Eine Handvoll Worte
gewöhnt, zu bekommen, was Sie wollen.« Er lächelt sie an und sammelt sein Buch und seinen MP3-Player ein. Salutierend begibt er sich zur Tür.
Du hast keine Ahnung, denkt sie, als er verschwunden ist, wie falsch du liegst.
Ich bin 25 und habe eine ziemlich gute Stelle, aber nicht gut genug, um alles zu haben, was ich möchte – ein Haus, ein Auto und eine Frau.
»Weil man offensichtlich eine von denen zum Haus und zum Auto dazu erwirbt«, murmelt Ellie über dem verblassten Artikel. Oder womöglich nach einer Waschmaschine.
Mir ist aufgefallen, dass viele meiner Freunde geheiratet haben, und ihr Lebensstandard ist beträchtlich gesunken. Seit drei Jahren habe ich eine Freundin, und ich würde sie so gern heiraten. Ich habe sie gebeten, drei Jahre zu warten, bis wir heiraten und unter besseren Bedingungen leben können, aber sie sagt, sie wird nicht auf mich warten.
Drei Jahre, überlegt Ellie. Ich kann es ihr nicht verübeln. Du vermittelst ihr nicht gerade den Eindruck, als wärst du leidenschaftlich in sie verliebt, oder?
Entweder, wir heiraten dieses Jahr, oder sie will mich gar nicht heiraten. Ich glaube, die Haltung ist unvernünftig, da ich ihr dargelegt habe, dass sie einen ziemlich niedrigen Lebensstandard haben wird.
Meinen Sie, es gibt noch ein Argument, das ich hinzufügen könnte?
Meine einzige, wahre Liebe?!
»Nein, Freundchen«, sagt Ellie laut und schiebt die nächste alte Zeitungsseite unter den Deckel des Kopiergeräts. »Ich glaube, du hast dich ziemlich klar ausgedrückt.«
Sie geht wieder an ihren Schreibtisch, setzt sich und zieht den zerknitterten, handgeschriebenen Brief aus ihrem Ordner.
Meine einzige, wahre Liebe … Wenn du nicht kommst, werde ich wissen, dass das, was immer wir füreinander empfinden, nicht ganz reicht. Ich will dir keinen Vorwurf machen, Liebling. Ich weiß, die letzten Wochen haben dich unerträglich unter Druck gesetzt, und ich spüre dieses Gewicht deutlich. Ich verabscheue den Gedanken, ich könnte dir Unglück bringen.
Sie liest die Worte immer wieder. Sie enthalten Leidenschaft, Kraft, selbst nach so vielen Jahren noch. Warum sollte man sich den selbstgefälligen Satz »Ich habe ihr dargelegt, dass sie einen ziemlich niedrigen Lebensstandard haben wird« gefallen lassen, wenn man ebenso gut »Du sollst wissen, dass du mein Herz, meine Hoffnungen in Händen hältst« haben könnte? Sie wünscht der unbekannten Freundin des ersten Briefpartners, dass sie glücklich davongekommen ist.
Ellie schaut halbherzig nach neuen E-Mails, dann nach SMS auf ihrem Handy. Sie ist zweiunddreißig. Sie liebt jemanden, der mit einer anderen verheiratet ist. Ihre Freundinnen haben angedeutet, dass das – sie – lächerlich ist, und sie kann die beiden nicht ausstehen, weil sie weiß, dass sie recht haben.
Sie kaut an einem Bleistift. Sie nimmt die fotokopierte Kummerkastenseite in die Hand und legt sie wieder hin.
Dann öffnet sie eine leere Seite auf ihrem Bildschirm und tippt, bevor sie zu lange darüber nachdenken kann:
Keine Selbstgefälligkeit
Ehrlichkeit.
Zu wissen, was ich dir bedeute, ist das Einzige, was ich mir wirklich zum Geburtstag wünsche. Wir müssen uns ehrlich unterhalten, und ich muss sagen können, was ich empfinde. Ich muss wissen, ob wir eine wie auch immer geartete gemeinsame Zukunft haben.
Sie fügt hinzu:
Ich liebe dich, John. Ich liebe dich so, wie ich im Leben noch nie einen Menschen geliebt habe, und das macht mich allmählich wahnsinnig.
Wenn ich das jetzt abschicke, denkt sie, ist es für mich entschieden. So übernehme ich auf meine Art die Kontrolle. Und wenn es nicht die Antwort ist, die ich mir wünsche, dann ist es wenigstens eine Antwort. Ihr Zeigefinger liegt sacht auf »Senden«.
Und ich werde nie wieder das Gesicht berühren, diese Lippen küssen, diese Hände auf mir spüren. Ich werde nie mehr hören, wie er Ellie Haworth ausspricht, als wären die Silben an sich kostbar.
Das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelt.
Sie fährt zusammen, wirft einen Blick darauf, als hätte sie vergessen, wo sie ist, dann wischt sie sich mit einer Hand über die Augen. Sie richtet sich auf und nimmt ab. »Hallo.«
»Hey, Geburtstagsmädchen«, sagt Rory, »begeben Sie sich runter in die Zellen, wenn Feierabend ist. Kann sein, dass ich etwas für Sie habe. Und bringen Sie mir einen Kaffee mit, wenn Sie schon dabei sind. Das ist der Lohn für meine Mühen.«
Sie legt den Hörer auf, wendet sich wieder ihrem Computer zu und drückt auf
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