Eine Handvoll Venus: Meisterwerk der Science Fiction - Roman (German Edition)
durch die Menge und packte mich am Arm. »Wollen Sie Unruhe stiften?«, fragte er.
»Nein«, sagte ich mit belegter Stimme.
Er winkte beschwichtigend zum Schreibtisch hinüber, man erwiderte grinsend das Zeichen. Dann drückte er mir den Schlagstock in den Rücken, und wir schoben uns durch die erstaunte Menge. Benommen ließ ich mich von ihm aus der Empfangshalle in eine tunnelähnliche Einkaufsstraße führen.
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Warren Astron, D.P.S.
NUR NACH VEREINBARUNG
Reklame blinkte und leuchtete aus den Schaufenstern, vor denen die Neuankömmlinge staunend herumflanierten.
»Halt«, brummte der Wachtposten. Wir blieben vor dem Schild »WARREN ASTRON« stehen. Er murmelte: »Nehmen Sie mir den Schlagstock fort. Versetzen Sie mir einen festen Schlag auf den Kopf. Schießen Sie dann auf die Straßenbeleuchtung und verschwinden Sie hier im Haus. Geben Sie sich bei Astron mit dem Signal zu erkennen. Viel Glück – und brechen Sie mir nach Möglichkeit nicht den Schädel.«
»Sie sind – Sie sin…«, stotterte ich.
»Ja«, sagte er trocken. »Ich wünschte, ich hätte Ihr Signal nicht gesehen. Das wird mich zwei Streifen und eine Beförderung kosten. Los, vorwärts.«
Gesagt, getan. Er gab mir den Schlagstock, und ich versuchte, nicht zu schwach und nicht zu heftig zuzuschlagen. Dann feuerte ich mit der Dienstpistole des Wachtpostens einen gezielten Schuss ab und zerstörte so die Straßenbeleuchtung; Passanten schrieen auf. Es klang in der überdachten Straße wie Donner. Ich verschwand wie der Blitz hinter der weißen Tür von Astron, befand mich plötzlich im Dunkeln und stand einem schlanken, hageren Mann mit Spitzbart gegenüber.
»Was soll das denn?«, fragte er. »Ich bin nur nach Vereinbarung zu sprech…« Ich machte das Zeichen. »Auf der Flucht?«, fragte er und seine professorale Zerstreutheit verschwand.
»Ja, beeilen Sie sich.«
Er führte mich durch sein Sprechzimmer in ein kleines, hohes Observatorium mit transparenter Kuppel, einem Refraktor, Hindu-Sternkarten, Uhren und Tischen. Einen dieser Tische hob er mit einem kräftigen Ruck hoch und klappte ihn an Scharnieren zurück. Darunter befand sich eine Öffnung. »Da hinunter«, sagte er.
Ich verschwand in der Dunkelheit.
Das Loch war etwa eins achtzig tief und zwei Quadratmeter groß. Es schien noch nicht fertig zu sein. An einer Wand lehnten Hacke, Schaufel und ein paar Eimer voller Mondgestein. Offenbar war die Arbeit noch nicht abgeschlossen. Ich drehte einen Eimer um und setzte mich. Nach fünfhundertsechsundsiebzig Pulsschlägen setzte ich mich auf den Boden und hörte auf zu zählen. Als mir das zu ungemütlich wurde, versuchte ich, das Mondgestein ein wenig beiseitezuräumen und mich auszustrecken. Nachdem ich die gesamte Prozedur fünfmal durchgemacht hatte, hörte ich direkt über mir Stimmen. Einmal die fahrige professorale Stimme Astrons und dann die geschwätzige, quengelige Stimme einer Frau. Die beiden schienen sich an den Tisch gesetzt zu haben, der den Eingang zu meinem Versteck verbarg.
»… wirklich etwas übertrieben, mein lieber Doktor.«
»Wie Sie meinen, gnädige Frau. Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen, ich möchte zu meinen Ephemeriden zurückkehren.«
»Aber Dr. Astron, ich wollte damit doch nicht sagen, dass …«
»Sie müssen mir vergeben, gnädige Frau, dass ich es so verstanden hatte, als wollten Sie mir mein übliches Honorar nicht bewilligen … ja, das habe ich gedacht. Jetzt bitte Geburtsdatum und Stunde?«
Sie murmelte die Daten, und ich überlegte kurz, welchem Problem Astron gegenüberstand, wenn Frauen bei ihrer Altersangabe schwindelten.
»So … Venus im Haus des Mars … Merkur am Aszendenten im Trigonalaspekt …«
»Was ist das denn?«, fragte sie mit schriller, misstrauischer Stimme. »Ich verstehe eine ganze Menge von der Großen Kunst, aber das habe ich noch nie gehört.«
Astron, höflich: »Sie müssen sich klarmachen, gnädige Frau, dass in einem Mondobservatorium vieles möglich wird, wovon Sie noch nie gehört haben. Beobachtungen vom Mond aus ermöglichen es, die Große Kunst in einem Maße zu verfeinern, wie es ehedem, als die Beobachtungen notgedrungen durch die verschmutzte Lufthülle der Erde
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