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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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besonders empfänglich für ihre Gefühle gemacht.
    Sie hat nicht darüber gesprochen: Das Einzige, was sie in diesem vergangenen Jahr gelernt hat, ist, in der Gegenwart zu leben. Sie hat sich in jeden Augenblick gestürzt und ihn sich nicht verderben durch Überlegungen lassen, welchen Preis sie dafür zahlen musste. Der Absturz würde kommen – das war immer so –, aber sie sammelte für gewöhnlich genug Erinnerungen, um ihn ein wenig abzufangen.
    Sie steht auf der Treppe und denkt an seine nackten, sommersprossigen Arme, die er um sie geschlungen hat, sein schlafendes Gesicht auf ihrem Kissen. Es war perfekt. Perfekt. Eine kleine Stimme fragt sich, ob ihm eines Tages, wenn er nur gründlich darüber nachdenken würde, klar würde, dass ihr ganzes Leben so sein könnte.
    Bis zum Postamt in der Langley Street ist es nur eine kurze Fahrt mit dem Taxi. Bevor sie das Büro verlässt, legt sie Wert darauf, Melissas Sekretärin zu sagen: »Hier ist meine Handynummer, falls sie mich sprechen will.« Ihr Stimme trieft vor professioneller Höflichkeit. »Ich bin in ungefähr einer Stunde wieder da.«
    Trotz der Mittagszeit ist im Postamt nicht viel los. Sie stellt sich vor die nicht existierende Schlange und wartet gehorsam, bis die elektronische Stimme aufruft: »Bis Nummer vier, bitte.«
    »Kann ich bitte mit jemandem über Postfächer sprechen?«
    »Moment.« Die Frau verschwindet, taucht dann wieder auf und bedeutet ihr, sich ans Ende des Schalters zu begeben, wo eine Tür ist. »Margie wird Sie dort abholen.«
    Eine junge Frau streckt den Kopf zur Tür heraus. Sie träg ein Namensschild, eine große Goldkette mit einem Kruzifix und so hohe Pumps, dass Ellie sich fragt, wie sie darin stehen und erst recht einen ganzen Tag lang arbeiten kann. Sie lächelt, und Ellie fällt ein, wie selten man in der Stadt noch von jemandem angelächelt wird.
    »Das klingt jetzt ein bisschen merkwürdig«, fängt Ellie an, »aber gibt es eine Möglichkeit herauszufinden, wer vor vielen Jahren ein Postfach gemietet hat?«
    »Die können ziemlich häufig den Besitzer wechseln. Um welche Zeit geht es denn?« Ellie weiß nicht, wie viel sie ihr sagen kann, doch Margie hat ein nettes Gesicht, also schlägt sie einen vertraulichen Ton an. Sie greift in ihre Tasche und zieht die Briefe heraus, sorgfältig in eine durchsichtige Plastikhülle gesteckt. »Es ist etwas eigentümlich, denn es geht um Liebesbriefe, die ich gefunden habe. Sie sind an ein Postfach hier adressiert, und ich möchte sie zurückgeben.«
    Margie ist neugierig geworden. Wahrscheinlich ist es eine nette Abwechslung von Sozialhilfezahlungen und Katalogrücksendungen.
    »Postfach Nummer dreizehn.« Ellie zeigt auf den Brief.
    Auf Margies Gesicht zeichnet sich Wiedererkennen ab. »Dreizehn?«
    »Kennen Sie es?«
    »Oh, ja.« Margie presst die Lippen zusammen, als überlege sie, wie viel sie herausrücken darf. »Das Postfach hatte fast vierzig Jahre lang ein und dieselbe Person inne. Dabei ist das an sich nichts Ungewöhnliches.«
    »Aber?«
    »Es war nie ein Brief darin. Nicht ein einziger. Wir haben die Halterin oft kontaktiert, um ihr die Möglichkeit zu geben, es zu schließen. Sie sagt, sie will es offen halten. Wir haben es ihr überlassen, ob sie ihr Geld zum Fenster rauswerfen will.« Sie wirft einen verstohlenen Blick auf den Brief. »Ein Liebesbrief, ja? Oh, wie traurig.«
    »Können Sie mir ihren Namen geben?« Ellie spürt ein Ziehen in der Magengegend. Die Story könnte besser werden, als sie es sich vorgestellt hat.
    Die Frau schüttelt den Kopf. »Tut mir leid, das geht nicht. Datenschutz und so.«
    »Oh, bitte!« Sie denkt an Melissas Gesicht, wenn sie mit einer Verbotenen Liebe, Die Vierzig Jahre Andauerte zurückkommt. »Bitte. Sie haben ja keine Ahnung, wie wichtig das für mich ist.«
    »Tut mir leid, ehrlich, aber damit riskiere ich meinen Job.«
    Ellie flucht insgeheim und wirft einen Blick hinter sich auf die Schlange, die sich plötzlich gebildet hat. Margie dreht sich zur Tür.
    »Jedenfalls vielen Dank«, sagt Ellie, die sich wieder an ihre Manieren erinnert.
    »Kein Problem.« Hinter ihnen weint ein kleines Kind, das versucht, dem engen Kinderwagen zu entkommen.
    »Moment noch.« Ellie kramt in ihrer Tasche.
    »Ja?«
    Sie grinst. »Könnte ich – Sie wissen schon – einen Brief darin hinterlassen?«
    Liebe Jennifer,
    bitte entschuldigen Sie die Aufdringlichkeit, aber ich bin zufällig auf persönliche Korrespondenz gestoßen, von der ich glaube,

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