die ich am Bach gefunden hatte, und ein Schnuller versteckt waren. Den Schnuller hatte ich aus einem Kinderwagen genommen, als niemand hingeschaut hatte. Das Baby hatte zwei davon, und ich hatte noch nie einen gehabt. In der Sofaritze war mein geheimer Schatz bestens versteckt.
    Mit der Brotschale und einer Schüssel Wurstsalat gingen wir zu Tante Frieda in die Küche hinunter, wo bereits der Tisch gedeckt war und die anderen auf uns warteten. Wie so oft, wenn ich Hunger hatte und mit vielen Personen am gedeckten Tisch saß, spielten die Gefühle in mir verrückt. Im einen Moment wollte ich gar nichts essen, im nächsten hätte ich am

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